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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895.

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Die Polizeigewalt.

3. Anstatt die Erlaubnis einfach zu versagen oder zu erteilen,
kann die Behörde sie auch erteilen unter Bedingungen, d. h. mit
Nebenbestimmungen verschiedener Art, entsprechend den civil-
rechtlichen Befristungen, Auflagen (modus) und eigentlichen Be-
dingungen.

Solche Nebenbestimmungen sind nur möglich, soweit der Behörde
Spielraum dafür gelassen ist, also jedenfalls nicht, wo schlechthin ein
Recht auf die Erlaubniserteilung besteht. Aber auch, wo sie zulässig
sind, dürfen sie nicht gegen den ausdrücklichen oder aus Zweck und
Natur der polizeilichen Massregel sich ergebenden Willen des Rechts-
satzes verstossen, der die Erlaubnis vorbehält und damit die Behörde
zu ihrer Verfügung ermächtigt.

Daraus ergeben sich im einzelnen folgende Grundsätze.

Eine Befristung ist in zweierlei Weise denkbar. Es kann der
Erlaubnis eine Zeitangabe beigefügt sein, durch welche das Unter-
nehmen selbst genauer gekennzeichnet wird: Erlaubnis für eine be-
stimmte Jahreszeit oder Tageszeit oder für bestimmte Gelegenheiten,
die nur an einem Tag oder einer Reihe von Tagen gegeben sind
(Festlichkeiten!). Das ist dann überhaupt keine Nebenbestimmung;
es handelt sich nicht um die zeitlich beschränkte Erlaubnis für ein
Unternehmen, sondern um die Erlaubnis für ein seiner Art nach
zeitlich beschränktes Unternehmen und der Fall gehört nicht hierher14.

Wenn die Befristung eine echte Nebenbestimmung sein, willkür-
lich beigefügt werden soll, dann kann sie nur den Sinn haben, dass
die erlaubende Behörde die polizeimässige Zulässigkeit des Unter-
nehmens für den Augenblick endgültig noch nicht zu überblicken ver-
mag, daher die Hände frei behalten will und zu diesem Zweck dem

Liste von solchen vorlegt, wird die persönliche Seite nicht nochmals geprüft
(Gew.O. § 55, 56 Abs. 3). -- Dagegen sind die persönlichen und sachlichen Rück-
sichten zu Einem verbunden in der Wirtschaftserlaubnis; ob ein neuer Wirt oder
ein neues Lokal in Frage kommt, immer ist eine ganz neue Erlaubnis nötig:
Preuss. Min. 1. Juli 1884 (Reger, V S. 157). Württemb. Min. 22. April 1881
(Reger, I S. 358) will im Falle der Verlegung der Wirtschaft die persönlichen
Voraussetzungen nicht mehr prüfen lassen, sondern nur die sachlichen: "da die
Konzession nach ihrer persönlichen Natur nicht für eine Lokalität zum Wirtschafts-
betrieb, sondern einer Person zur Ausübung des Wirtschaftsgewerbes in einem be-
stimmten Lokale erteilt wird". Die Rechtsgestalt wäre also ähnlich wie bei der
Kolportage. Aber der Gegensatz ist hier nicht richtig gefasst; die Erlaubnis kann
persönlicher Natur sein und der Person doch nur für dieses Lokal erteilt.
14 Deshalb ist nach O.V.G. 10. Okt. 1877, obwohl Schankwirtschaftserlaubnis
auf Zeit gesetzlich nicht sein soll, die Erteilung für den Sommer zulässig: eine
Sommerwirtschaft ist nicht eine befristete Wirtschaft, sondern eine besondere Art
von Wirtschaft.
Die Polizeigewalt.

3. Anstatt die Erlaubnis einfach zu versagen oder zu erteilen,
kann die Behörde sie auch erteilen unter Bedingungen, d. h. mit
Nebenbestimmungen verschiedener Art, entsprechend den civil-
rechtlichen Befristungen, Auflagen (modus) und eigentlichen Be-
dingungen.

Solche Nebenbestimmungen sind nur möglich, soweit der Behörde
Spielraum dafür gelassen ist, also jedenfalls nicht, wo schlechthin ein
Recht auf die Erlaubniserteilung besteht. Aber auch, wo sie zulässig
sind, dürfen sie nicht gegen den ausdrücklichen oder aus Zweck und
Natur der polizeilichen Maſsregel sich ergebenden Willen des Rechts-
satzes verstoſsen, der die Erlaubnis vorbehält und damit die Behörde
zu ihrer Verfügung ermächtigt.

Daraus ergeben sich im einzelnen folgende Grundsätze.

Eine Befristung ist in zweierlei Weise denkbar. Es kann der
Erlaubnis eine Zeitangabe beigefügt sein, durch welche das Unter-
nehmen selbst genauer gekennzeichnet wird: Erlaubnis für eine be-
stimmte Jahreszeit oder Tageszeit oder für bestimmte Gelegenheiten,
die nur an einem Tag oder einer Reihe von Tagen gegeben sind
(Festlichkeiten!). Das ist dann überhaupt keine Nebenbestimmung;
es handelt sich nicht um die zeitlich beschränkte Erlaubnis für ein
Unternehmen, sondern um die Erlaubnis für ein seiner Art nach
zeitlich beschränktes Unternehmen und der Fall gehört nicht hierher14.

