fertig halten.) Als ich nun darauf das heilige Nacht¬ mahl consacriret und ausgetheilet, item den Schlußvers angestimmet, und ein Jeglicher still sein Vater unser gebet, umb aus der Kirchen zu gehen, trat ich aber¬ mals aus dem Beichtstuhl herfür, und winkete dem Volk annoch zu verharren, da der liebe Heiland nit blos ihre Seelen sondern auch ihren Leib speisen wölle, angese¬ hen er mit seinem Volk noch immer eben dasselbige Erbarmen hätte, wie weiland mit dem Volk am gali¬ läischen Meer. Solliches söllten sie sehen. Trat also in den Thurm und langete zween Körbe herfür so die Magd in Wolgast gekaufet, und ich zu guter Zeit hier hatte verhehlen lassen, satzete sie für das Altar und zog die Tüchlein womit sie bedecket waren, davon, worauf sich fast ein laut Geschrei erhob, massen sie den einen voller Bratfisch, den andern aber voller Brod funden, so wir heimlich hineingethan. Machte es darauf wie der Heiland, dankete und brach es und gab es meinem Fürsteher Hinrich Seden, daß er es den Männern und meinem Töchterlein, daß sie es den Weibern fürlegen mußte, worauf den Text: mich jammert des Volks denn sie haben nichts zu essen auch leiblich anwandte, und auf und nieder in der Kirchen schreitend, unter großem gemeinen Geschrei sie vermahnete, immer Gottes Barm¬ herzigkeit zu vertrauen, fleißig zu beten fleißig zu ar¬ beiten und in keine Sünde zu willigen. Was übrig blieb mußten sie vor ihre Kinder und alten Greise auf¬ heben, so zu Hause geblieben waren.
fertig halten.) Als ich nun darauf das heilige Nacht¬ mahl conſacriret und ausgetheilet, item den Schlußvers angeſtimmet, und ein Jeglicher ſtill ſein Vater unſer gebet, umb aus der Kirchen zu gehen, trat ich aber¬ mals aus dem Beichtſtuhl herfür, und winkete dem Volk annoch zu verharren, da der liebe Heiland nit blos ihre Seelen ſondern auch ihren Leib ſpeiſen wölle, angeſe¬ hen er mit ſeinem Volk noch immer eben daſſelbige Erbarmen hätte, wie weiland mit dem Volk am gali¬ läiſchen Meer. Solliches ſöllten ſie ſehen. Trat alſo in den Thurm und langete zween Körbe herfür ſo die Magd in Wolgaſt gekaufet, und ich zu guter Zeit hier hatte verhehlen laſſen, ſatzete ſie für das Altar und zog die Tüchlein womit ſie bedecket waren, davon, worauf ſich faſt ein laut Geſchrei erhob, maſſen ſie den einen voller Bratfiſch, den andern aber voller Brod funden, ſo wir heimlich hineingethan. Machte es darauf wie der Heiland, dankete und brach es und gab es meinem Fürſteher Hinrich Seden, daß er es den Männern und meinem Töchterlein, daß ſie es den Weibern fürlegen mußte, worauf den Text: mich jammert des Volks denn ſie haben nichts zu eſſen auch leiblich anwandte, und auf und nieder in der Kirchen ſchreitend, unter großem gemeinen Geſchrei ſie vermahnete, immer Gottes Barm¬ herzigkeit zu vertrauen, fleißig zu beten fleißig zu ar¬ beiten und in keine Sünde zu willigen. Was übrig blieb mußten ſie vor ihre Kinder und alten Greiſe auf¬ heben, ſo zu Hauſe geblieben waren.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0082"n="66"/>
fertig halten.) Als ich nun darauf das heilige Nacht¬<lb/>
mahl conſacriret und ausgetheilet, <hirendition="#aq">item</hi> den Schlußvers<lb/>
