fahrung gezogen, daß seine alte Lise nit heimisch sei (denn sie hohlete sich oft von dem Amtshaubtmann Flachs, umb solchen aufzuspinnen). Aber siehe, was geschah schon nach etzlichen Tagen? Es kam das Geschreie, der alte Seden wäre wegkgekommen, und Niemand wüßte nit, wo er geblieben. Sein Weib vermeinete, er wäre in den Strek¬ kelberg gangen, und kam dahero diese vermaledeyete Hexe auch mit großem Geheul bei mir vorgelaufen, und forschete von meinem Töchterlein, ob sie ihren Kerl nit wo hätte daselbsten laufen gesehen, dieweil sie ja alle Tage in den Berg ginge. Mein Töchterlein sagte nein; sollte aber, seis Gott geklagt, bald genugsamb von ihme erfahren. Denn als sie eines Morgens, ehe denn die Sonne aufgegangen gewest, von ihrer verbotenen Grä¬ berei zurückkömmt, und in den Wald niedersteiget, hö¬ ret sie flugs sich zur Seiten einen Grünspecht (so sicher¬ lich die alte Lise selbsten gewest) so erbärmlich schreien, daß sie in das Gebüsche tritt, zu sehen, was er hätte. So sitzt nun dieser Specht auf der Erden vor einem Flusch Haaren, so roth und ganz so gewest seind, wie den alten Seden seine, burret aber mit einem Schna¬ bel voll auf, wie er ihrer gewahr wird und verkreucht sich damit in ein Astloch. Wie mein Töchterlein noch stehet und diesen Teufelsspök betrachtet, kömmt der alte Paassch, so das Geschrei auch gehöret, und mit seinem Jungen sich Daukelschächte *) in den Berg gehauen, auch
*) Dachschächte.
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fahrung gezogen, daß ſeine alte Liſe nit heimiſch ſei (denn ſie hohlete ſich oft von dem Amtshaubtmann Flachs, umb ſolchen aufzuſpinnen). Aber ſiehe, was geſchah ſchon nach etzlichen Tagen? Es kam das Geſchreie, der alte Seden wäre wegkgekommen, und Niemand wüßte nit, wo er geblieben. Sein Weib vermeinete, er wäre in den Strek¬ kelberg gangen, und kam dahero dieſe vermaledeyete Hexe auch mit großem Geheul bei mir vorgelaufen, und forſchete von meinem Töchterlein, ob ſie ihren Kerl nit wo hätte daſelbſten laufen geſehen, dieweil ſie ja alle Tage in den Berg ginge. Mein Töchterlein ſagte nein; ſollte aber, ſeis Gott geklagt, bald genugſamb von ihme erfahren. Denn als ſie eines Morgens, ehe denn die Sonne aufgegangen geweſt, von ihrer verbotenen Grä¬ berei zurückkömmt, und in den Wald niederſteiget, hö¬ ret ſie flugs ſich zur Seiten einen Grünſpecht (ſo ſicher¬ lich die alte Liſe ſelbſten geweſt) ſo erbärmlich ſchreien, daß ſie in das Gebüſche tritt, zu ſehen, was er hätte. So ſitzt nun dieſer Specht auf der Erden vor einem Fluſch Haaren, ſo roth und ganz ſo geweſt ſeind, wie den alten Seden ſeine, burret aber mit einem Schna¬ bel voll auf, wie er ihrer gewahr wird und verkreucht ſich damit in ein Aſtloch. Wie mein Töchterlein noch ſtehet und dieſen Teufelsſpök betrachtet, kömmt der alte Paaſsch, ſo das Geſchrei auch gehöret, und mit ſeinem Jungen ſich Daukelſchächte *) in den Berg gehauen, auch
*) Dachſchächte.
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fahrung gezogen, daß ſeine alte Liſe nit heimiſch ſei (denn
ſie hohlete ſich oft von dem Amtshaubtmann Flachs, umb
ſolchen aufzuſpinnen). Aber ſiehe, was geſchah ſchon nach
etzlichen Tagen? Es kam das Geſchreie, der alte Seden
wäre wegkgekommen, und Niemand wüßte nit, wo er
geblieben. Sein Weib vermeinete, er wäre in den Strek¬
kelberg gangen, und kam dahero dieſe vermaledeyete
Hexe auch mit großem Geheul bei mir vorgelaufen, und
forſchete von meinem Töchterlein, ob ſie ihren Kerl nit
wo hätte daſelbſten laufen geſehen, dieweil ſie ja alle
Tage in den Berg ginge. Mein Töchterlein ſagte nein;
ſollte aber, ſeis Gott geklagt, bald genugſamb von ihme
erfahren. Denn als ſie eines Morgens, ehe denn die
Sonne aufgegangen geweſt, von ihrer verbotenen Grä¬
berei zurückkömmt, und in den Wald niederſteiget, hö¬
ret ſie flugs ſich zur Seiten einen Grünſpecht (ſo ſicher¬
lich die alte Liſe ſelbſten geweſt) ſo erbärmlich ſchreien,
daß ſie in das Gebüſche tritt, zu ſehen, was er hätte.
So ſitzt nun dieſer Specht auf der Erden vor einem
Fluſch Haaren, ſo roth und ganz ſo geweſt ſeind, wie
den alten Seden ſeine, burret aber mit einem Schna¬
bel voll auf, wie er ihrer gewahr wird und verkreucht
ſich damit in ein Aſtloch. Wie mein Töchterlein noch
ſtehet und dieſen Teufelsſpök betrachtet, kömmt der alte
Paaſsch, ſo das Geſchrei auch gehöret, und mit ſeinem
Jungen ſich Daukelſchächte *) in den Berg gehauen, auch
*) Dachſchächte.
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Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/115>, abgerufen am 23.11.2024.
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