Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

gen, aber er tribulirete so lange, bis ich ihme den Wil¬
len that.

Und siehe, es half fast von Stund an, so daß er am
Abend, als ich kommen war mit ihme zu beten, schon
wieder auf der Bank saß, ein Topf zwischen den Beinen,
aus welchem er seine Suppen kellete. Wollte aber nit
beten (ein seltsam Ding, da er doch sonsten so gerne
gebetet, und oftmals kaum die Zeit ausharren kunnte,
ehe ich kam, so daß er wohl an die zween oder dreien
Malen geschicket, wenn ich nit gleich zur Hand ware,
oder sonst wo mein Wesen hatte), sondern sagete, er
hätte schon gebetet, und wölle er mir vor meine Mühe
den Hahnen zu einer Sonntagssuppen geben, wovon er
den Mist eingenommen, maßen es ein großer schöner
Hahnen sei, und er nichts Besseres hätte. Und, weilen
das Hühnerwerk schon aufgeflogen, trat er auch zu dem
Wiem *) so er in der Stuben hinter dem Ofen hatte,
und langete den Hahnen herab, so er meiner Magd
unter den Arm thät, so gekommen war mich wegkzurufen.

Hätte aber den Hahnen umb alles in der Welt nit
essen wollen, besondern ließ ihn zur Zucht laufen. Wie
ich nun ginge, fragte ihn noch, ob ich am Sonntage dem
Herrn vor seine Besserung danken sölle, worauf er aber
zur Antwort gab, daß ich solches halten könne, wie mir
geliebte. Verließ also kopfschüttelnd sein Haus und nahm
mir für, ihn alsogleich rufen zu lassen, wenn ich in Er¬

*) plattdeutsch: Gerüst, auf welchem die Hühner sitzen.

gen, aber er tribulirete ſo lange, bis ich ihme den Wil¬
len that.

Und ſiehe, es half faſt von Stund an, ſo daß er am
Abend, als ich kommen war mit ihme zu beten, ſchon
wieder auf der Bank ſaß, ein Topf zwischen den Beinen,
aus welchem er ſeine Suppen kellete. Wollte aber nit
beten (ein ſeltſam Ding, da er doch ſonſten ſo gerne
gebetet, und oftmals kaum die Zeit ausharren kunnte,
ehe ich kam, ſo daß er wohl an die zween oder dreien
Malen geſchicket, wenn ich nit gleich zur Hand ware,
oder ſonst wo mein Weſen hatte), ſondern ſagete, er
hätte ſchon gebetet, und wölle er mir vor meine Mühe
den Hahnen zu einer Sonntagsſuppen geben, wovon er
den Miſt eingenommen, maßen es ein großer ſchöner
Hahnen ſei, und er nichts Beſſeres hätte. Und, weilen
das Hühnerwerk ſchon aufgeflogen, trat er auch zu dem
Wiem *) ſo er in der Stuben hinter dem Ofen hatte,
und langete den Hahnen herab, ſo er meiner Magd
unter den Arm thät, ſo gekommen war mich wegkzurufen.

Hätte aber den Hahnen umb alles in der Welt nit
eſſen wollen, beſondern ließ ihn zur Zucht laufen. Wie
ich nun ginge, fragte ihn noch, ob ich am Sonntage dem
Herrn vor ſeine Beſſerung danken ſölle, worauf er aber
zur Antwort gab, daß ich ſolches halten könne, wie mir
geliebte. Verließ alſo kopfſchüttelnd ſein Haus und nahm
mir für, ihn alſogleich rufen zu laſſen, wenn ich in Er¬

