Wie ich die ganze Gemein gespeiset,itemwie ich nach Gützkow zum Roßmarkt gereiset und was mir alldort gearriviret.
Des andern Morgens zutheilete mein Töchterlein die lieben Brod, und schickte einem Jeglichen im Dorf eine gute Schnede. Doch da wir sahen, daß unser Fürrath bald würde auf die Neige laufen, schik¬ kete abermals die Magd mit einer Karren, so ich von Adam Lempkem gekauft, nach Wolgast mehr Brod zu hohlen, welches sie auch thate. Item ließ ich im gan¬ zen Kapsel herumbsagen, daß ich am Sonntag wölle das heilige Abendmahl halten, und kaufete unterdeß im Dorf alle großen Fische, so sie fingen. Als nun end¬ diglich der liebe Sonntag kam, hielt ich erstlich Beicht mit der ganzen Gemein, und darauf die Predigt über Matth. 15, 32. Mich jammert des Volks, denn sie haben nichts zu essen. Solliches deutete aber fürs erste nur auf die geistliche Speiß, und erhobe sich ein groß Seufzen unter Männern und Weibern, als ich zum Schluß auf das Altar wiese, worauf die liebe Seelenspeise stund, und die Worte wiederholte: mich jammert des Volks, denn sie haben nichts zu essen. (NB. den bleiernen Kelch hatte mir in Wolgast geliehen, und vor die Pa¬ tene ein klein Tellerlein gekaufet, bis Meister Bloom den silbernen Kelch und die Patene, so ich bestellet würde
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Capitel 11.
Wie ich die ganze Gemein geſpeiſet,itemwie ich nach Gützkow zum Roßmarkt gereiſet und was mir alldort gearriviret.
Des andern Morgens zutheilete mein Töchterlein die lieben Brod, und ſchickte einem Jeglichen im Dorf eine gute Schnede. Doch da wir ſahen, daß unſer Fürrath bald würde auf die Neige laufen, ſchik¬ kete abermals die Magd mit einer Karren, ſo ich von Adam Lempkem gekauft, nach Wolgaſt mehr Brod zu hohlen, welches ſie auch thate. Item ließ ich im gan¬ zen Kapſel herumbſagen, daß ich am Sonntag wölle das heilige Abendmahl halten, und kaufete unterdeß im Dorf alle großen Fiſche, ſo ſie fingen. Als nun end¬ diglich der liebe Sonntag kam, hielt ich erſtlich Beicht mit der ganzen Gemein, und darauf die Predigt über Matth. 15, 32. Mich jammert des Volks, denn ſie haben nichts zu eſſen. Solliches deutete aber fürs erſte nur auf die geiſtliche Speiß, und erhobe ſich ein groß Seufzen unter Männern und Weibern, als ich zum Schluß auf das Altar wieſe, worauf die liebe Seelenſpeiſe ſtund, und die Worte wiederholte: mich jammert des Volks, denn ſie haben nichts zu eſſen. (NB. den bleiernen Kelch hatte mir in Wolgaſt geliehen, und vor die Pa¬ tene ein klein Tellerlein gekaufet, bis Meiſter Bloom den ſilbernen Kelch und die Patene, ſo ich beſtellet würde
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Capitel 11.
Wie ich die ganze Gemein geſpeiſet, item wie ich
nach Gützkow zum Roßmarkt gereiſet und was mir
alldort gearriviret.
Des andern Morgens zutheilete mein Töchterlein
die lieben Brod, und ſchickte einem Jeglichen
im Dorf eine gute Schnede. Doch da wir ſahen, daß
unſer Fürrath bald würde auf die Neige laufen, ſchik¬
kete abermals die Magd mit einer Karren, ſo ich von
Adam Lempkem gekauft, nach Wolgaſt mehr Brod zu
hohlen, welches ſie auch thate. Item ließ ich im gan¬
zen Kapſel herumbſagen, daß ich am Sonntag wölle
das heilige Abendmahl halten, und kaufete unterdeß im
Dorf alle großen Fiſche, ſo ſie fingen. Als nun end¬
diglich der liebe Sonntag kam, hielt ich erſtlich Beicht
mit der ganzen Gemein, und darauf die Predigt über
Matth. 15, 32. Mich jammert des Volks, denn ſie
haben nichts zu eſſen. Solliches deutete aber fürs erſte
nur auf die geiſtliche Speiß, und erhobe ſich ein groß
Seufzen unter Männern und Weibern, als ich zum Schluß
auf das Altar wieſe, worauf die liebe Seelenſpeiſe ſtund,
und die Worte wiederholte: mich jammert des Volks,
denn ſie haben nichts zu eſſen. (NB. den bleiernen
Kelch hatte mir in Wolgaſt geliehen, und vor die Pa¬
tene ein klein Tellerlein gekaufet, bis Meiſter Bloom
den ſilbernen Kelch und die Patene, ſo ich beſtellet würde
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Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/81>, abgerufen am 23.11.2024.
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