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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
pflegen den Ausschluß der Haftung ausdrücklich zu erwähnen. Es
wäre aber falsch, das aufzufassen als Vertragsklauseln eines
civilrechtlichen Rechtsgeschäftes. Auf diese Weise wäre der volle
rechtliche Erfolg, der hier gemeint ist, niemals zu erreichen. Wir
haben neben den öffentlichen Anstalten vielfach Privatunternehmungen,
die ihnen äußerlich gleichen: Privatkrankenhaus, Privatschule, Privat-
post. Die suchen dann wohl auch in den Beziehungen zu ihren
Kunden jene möglichst nachzuahmen. Mögen sie aber noch so sorg-
fältig durch Klauseln und Vorbehalte alle rechtlichen Gebundenheiten
ausschließen, die vertragsmäßige Grundlage schlägt immer wieder
durch. Der Unternehmer ist nicht imstande, sich unbedingt zu sichern
gegen ein Einstehenmüssen für die Fehler seiner Leute oder für eigne
Verabsäumung derjenigen Vorkehrungen und Einrichtungen, welche der
Kunde billigerweise voraussetzen kann11. Geradeso müßte es unsern
öffentlichen Anstalten ergehen, wären jene reglementarischen Be-
stimmungen nur befreiende Klauseln gegenüber den einzugehenden
Vertragspflichten. Das Civilrecht würde sie niemals so unbedingt gelten
lassen, wie sie lauten. Die Obrigkeit, die sie aufstellt, hat sie aber
unbedingt gemeint. Ein mißtönender Widerspruch ist nur dann zu
vermeiden, wenn man darauf verzichtet, das Verhältnis auf den Boden
eines Vertrags zu stellen12.

Dafür kann dem Einzelnen, der aus der Nichterfüllung der
Anstaltsleistung Nachteil erleidet, ein Schadensersatzanspruch nach
anderer Richtung hin erwachsen: der Anstaltsbeamte, der durch
seine Dienstpflicht gehalten war, diese Leistung vorzunehmen, haftet
ihm persönlich für die schuldhafte Verabsäumung dieser Pflicht und
den daraus entstandenen Schaden. Diesen eigentümlichen Grundsatz
der civilrechtlichen Haftung für Amtshandlungen haben wir bereits

11 Zusammenstellung des geltenden Civilrechts in dem Gutachten von Dreyer
zum 17. Deutschen Juristentag (Verhandl. Bd. I S. 65 ff.). Für die Schärfe, mit
welcher der Unternehmer behandelt wird, zeugt insbesondere R.G. 23. Juni 1883
(Samml. X S. 166).
12 Den Schriftstellern pflegt es nicht viel Bedenken zu machen, die Regle-
mentsbestimmungen über die ausgeschlossene Haftung schlechthin für unwirksam
zu erklären: Ludewig, Die Telegraphie S. 91; Meili, Telegraphenrecht S. 182 ff.;
Derselbe, Haftpflicht der Postanstalten S. 58; Wolf in Ztschft. f. Ges. u. R.pfl.
in Preußen IV S. 146. Die Gerichte suchen um einen direkten Widerspruch
möglichst herum zu kommen, schwierig genug vom civilrechtlichen Standpunkte
aus; vgl. z. B. R.G. 17. Juni 1887 (Samml. 19 S. 101 ff.). Meili, Telegraphen-
recht S. 196, beklagt es, daß sie sich durch diese Reglements "imponieren"
lassen. Die Gerichte folgen aber darin nur einem richtigen Gefühl für die Be-
sonderheit des öffentlichen Rechts, auf dessen Gebiet sie sich unbewußt bewegen.

Recht der besonderen Schuldverhältnisse.
pflegen den Ausschluß der Haftung ausdrücklich zu erwähnen. Es
wäre aber falsch, das aufzufassen als Vertragsklauseln eines
civilrechtlichen Rechtsgeschäftes. Auf diese Weise wäre der volle
rechtliche Erfolg, der hier gemeint ist, niemals zu erreichen. Wir
haben neben den öffentlichen Anstalten vielfach Privatunternehmungen,
die ihnen äußerlich gleichen: Privatkrankenhaus, Privatschule, Privat-
post. Die suchen dann wohl auch in den Beziehungen zu ihren
Kunden jene möglichst nachzuahmen. Mögen sie aber noch so sorg-
fältig durch Klauseln und Vorbehalte alle rechtlichen Gebundenheiten
ausschließen, die vertragsmäßige Grundlage schlägt immer wieder
durch. Der Unternehmer ist nicht imstande, sich unbedingt zu sichern
gegen ein Einstehenmüssen für die Fehler seiner Leute oder für eigne
Verabsäumung derjenigen Vorkehrungen und Einrichtungen, welche der
Kunde billigerweise voraussetzen kann11. Geradeso müßte es unsern
öffentlichen Anstalten ergehen, wären jene reglementarischen Be-
stimmungen nur befreiende Klauseln gegenüber den einzugehenden
Vertragspflichten. Das Civilrecht würde sie niemals so unbedingt gelten
lassen, wie sie lauten. Die Obrigkeit, die sie aufstellt, hat sie aber
unbedingt gemeint. Ein mißtönender Widerspruch ist nur dann zu
vermeiden, wenn man darauf verzichtet, das Verhältnis auf den Boden
eines Vertrags zu stellen12.