Wenn die Befristung eine echte Nebenbestimmung sein, willkür-
lich beigefügt werden soll, dann kann sie nur den Sinn haben, daſs
die erlaubende Behörde die polizeimäſsige Zulässigkeit des Unter-
nehmens für den Augenblick endgültig noch nicht zu überblicken ver-
mag, daher die Hände frei behalten will und zu diesem Zweck dem

Liste von solchen vorlegt, wird die persönliche Seite nicht nochmals geprüft
(Gew.O. § 55, 56 Abs. 3). — Dagegen sind die persönlichen und sachlichen Rück-
sichten zu Einem verbunden in der Wirtschaftserlaubnis; ob ein neuer Wirt oder
ein neues Lokal in Frage kommt, immer ist eine ganz neue Erlaubnis nötig:
Preuſs. Min. 1. Juli 1884 (Reger, V S. 157). Württemb. Min. 22. April 1881
(Reger, I S. 358) will im Falle der Verlegung der Wirtschaft die persönlichen
Voraussetzungen nicht mehr prüfen lassen, sondern nur die sachlichen: „da die
Konzession nach ihrer persönlichen Natur nicht für eine Lokalität zum Wirtschafts-
betrieb, sondern einer Person zur Ausübung des Wirtschaftsgewerbes in einem be-
stimmten Lokale erteilt wird“. Die Rechtsgestalt wäre also ähnlich wie bei der
Kolportage. Aber der Gegensatz ist hier nicht richtig gefaſst; die Erlaubnis kann
persönlicher Natur sein und der Person doch nur für dieses Lokal erteilt.
14 Deshalb ist nach O.V.G. 10. Okt. 1877, obwohl Schankwirtschaftserlaubnis
auf Zeit gesetzlich nicht sein soll, die Erteilung für den Sommer zulässig: eine
Sommerwirtschaft ist nicht eine befristete Wirtschaft, sondern eine besondere Art
von Wirtschaft.
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[296/0316] Die Polizeigewalt. 3. Anstatt die Erlaubnis einfach zu versagen oder zu erteilen, kann die Behörde sie auch erteilen unter Bedingungen, d. h. mit Nebenbestimmungen verschiedener Art, entsprechend den civil- rechtlichen Befristungen, Auflagen (modus) und eigentlichen Be- dingungen. Solche Nebenbestimmungen sind nur möglich, soweit der Behörde Spielraum dafür gelassen ist, also jedenfalls nicht, wo schlechthin ein Recht auf die Erlaubniserteilung besteht. Aber auch, wo sie zulässig sind, dürfen sie nicht gegen den ausdrücklichen oder aus Zweck und Natur der polizeilichen Maſsregel sich ergebenden Willen des Rechts- satzes verstoſsen, der die Erlaubnis vorbehält und damit die Behörde zu ihrer Verfügung ermächtigt. Daraus ergeben sich im einzelnen folgende Grundsätze. Eine Befristung ist in zweierlei Weise denkbar. Es kann der Erlaubnis eine Zeitangabe beigefügt sein, durch welche das Unter- nehmen selbst genauer gekennzeichnet wird: Erlaubnis für eine be- stimmte Jahreszeit oder Tageszeit oder für bestimmte Gelegenheiten, die nur an einem Tag oder einer Reihe von Tagen gegeben sind (Festlichkeiten!). Das ist dann überhaupt keine Nebenbestimmung; es handelt sich nicht um die zeitlich beschränkte Erlaubnis für ein Unternehmen, sondern um die Erlaubnis für ein seiner Art nach zeitlich beschränktes Unternehmen und der Fall gehört nicht hierher 14. Wenn die Befristung eine echte Nebenbestimmung sein, willkür- lich beigefügt werden soll, dann kann sie nur den Sinn haben, daſs die erlaubende Behörde die polizeimäſsige Zulässigkeit des Unter- nehmens für den Augenblick endgültig noch nicht zu überblicken ver- mag, daher die Hände frei behalten will und zu diesem Zweck dem 13 14 Deshalb ist nach O.V.G. 10. Okt. 1877, obwohl Schankwirtschaftserlaubnis auf Zeit gesetzlich nicht sein soll, die Erteilung für den Sommer zulässig: eine Sommerwirtschaft ist nicht eine befristete Wirtschaft, sondern eine besondere Art von Wirtschaft. 13 Liste von solchen vorlegt, wird die persönliche Seite nicht nochmals geprüft (Gew.O. § 55, 56 Abs. 3). — Dagegen sind die persönlichen und sachlichen Rück- sichten zu Einem verbunden in der Wirtschaftserlaubnis; ob ein neuer Wirt oder ein neues Lokal in Frage kommt, immer ist eine ganz neue Erlaubnis nötig: Preuſs. Min. 1. Juli 1884 (Reger, V S. 157). Württemb. Min. 22. April 1881 (Reger, I S. 358) will im Falle der Verlegung der Wirtschaft die persönlichen Voraussetzungen nicht mehr prüfen lassen, sondern nur die sachlichen: „da die Konzession nach ihrer persönlichen Natur nicht für eine Lokalität zum Wirtschafts- betrieb, sondern einer Person zur Ausübung des Wirtschaftsgewerbes in einem be- stimmten Lokale erteilt wird“. Die Rechtsgestalt wäre also ähnlich wie bei der Kolportage. Aber der Gegensatz ist hier nicht richtig gefaſst; die Erlaubnis kann persönlicher Natur sein und der Person doch nur für dieses Lokal erteilt.

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht01_1895/316>, abgerufen am 17.05.2024.