Kaum zu Hause angekommen machte ich mich über meinen Fund her, und nachdem ich mit vieler Mühe mich ein und durchgelesen, regten mich die darin mitgetheilten Sachen mächtig an.
Ich fühlte bald das Bedürfniß mich über die Art und Weise dieser Hexenprocesse, über das Ver¬ fahren ja über die ganze Periode, in welche diese Erscheinungen fallen, näher aufzuklären. Doch je mehr dieser bewundernswürdigen Geschichten ich las, je mehr wurde ich verwirrt, und weder der triviale Beeker (die bezauberte Welt) noch der vorsichtigere Horst (Zauberbibliothek) und andere Werke der Art, zu welchen ich gegriffen hatte, konnten meine Verwirrung heben, sondern dienten nur dazu, sie zu vermehren.
Es geht nicht bloß ein so tiefer dämonischer Zug durch die meisten dieser Schaudergeschichten, daß den aufmerksamen Leser Grausen und Ent¬ setzen anwandelt, sondern die ewigen und unverän¬ derlichen Gesetze der menschlichen Empfindungs- und Handlungsweise werden auch oft auf eine so gewaltsame Weise unterbrochen, daß der Verstand im eigentlichem Sinne des Wortes stille steht; wie denn z. B. in einem der Originalprocesse, die ein juristischer Freund in unserer Provinz aufgestöbert, sich die Relation findet, daß eine Mutter, nachdem sie bereits die Folter überstanden, das heilige Abend¬
Kaum zu Hauſe angekommen machte ich mich über meinen Fund her, und nachdem ich mit vieler Mühe mich ein und durchgeleſen, regten mich die darin mitgetheilten Sachen mächtig an.
Ich fühlte bald das Bedürfniß mich über die Art und Weiſe dieſer Hexenproceſſe, über das Ver¬ fahren ja über die ganze Periode, in welche dieſe Erſcheinungen fallen, näher aufzuklären. Doch je mehr dieſer bewundernswürdigen Geſchichten ich las, je mehr wurde ich verwirrt, und weder der triviale Beeker (die bezauberte Welt) noch der vorſichtigere Horſt (Zauberbibliothek) und andere Werke der Art, zu welchen ich gegriffen hatte, konnten meine Verwirrung heben, ſondern dienten nur dazu, ſie zu vermehren.
Es geht nicht bloß ein ſo tiefer dämoniſcher Zug durch die meiſten dieſer Schaudergeſchichten, daß den aufmerkſamen Leſer Grauſen und Ent¬ ſetzen anwandelt, ſondern die ewigen und unverän¬ derlichen Geſetze der menſchlichen Empfindungs- und Handlungsweiſe werden auch oft auf eine ſo gewaltſame Weiſe unterbrochen, daß der Verſtand im eigentlichem Sinne des Wortes ſtille ſteht; wie denn z. B. in einem der Originalproceſſe, die ein juriſtiſcher Freund in unſerer Provinz aufgeſtöbert, ſich die Relation findet, daß eine Mutter, nachdem ſie bereits die Folter überſtanden, das heilige Abend¬
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[V/0011]
Kaum zu Hauſe angekommen machte ich mich
über meinen Fund her, und nachdem ich mit vieler
Mühe mich ein und durchgeleſen, regten mich die
darin mitgetheilten Sachen mächtig an.
Ich fühlte bald das Bedürfniß mich über die
Art und Weiſe dieſer Hexenproceſſe, über das Ver¬
fahren ja über die ganze Periode, in welche dieſe
Erſcheinungen fallen, näher aufzuklären. Doch je
mehr dieſer bewundernswürdigen Geſchichten ich
las, je mehr wurde ich verwirrt, und weder der
triviale Beeker (die bezauberte Welt) noch der
vorſichtigere Horſt (Zauberbibliothek) und andere
Werke der Art, zu welchen ich gegriffen hatte,
konnten meine Verwirrung heben, ſondern dienten
nur dazu, ſie zu vermehren.
Es geht nicht bloß ein ſo tiefer dämoniſcher
Zug durch die meiſten dieſer Schaudergeſchichten,
daß den aufmerkſamen Leſer Grauſen und Ent¬
ſetzen anwandelt, ſondern die ewigen und unverän¬
derlichen Geſetze der menſchlichen Empfindungs-
und Handlungsweiſe werden auch oft auf eine ſo
gewaltſame Weiſe unterbrochen, daß der Verſtand
im eigentlichem Sinne des Wortes ſtille ſteht; wie
denn z. B. in einem der Originalproceſſe, die ein
juriſtiſcher Freund in unſerer Provinz aufgeſtöbert,
ſich die Relation findet, daß eine Mutter, nachdem
ſie bereits die Folter überſtanden, das heilige Abend¬
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Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. V. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/11>, abgerufen am 22.11.2024.
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