Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

schließen söllte, als ich in der Kirchen noch ein wenig
Wachs an einem hölzernen Altarleuchter funde, so die
Kaiserlichen nicht werth geachtet, daß sie ihn aufhüben,
und nur die messingschen mit sich geführet hatten. Mit
solchem Brief mußten sich drei Kerls und der Fürsteher
Hinrich Seden in ein Boot setzen und nach der Liepe
aufmachen.

Eher noch stellte aber meiner alten Ilsen für so aus
der Liepe bürtig war, ob sie nit lieber wöllte mit in
ihre Heimath ziehen, maßen sie sähe, wie es stünd, ich
ihr auch vors Erste keinen Witten an Lohn geben künnte.
(Merke: sie hatte sich ein schön Sümmlein ersparet, an¬
gesehen sie länger denn 20 Jahre bei mir in Dienst
gewest, aber das Kriegsvolk hatte ihr Allens abgenom¬
men.) Aber ich kunnte sie nicht dazu bringen, sondern sie
weinete bitterlich und bate, daß ich sie nur bei der gu¬
ten Jungfer lassen söllte, so sie schon in der Wiegen
gekennet. Wöllte gerne mit uns hungern, wenn es sein
müßt, möchte sie nur nit verstoßen. Dahero ließ ich
sie und fuhren die Andern allein ab.

Unterdeß war auch die Suppen gar worden. Doch
als wir kaum das Gratias gebetet, und zulangen woll¬
ten, kamen alle Kindlein aus dem ganzen Dorfe bei sie¬
ben an der Zahl zur Thüre herein, und wollten Brod
haben, welches sie von meiner Tochter ihrer kleinen Päthe
gehöret. Da brach selbiger nun wieder das Herze, und
obgleich ich sie bate, sich hart zu machen, vertröstete sie
mich doch mit der Lieper Bothschaft, und kellete einem

ſchließen ſöllte, als ich in der Kirchen noch ein wenig
Wachs an einem hölzernen Altarleuchter funde, ſo die
Kaiſerlichen nicht werth geachtet, daß ſie ihn aufhüben,
und nur die meſſingſchen mit ſich geführet hatten. Mit
ſolchem Brief mußten ſich drei Kerls und der Fürſteher
Hinrich Seden in ein Boot ſetzen und nach der Liepe
aufmachen.

Eher noch ſtellte aber meiner alten Ilſen für ſo aus
der Liepe bürtig war, ob ſie nit lieber wöllte mit in
ihre Heimath ziehen, maßen ſie ſähe, wie es ſtünd, ich
ihr auch vors Erſte keinen Witten an Lohn geben künnte.
(Merke: ſie hatte ſich ein ſchön Sümmlein erſparet, an¬
geſehen ſie länger denn 20 Jahre bei mir in Dienſt
geweſt, aber das Kriegsvolk hatte ihr Allens abgenom¬
men.) Aber ich kunnte ſie nicht dazu bringen, ſondern ſie
weinete bitterlich und bate, daß ich ſie nur bei der gu¬
ten Jungfer laſſen ſöllte, ſo ſie ſchon in der Wiegen
gekennet. Wöllte gerne mit uns hungern, wenn es ſein
müßt, möchte ſie nur nit verſtoßen. Dahero ließ ich
ſie und fuhren die Andern allein ab.