angeſtimmet, und ein Jeglicher ſtill ſein Vater unſer<lb/>
gebet, umb aus der Kirchen zu gehen, trat ich aber¬<lb/>
mals aus dem Beichtſtuhl herfür, und winkete dem Volk<lb/>
annoch zu verharren, da der liebe Heiland nit blos ihre<lb/>
Seelen ſondern auch ihren Leib ſpeiſen wölle, angeſe¬<lb/>
hen er mit ſeinem Volk noch immer eben daſſelbige<lb/>
Erbarmen hätte, wie weiland mit dem Volk am gali¬<lb/>
läiſchen Meer. Solliches ſöllten ſie ſehen. Trat alſo<lb/>
in den Thurm und langete zween Körbe herfür ſo die<lb/>
Magd in Wolgaſt gekaufet, und ich zu guter Zeit hier<lb/>
hatte verhehlen laſſen, ſatzete ſie für das Altar und zog<lb/>
die Tüchlein womit ſie bedecket waren, davon, worauf<lb/>ſich faſt ein laut Geſchrei erhob, maſſen ſie den einen<lb/>
voller Bratfiſch, den andern aber voller Brod funden,<lb/>ſo wir heimlich hineingethan. Machte es darauf wie<lb/>
der Heiland, dankete und brach es und gab es meinem<lb/>
Fürſteher Hinrich Seden, daß er es den Männern und<lb/>
meinem Töchterlein, daß ſie es den Weibern fürlegen<lb/>
mußte, worauf den Text: mich jammert des Volks denn<lb/>ſie haben nichts zu eſſen auch leiblich anwandte, und<lb/>
auf und nieder in der Kirchen ſchreitend, unter großem<lb/>
gemeinen Geſchrei ſie vermahnete, immer Gottes Barm¬<lb/>
herzigkeit zu vertrauen, fleißig zu beten fleißig zu ar¬<lb/>
beiten und in keine Sünde zu willigen. Was übrig<lb/>
blieb mußten ſie vor ihre Kinder und alten Greiſe auf¬<lb/>
heben, ſo zu Hauſe geblieben waren.</p><lb/></div></body></text></TEI>
[66/0082]
fertig halten.) Als ich nun darauf das heilige Nacht¬
mahl conſacriret und ausgetheilet, item den Schlußvers
angeſtimmet, und ein Jeglicher ſtill ſein Vater unſer
gebet, umb aus der Kirchen zu gehen, trat ich aber¬
mals aus dem Beichtſtuhl herfür, und winkete dem Volk
annoch zu verharren, da der liebe Heiland nit blos ihre
Seelen ſondern auch ihren Leib ſpeiſen wölle, angeſe¬
hen er mit ſeinem Volk noch immer eben daſſelbige
Erbarmen hätte, wie weiland mit dem Volk am gali¬
läiſchen Meer. Solliches ſöllten ſie ſehen. Trat alſo
in den Thurm und langete zween Körbe herfür ſo die
Magd in Wolgaſt gekaufet, und ich zu guter Zeit hier
hatte verhehlen laſſen, ſatzete ſie für das Altar und zog
die Tüchlein womit ſie bedecket waren, davon, worauf
ſich faſt ein laut Geſchrei erhob, maſſen ſie den einen
voller Bratfiſch, den andern aber voller Brod funden,
ſo wir heimlich hineingethan. Machte es darauf wie
der Heiland, dankete und brach es und gab es meinem
Fürſteher Hinrich Seden, daß er es den Männern und
meinem Töchterlein, daß ſie es den Weibern fürlegen
mußte, worauf den Text: mich jammert des Volks denn
ſie haben nichts zu eſſen auch leiblich anwandte, und
auf und nieder in der Kirchen ſchreitend, unter großem
gemeinen Geſchrei ſie vermahnete, immer Gottes Barm¬
herzigkeit zu vertrauen, fleißig zu beten fleißig zu ar¬
beiten und in keine Sünde zu willigen. Was übrig
blieb mußten ſie vor ihre Kinder und alten Greiſe auf¬
heben, ſo zu Hauſe geblieben waren.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/82>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.