*) plattdeutſch: Gerüſt, auf welchem die Hühner ſitzen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0114" n="98"/>
gen, aber er tribulirete &#x017F;o lange, bis ich ihme den Wil¬<lb/>
len that.</p><lb/>
        <p>Und &#x017F;iehe, es half fa&#x017F;t von Stund an, &#x017F;o daß er am<lb/>
Abend, als ich kommen war mit ihme zu beten, &#x017F;chon<lb/>
wieder auf der Bank &#x017F;aß, ein Topf zwischen den Beinen,<lb/>
aus welchem er &#x017F;eine Suppen kellete. Wollte aber nit<lb/>
beten (ein &#x017F;elt&#x017F;am Ding, da er doch &#x017F;on&#x017F;ten &#x017F;o gerne<lb/>
gebetet, und oftmals kaum die Zeit ausharren kunnte,<lb/>
ehe ich kam, &#x017F;o daß er wohl an die zween oder dreien<lb/>
Malen ge&#x017F;chicket, wenn ich nit gleich zur Hand ware,<lb/>
oder &#x017F;onst wo mein We&#x017F;en hatte), &#x017F;ondern &#x017F;agete, er<lb/>
hätte &#x017F;chon gebetet, und wölle er mir vor meine Mühe<lb/>
den Hahnen zu einer Sonntags&#x017F;uppen geben, wovon er<lb/>
den Mi&#x017F;t eingenommen, maßen es ein großer &#x017F;chöner<lb/>
Hahnen &#x017F;ei, und er nichts Be&#x017F;&#x017F;eres hätte. Und, weilen<lb/>
das Hühnerwerk &#x017F;chon aufgeflogen, trat er auch zu dem<lb/>
Wiem <note place="foot" n="*)">plattdeut&#x017F;ch: Gerü&#x017F;t, auf welchem die Hühner &#x017F;itzen.</note> &#x017F;o er in der Stuben hinter dem Ofen hatte,<lb/>
und langete den Hahnen herab, &#x017F;o er meiner Magd<lb/>
unter den Arm thät, &#x017F;o gekommen war mich wegkzurufen.</p><lb/>
        <p>Hätte aber den Hahnen umb alles in der Welt nit<lb/>
e&#x017F;&#x017F;en wollen, be&#x017F;ondern ließ ihn zur Zucht laufen. Wie<lb/>
ich nun ginge, fragte ihn noch, ob ich am Sonntage dem<lb/>
Herrn vor &#x017F;eine Be&#x017F;&#x017F;erung danken &#x017F;ölle, worauf er aber<lb/>
zur Antwort gab, daß ich &#x017F;olches halten könne, wie mir<lb/>
geliebte. Verließ al&#x017F;o kopf&#x017F;chüttelnd &#x017F;ein Haus und nahm<lb/>
mir für, ihn al&#x017F;ogleich rufen zu la&#x017F;&#x017F;en, wenn ich in Er¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[98/0114] gen, aber er tribulirete ſo lange, bis ich ihme den Wil¬ len that. Und ſiehe, es half faſt von Stund an, ſo daß er am Abend, als ich kommen war mit ihme zu beten, ſchon wieder auf der Bank ſaß, ein Topf zwischen den Beinen, aus welchem er ſeine Suppen kellete. Wollte aber nit beten (ein ſeltſam Ding, da er doch ſonſten ſo gerne gebetet, und oftmals kaum die Zeit ausharren kunnte, ehe ich kam, ſo daß er wohl an die zween oder dreien Malen geſchicket, wenn ich nit gleich zur Hand ware, oder ſonst wo mein Weſen hatte), ſondern ſagete, er hätte ſchon gebetet, und wölle er mir vor meine Mühe den Hahnen zu einer Sonntagsſuppen geben, wovon er den Miſt eingenommen, maßen es ein großer ſchöner Hahnen ſei, und er nichts Beſſeres hätte. Und, weilen das Hühnerwerk ſchon aufgeflogen, trat er auch zu dem Wiem *) ſo er in der Stuben hinter dem Ofen hatte, und langete den Hahnen herab, ſo er meiner Magd unter den Arm thät, ſo gekommen war mich wegkzurufen. Hätte aber den Hahnen umb alles in der Welt nit eſſen wollen, beſondern ließ ihn zur Zucht laufen. Wie ich nun ginge, fragte ihn noch, ob ich am Sonntage dem Herrn vor ſeine Beſſerung danken ſölle, worauf er aber zur Antwort gab, daß ich ſolches halten könne, wie mir geliebte. Verließ alſo kopfſchüttelnd ſein Haus und nahm mir für, ihn alſogleich rufen zu laſſen, wenn ich in Er¬ *) plattdeutſch: Gerüſt, auf welchem die Hühner ſitzen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/114
Zitationshilfe: Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/114>, abgerufen am 23.11.2024.