Unterdeß war auch die Suppen gar worden. Doch
als wir kaum das Gratias gebetet, und zulangen woll¬
ten, kamen alle Kindlein aus dem ganzen Dorfe bei ſie¬
ben an der Zahl zur Thüre herein, und wollten Brod
haben, welches ſie von meiner Tochter ihrer kleinen Päthe
gehöret. Da brach ſelbiger nun wieder das Herze, und
obgleich ich ſie bate, ſich hart zu machen, vertröſtete ſie
mich doch mit der Lieper Bothſchaft, und kellete einem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0044" n="28"/>
&#x017F;chließen &#x017F;öllte, als ich in der Kirchen noch ein wenig<lb/>
Wachs an einem hölzernen Altarleuchter funde, &#x017F;o die<lb/>
Kai&#x017F;erlichen nicht werth geachtet, daß &#x017F;ie ihn aufhüben,<lb/>
und nur die me&#x017F;&#x017F;ing&#x017F;chen mit &#x017F;ich geführet hatten. Mit<lb/>
&#x017F;olchem Brief mußten &#x017F;ich drei Kerls und der Für&#x017F;teher<lb/>
Hinrich Seden in ein Boot &#x017F;etzen und nach der Liepe<lb/>
aufmachen.</p><lb/>
        <p>Eher noch &#x017F;tellte aber meiner alten Il&#x017F;en für &#x017F;o aus<lb/>
der Liepe bürtig war, ob &#x017F;ie nit lieber wöllte mit in<lb/>
ihre Heimath ziehen, maßen &#x017F;ie &#x017F;ähe, wie es &#x017F;tünd, ich<lb/>
ihr auch vors Er&#x017F;te keinen Witten an Lohn geben künnte.<lb/>
(Merke: &#x017F;ie hatte &#x017F;ich ein &#x017F;chön Sümmlein er&#x017F;paret, an¬<lb/>
ge&#x017F;ehen &#x017F;ie länger denn 20 Jahre bei mir in Dien&#x017F;t<lb/>
gewe&#x017F;t, aber das Kriegsvolk hatte ihr Allens abgenom¬<lb/>
men.) Aber ich kunnte &#x017F;ie nicht dazu bringen, &#x017F;ondern &#x017F;ie<lb/>
weinete bitterlich und bate, daß ich &#x017F;ie nur bei der gu¬<lb/>
ten Jungfer la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;öllte, &#x017F;o &#x017F;ie &#x017F;chon in der Wiegen<lb/>
gekennet. Wöllte gerne mit uns hungern, wenn es &#x017F;ein<lb/>
müßt, möchte &#x017F;ie nur nit ver&#x017F;toßen. Dahero ließ ich<lb/>
&#x017F;ie und fuhren die Andern allein ab.</p><lb/>
        <p>Unterdeß war auch die Suppen gar worden. Doch<lb/>
als wir kaum das Gratias gebetet, und zulangen woll¬<lb/>
ten, kamen alle Kindlein aus dem ganzen Dorfe bei &#x017F;ie¬<lb/>
ben an der Zahl zur Thüre herein, und wollten Brod<lb/>
haben, welches &#x017F;ie von meiner Tochter ihrer kleinen Päthe<lb/>
gehöret. Da brach &#x017F;elbiger nun wieder das Herze, und<lb/>
obgleich ich &#x017F;ie bate, &#x017F;ich hart zu machen, vertrö&#x017F;tete &#x017F;ie<lb/>
mich doch mit der Lieper Both&#x017F;chaft, und kellete einem<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[28/0044] ſchließen ſöllte, als ich in der Kirchen noch ein wenig Wachs an einem hölzernen Altarleuchter funde, ſo die Kaiſerlichen nicht werth geachtet, daß ſie ihn aufhüben, und nur die meſſingſchen mit ſich geführet hatten. Mit ſolchem Brief mußten ſich drei Kerls und der Fürſteher Hinrich Seden in ein Boot ſetzen und nach der Liepe aufmachen. Eher noch ſtellte aber meiner alten Ilſen für ſo aus der Liepe bürtig war, ob ſie nit lieber wöllte mit in ihre Heimath ziehen, maßen ſie ſähe, wie es ſtünd, ich ihr auch vors Erſte keinen Witten an Lohn geben künnte. (Merke: ſie hatte ſich ein ſchön Sümmlein erſparet, an¬ geſehen ſie länger denn 20 Jahre bei mir in Dienſt geweſt, aber das Kriegsvolk hatte ihr Allens abgenom¬ men.) Aber ich kunnte ſie nicht dazu bringen, ſondern ſie weinete bitterlich und bate, daß ich ſie nur bei der gu¬ ten Jungfer laſſen ſöllte, ſo ſie ſchon in der Wiegen gekennet. Wöllte gerne mit uns hungern, wenn es ſein müßt, möchte ſie nur nit verſtoßen. Dahero ließ ich ſie und fuhren die Andern allein ab. Unterdeß war auch die Suppen gar worden. Doch als wir kaum das Gratias gebetet, und zulangen woll¬ ten, kamen alle Kindlein aus dem ganzen Dorfe bei ſie¬ ben an der Zahl zur Thüre herein, und wollten Brod haben, welches ſie von meiner Tochter ihrer kleinen Päthe gehöret. Da brach ſelbiger nun wieder das Herze, und obgleich ich ſie bate, ſich hart zu machen, vertröſtete ſie mich doch mit der Lieper Bothſchaft, und kellete einem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/44
Zitationshilfe: Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/44>, abgerufen am 23.11.2024.