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Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843.

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digte, und sagete: daß ich es ihr hier bis auf ihren Hoch¬
zeitstag aufhegen wöllen, sahe sie mit starren Augen in
den Kasten und rief: "ja wenn ich gebrennet werd, o
Jesu, Jesu, Jesu!" -- Hier schudderte sich Dn. Con¬
sul
, und sprach: sieh, wie du immerdar dich mit deinen
eigenen Worten schlägest. Umb Gottes und deiner Se¬
ligkeit willen bekenne, denn wenn du dich unschuldig be¬
findest, wie kannstu daran denken, daß du brennen sollt.
Aber sie schauete ihm noch immer starr in die Augen,
und hube an auf lateinisch auszurufen: innocentia, quid
est innocentia? ubi libido dominatur innocentiae
leve praesidium est
*).

Hier schudderte sich Dn. Consul abereins also, daß
ihm der Bart wackelte und sprach: was, kannstu in Wahr¬
heit lateinisch? Wo hastu das Lateinische gelernet? und
als ich solche Frage ihm beantwurtet, soviel ich für Schluch¬
zen dazu im Stande war, schüttelte er sein Haubt und
sprach: habe im Leben nicht vernommen, daß ein Weibs¬
bild lateinisch kann. Hierauf fiel er vor ihrem Kasten
auf die Kniee, und suchete alles darinnen durch, rückete
ihn darauf von der Wand, und als er Nichtes gefun¬
den, ließ er sich ihr Bette zeigen und machte es damit
auch so. Solches verdroß letzlich den Amtshaubtmann
und fragete ihn: ob sie nicht wieder fahren wöllten, in¬
maßen es sonsten Nacht würde? Aber er gab zur Ant¬

*) Unschuld, was ist Unschuld? Wo die Begierde gebie¬
tet, da hat die Unschuld eine schwache Schutzwehr. -- Worte
des Cicero, wenn ich nicht irre.

digte, und ſagete: daß ich es ihr hier bis auf ihren Hoch¬
zeitstag aufhegen wöllen, ſahe ſie mit ſtarren Augen in
den Kaſten und rief: „ja wenn ich gebrennet werd, o
Jeſu, Jeſu, Jeſu!“ — Hier ſchudderte ſich Dn. Con¬
sul
, und ſprach: ſieh, wie du immerdar dich mit deinen
eigenen Worten ſchlägeſt. Umb Gottes und deiner Se¬
ligkeit willen bekenne, denn wenn du dich unſchuldig be¬
findeſt, wie kannſtu daran denken, daß du brennen ſollt.
Aber ſie ſchauete ihm noch immer ſtarr in die Augen,
und hube an auf lateiniſch auszurufen: innocentia, quid
est innocentia? ubi libido dominatur innocentiae
leve praesidium est
*).

Hier ſchudderte ſich Dn. Consul abereins alſo, daß
ihm der Bart wackelte und ſprach: was, kannſtu in Wahr¬
heit lateiniſch? Wo haſtu das Lateiniſche gelernet? und
als ich ſolche Frage ihm beantwurtet, ſoviel ich für Schluch¬
zen dazu im Stande war, ſchüttelte er ſein Haubt und
ſprach: habe im Leben nicht vernommen, daß ein Weibs¬
bild lateiniſch kann. Hierauf fiel er vor ihrem Kaſten
auf die Kniee, und ſuchete alles darinnen durch, rückete
ihn darauf von der Wand, und als er Nichtes gefun¬
den, ließ er ſich ihr Bette zeigen und machte es damit
auch ſo. Solches verdroß letzlich den Amtshaubtmann
und fragete ihn: ob ſie nicht wieder fahren wöllten, in¬
maßen es ſonſten Nacht würde? Aber er gab zur Ant¬

*) Unſchuld, was iſt Unſchuld? Wo die Begierde gebie¬
tet, da hat die Unſchuld eine ſchwache Schutzwehr. — Worte
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[156/0172] digte, und ſagete: daß ich es ihr hier bis auf ihren Hoch¬ zeitstag aufhegen wöllen, ſahe ſie mit ſtarren Augen in den Kaſten und rief: „ja wenn ich gebrennet werd, o Jeſu, Jeſu, Jeſu!“ — Hier ſchudderte ſich Dn. Con¬ sul, und ſprach: ſieh, wie du immerdar dich mit deinen eigenen Worten ſchlägeſt. Umb Gottes und deiner Se¬ ligkeit willen bekenne, denn wenn du dich unſchuldig be¬ findeſt, wie kannſtu daran denken, daß du brennen ſollt. Aber ſie ſchauete ihm noch immer ſtarr in die Augen, und hube an auf lateiniſch auszurufen: innocentia, quid est innocentia? ubi libido dominatur innocentiae leve praesidium est *). Hier ſchudderte ſich Dn. Consul abereins alſo, daß ihm der Bart wackelte und ſprach: was, kannſtu in Wahr¬ heit lateiniſch? Wo haſtu das Lateiniſche gelernet? und als ich ſolche Frage ihm beantwurtet, ſoviel ich für Schluch¬ zen dazu im Stande war, ſchüttelte er ſein Haubt und ſprach: habe im Leben nicht vernommen, daß ein Weibs¬ bild lateiniſch kann. Hierauf fiel er vor ihrem Kaſten auf die Kniee, und ſuchete alles darinnen durch, rückete ihn darauf von der Wand, und als er Nichtes gefun¬ den, ließ er ſich ihr Bette zeigen und machte es damit auch ſo. Solches verdroß letzlich den Amtshaubtmann und fragete ihn: ob ſie nicht wieder fahren wöllten, in¬ maßen es ſonſten Nacht würde? Aber er gab zur Ant¬ *) Unſchuld, was iſt Unſchuld? Wo die Begierde gebie¬ tet, da hat die Unſchuld eine ſchwache Schutzwehr. — Worte des Cicero, wenn ich nicht irre.

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Zitationshilfe: Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/172>, abgerufen am 25.11.2024.