stenkorn, so ich bei 3 Scheffeln in die Worth gestreuet sehr lieblich. Auf dem Felde aber hatte ich nichtes aus¬ geworfen, angesehen ich die Bosheit des leidigen Sa¬ tans scheuete. Auch hatte die Gemeine heuer nit viel Seegen an Korn, inmassen sie zumb Theil aus großer Noth keine Wintersaat gestreuet, und die Sommersaat auch nit fort wollte. Sonsten an Fischen fungen sie in allen Dörfern durch die Gnade Gottes viel, insonderheit an Häring, welcher aber schlecht im Preise steht. Auch schlugen sie manchen Saalhund *) und habe ich selb¬ sten um Pfingsten aus einen geschlagen, als ich mit mei¬ nem Töchterlein an der Sehe ging. Selbiger lag auf eim Stein dicht am Wasser und schnarchete wie ein Mensch. Zog mir also die Schuhe aus und ging heimblich hinzu, daß er nichts merkete, worauf ich ihme mit einem Stek¬ ken so über die Nasen schlug (denn an der Nasen kann er wenig vertragen) daß er gleich ins Wasser purzelte. Doch war ihm die Besinnung schon wegk, und mochte ich ihn nunmehro leichtlich ganz zu Tode schlagen. Es war ein feistes Bees't, obwohl nit gar groß, und brie¬ ten wir doch aus seinem Spek an die 40 Pott Thran, so wir beschlossen zur Winternothdurft aufzuheben.
Hierzwischen aber begab es sich, daß dem alten Seden flugs etwas ankam, also daß er das heilige Sacrament begehrete. Ursache konnte er nit angeben, als ich zu ihm kam, hat es aber vielmehr wohl nit thun wöllen, aus
*) Seehund.
ſtenkorn, ſo ich bei 3 Scheffeln in die Worth geſtreuet ſehr lieblich. Auf dem Felde aber hatte ich nichtes aus¬ geworfen, angeſehen ich die Bosheit des leidigen Sa¬ tans ſcheuete. Auch hatte die Gemeine heuer nit viel Seegen an Korn, inmaſſen ſie zumb Theil aus großer Noth keine Winterſaat geſtreuet, und die Sommerſaat auch nit fort wollte. Sonſten an Fiſchen fungen ſie in allen Dörfern durch die Gnade Gottes viel, inſonderheit an Häring, welcher aber ſchlecht im Preiſe ſteht. Auch ſchlugen ſie manchen Saalhund *) und habe ich ſelb¬ ſten um Pfingſten aus einen geſchlagen, als ich mit mei¬ nem Töchterlein an der Sehe ging. Selbiger lag auf eim Stein dicht am Waſſer und ſchnarchete wie ein Menſch. Zog mir alſo die Schuhe aus und ging heimblich hinzu, daß er nichts merkete, worauf ich ihme mit einem Stek¬ ken ſo über die Naſen ſchlug (denn an der Naſen kann er wenig vertragen) daß er gleich ins Waſſer purzelte. Doch war ihm die Beſinnung ſchon wegk, und mochte ich ihn nunmehro leichtlich ganz zu Tode ſchlagen. Es war ein feiſtes Beeſ't, obwohl nit gar groß, und brie¬ ten wir doch aus ſeinem Spek an die 40 Pott Thran, ſo wir beſchloſſen zur Winternothdurft aufzuheben.
Hierzwiſchen aber begab es ſich, daß dem alten Seden flugs etwas ankam, alſo daß er das heilige Sacrament begehrete. Urſache konnte er nit angeben, als ich zu ihm kam, hat es aber vielmehr wohl nit thun wöllen, aus
*) Seehund.
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ſtenkorn, ſo ich bei 3 Scheffeln in die Worth geſtreuet
ſehr lieblich. Auf dem Felde aber hatte ich nichtes aus¬
geworfen, angeſehen ich die Bosheit des leidigen Sa¬
tans ſcheuete. Auch hatte die Gemeine heuer nit viel
Seegen an Korn, inmaſſen ſie zumb Theil aus großer
Noth keine Winterſaat geſtreuet, und die Sommerſaat
auch nit fort wollte. Sonſten an Fiſchen fungen ſie in
allen Dörfern durch die Gnade Gottes viel, inſonderheit
an Häring, welcher aber ſchlecht im Preiſe ſteht. Auch
ſchlugen ſie manchen Saalhund *) und habe ich ſelb¬
ſten um Pfingſten aus einen geſchlagen, als ich mit mei¬
nem Töchterlein an der Sehe ging. Selbiger lag auf
eim Stein dicht am Waſſer und ſchnarchete wie ein Menſch.
Zog mir alſo die Schuhe aus und ging heimblich hinzu,
daß er nichts merkete, worauf ich ihme mit einem Stek¬
ken ſo über die Naſen ſchlug (denn an der Naſen kann
er wenig vertragen) daß er gleich ins Waſſer purzelte.
Doch war ihm die Beſinnung ſchon wegk, und mochte
ich ihn nunmehro leichtlich ganz zu Tode ſchlagen. Es
war ein feiſtes Beeſ't, obwohl nit gar groß, und brie¬
ten wir doch aus ſeinem Spek an die 40 Pott Thran,
ſo wir beſchloſſen zur Winternothdurft aufzuheben.
Hierzwiſchen aber begab es ſich, daß dem alten Seden
flugs etwas ankam, alſo daß er das heilige Sacrament
begehrete. Urſache konnte er nit angeben, als ich zu ihm
kam, hat es aber vielmehr wohl nit thun wöllen, aus
*) Seehund.
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Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/112>, abgerufen am 23.11.2024.
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