Dafür kann dem Einzelnen, der aus der Nichterfüllung der
Anstaltsleistung Nachteil erleidet, ein Schadensersatzanspruch nach
anderer Richtung hin erwachsen: der Anstaltsbeamte, der durch
seine Dienstpflicht gehalten war, diese Leistung vorzunehmen, haftet
ihm persönlich für die schuldhafte Verabsäumung dieser Pflicht und
den daraus entstandenen Schaden. Diesen eigentümlichen Grundsatz
der civilrechtlichen Haftung für Amtshandlungen haben wir bereits

11 Zusammenstellung des geltenden Civilrechts in dem Gutachten von Dreyer
zum 17. Deutschen Juristentag (Verhandl. Bd. I S. 65 ff.). Für die Schärfe, mit
welcher der Unternehmer behandelt wird, zeugt insbesondere R.G. 23. Juni 1883
(Samml. X S. 166).
12 Den Schriftstellern pflegt es nicht viel Bedenken zu machen, die Regle-
mentsbestimmungen über die ausgeschlossene Haftung schlechthin für unwirksam
zu erklären: Ludewig, Die Telegraphie S. 91; Meili, Telegraphenrecht S. 182 ff.;
Derselbe, Haftpflicht der Postanstalten S. 58; Wolf in Ztschft. f. Ges. u. R.pfl.
in Preußen IV S. 146. Die Gerichte suchen um einen direkten Widerspruch
möglichst herum zu kommen, schwierig genug vom civilrechtlichen Standpunkte
aus; vgl. z. B. R.G. 17. Juni 1887 (Samml. 19 S. 101 ff.). Meili, Telegraphen-
recht S. 196, beklagt es, daß sie sich durch diese Reglements „imponieren“
lassen. Die Gerichte folgen aber darin nur einem richtigen Gefühl für die Be-
sonderheit des öffentlichen Rechts, auf dessen Gebiet sie sich unbewußt bewegen.
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[328/0340] Recht der besonderen Schuldverhältnisse. pflegen den Ausschluß der Haftung ausdrücklich zu erwähnen. Es wäre aber falsch, das aufzufassen als Vertragsklauseln eines civilrechtlichen Rechtsgeschäftes. Auf diese Weise wäre der volle rechtliche Erfolg, der hier gemeint ist, niemals zu erreichen. Wir haben neben den öffentlichen Anstalten vielfach Privatunternehmungen, die ihnen äußerlich gleichen: Privatkrankenhaus, Privatschule, Privat- post. Die suchen dann wohl auch in den Beziehungen zu ihren Kunden jene möglichst nachzuahmen. Mögen sie aber noch so sorg- fältig durch Klauseln und Vorbehalte alle rechtlichen Gebundenheiten ausschließen, die vertragsmäßige Grundlage schlägt immer wieder durch. Der Unternehmer ist nicht imstande, sich unbedingt zu sichern gegen ein Einstehenmüssen für die Fehler seiner Leute oder für eigne Verabsäumung derjenigen Vorkehrungen und Einrichtungen, welche der Kunde billigerweise voraussetzen kann 11. Geradeso müßte es unsern öffentlichen Anstalten ergehen, wären jene reglementarischen Be- stimmungen nur befreiende Klauseln gegenüber den einzugehenden Vertragspflichten. Das Civilrecht würde sie niemals so unbedingt gelten lassen, wie sie lauten. Die Obrigkeit, die sie aufstellt, hat sie aber unbedingt gemeint. Ein mißtönender Widerspruch ist nur dann zu vermeiden, wenn man darauf verzichtet, das Verhältnis auf den Boden eines Vertrags zu stellen 12. Dafür kann dem Einzelnen, der aus der Nichterfüllung der Anstaltsleistung Nachteil erleidet, ein Schadensersatzanspruch nach anderer Richtung hin erwachsen: der Anstaltsbeamte, der durch seine Dienstpflicht gehalten war, diese Leistung vorzunehmen, haftet ihm persönlich für die schuldhafte Verabsäumung dieser Pflicht und den daraus entstandenen Schaden. Diesen eigentümlichen Grundsatz der civilrechtlichen Haftung für Amtshandlungen haben wir bereits 11 Zusammenstellung des geltenden Civilrechts in dem Gutachten von Dreyer zum 17. Deutschen Juristentag (Verhandl. Bd. I S. 65 ff.). Für die Schärfe, mit welcher der Unternehmer behandelt wird, zeugt insbesondere R.G. 23. Juni 1883 (Samml. X S. 166). 12 Den Schriftstellern pflegt es nicht viel Bedenken zu machen, die Regle- mentsbestimmungen über die ausgeschlossene Haftung schlechthin für unwirksam zu erklären: Ludewig, Die Telegraphie S. 91; Meili, Telegraphenrecht S. 182 ff.; Derselbe, Haftpflicht der Postanstalten S. 58; Wolf in Ztschft. f. Ges. u. R.pfl. in Preußen IV S. 146. Die Gerichte suchen um einen direkten Widerspruch möglichst herum zu kommen, schwierig genug vom civilrechtlichen Standpunkte aus; vgl. z. B. R.G. 17. Juni 1887 (Samml. 19 S. 101 ff.). Meili, Telegraphen- recht S. 196, beklagt es, daß sie sich durch diese Reglements „imponieren“ lassen. Die Gerichte folgen aber darin nur einem richtigen Gefühl für die Be- sonderheit des öffentlichen Rechts, auf dessen Gebiet sie sich unbewußt bewegen.

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/340>, abgerufen am 24.11.2024.