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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895.

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Die Polizeigewalt.

Ist dagegen der Erlaubnisvorbehalt gerichtet auf die Mittel,
mit welchen das Unternehmen ins Werk gesetzt werden soll, -- die
Änderungen, die dazu an einem Grundstück zu machen sind, die An-
lagen, Vorrichtungen und Einrichtungen, welche dem Unternehmen
dienen, sollen geprüft und gebilligt werden, -- dann ist die Erlaubnis
gleichwohl immer der Person des Unternehmers erteilt; aber diese
Person ist am Unternehmen nicht das polizeilich Wesentliche. Sie
kann wechseln, ohne dass die Erlaubnis aufhört, für dieses Unter-
nehmen gegeben zu sein. Sie wirkt also zu Gunsten dessen, der an
Stelle des ursprünglichen Empfängers der Erlaubnis tritt. Wer das
ist, bestimmt das Civilrecht; die gewöhnlichen Formen der Rechts-
nachfolge sind massgebend. Die erteilte Erlaubnis wird scheinbar mit
übertragen; bei Rechtsgeschäften sogar manchmal ausdrücklich als
Gegenstand der getroffenen Verfügung erwähnt. In Wahrheit ist
Gegenstand des Rechtsüberganges unter den Beteiligten immer nur
das Unternehmen, das Grundstück, die Anlage, das Geschäft; für die
Bewertung dieses Gegenstandes ist die vorhandene Erlaubnis mög-
licherweise von grösster Bedeutung, weil sie damit verbunden bleibt,
aber sie ist selbst nicht Gegenstand des Vertrags oder Erbgangs, son-
dern sie folgt demselben aus eigener Bewegung von sich aus10.

Die rechtliche Natur des Vorgangs ist so zu erklären, dass die
Erlaubnis erteilt ist dem ersten Gesuchsteller nicht als dem Träger
persönlicher Eigenschaften, sondern als dem Vertreter dieses Unter-
nehmens mit der bestimmten Art der Mittel und Vorrichtungen und
somit im voraus zugleich jedem Anderen, der etwa nach ihm in dieser
Weise gekennzeichnet erscheint. Die Erlaubnis gilt für die persona
certa, der sie erteilt ist, und für die persona incerta, die an ihre
Stelle tritt11.

laubnis noch zu Gunsten der Witwe und minderjährigen Erben des Empfängers
wirkt, so gelten diese gewerbepolizeilich einfach als Fortsetzung seiner Persönlich-
keit; daher für sie auch die polizeiliche Anzeigepflicht ihres Gewerbebetriebs nicht
besteht: Landmann, Gew.O. zu § 46 Note 2.
10 Seydel in Annalen 1878 S. 578. Auf diese Weise kann z. B. eine Er-
laubnis zu einer Fabrikanlage samt dem Grundstück in eine zu gründende Aktien-
gesellschaft eingebracht werden.
11 Das Civilrecht bietet Vorbilder; so R.O.H.G. 21. April 1874 (Samml. XII
S. 359) im Leipziger Theaterstreit. -- Die übliche Ausdrucksweise umgeht die
Schwierigkeit, wenn sie einfach sagt: das Unternehmen ist erlaubt. -- Der Über-
gang der Erlaubnis vollzieht sich hier anders als in dem in Note 9 erwähnten
Falle der Witwe und Erben; sie wirkt nicht fort, sondern sie wirkt neu, daher der
Nachfolger anzeigepflichtig ist.
Die Polizeigewalt.

Ist dagegen der Erlaubnisvorbehalt gerichtet auf die Mittel,
mit welchen das Unternehmen ins Werk gesetzt werden soll, — die
Änderungen, die dazu an einem Grundstück zu machen sind, die An-
lagen, Vorrichtungen und Einrichtungen, welche dem Unternehmen
dienen, sollen geprüft und gebilligt werden, — dann ist die Erlaubnis
gleichwohl immer der Person des Unternehmers erteilt; aber diese
Person ist am Unternehmen nicht das polizeilich Wesentliche. Sie
kann wechseln, ohne daſs die Erlaubnis aufhört, für dieses Unter-
nehmen gegeben zu sein. Sie wirkt also zu Gunsten dessen, der an
Stelle des ursprünglichen Empfängers der Erlaubnis tritt. Wer das
ist, bestimmt das Civilrecht; die gewöhnlichen Formen der Rechts-
nachfolge sind maſsgebend. Die erteilte Erlaubnis wird scheinbar mit
übertragen; bei Rechtsgeschäften sogar manchmal ausdrücklich als
Gegenstand der getroffenen Verfügung erwähnt. In Wahrheit ist
Gegenstand des Rechtsüberganges unter den Beteiligten immer nur
das Unternehmen, das Grundstück, die Anlage, das Geschäft; für die
Bewertung dieses Gegenstandes ist die vorhandene Erlaubnis mög-
licherweise von gröſster Bedeutung, weil sie damit verbunden bleibt,
aber sie ist selbst nicht Gegenstand des Vertrags oder Erbgangs, son-
dern sie folgt demselben aus eigener Bewegung von sich aus10.

Die rechtliche Natur des Vorgangs ist so zu erklären, daſs die
Erlaubnis erteilt ist dem ersten Gesuchsteller nicht als dem Träger
persönlicher Eigenschaften, sondern als dem Vertreter dieses Unter-
nehmens mit der bestimmten Art der Mittel und Vorrichtungen und
somit im voraus zugleich jedem Anderen, der etwa nach ihm in dieser
Weise gekennzeichnet erscheint. Die Erlaubnis gilt für die persona
certa, der sie erteilt ist, und für die persona incerta, die an ihre
Stelle tritt11.

laubnis noch zu Gunsten der Witwe und minderjährigen Erben des Empfängers
wirkt, so gelten diese gewerbepolizeilich einfach als Fortsetzung seiner Persönlich-
keit; daher für sie auch die polizeiliche Anzeigepflicht ihres Gewerbebetriebs nicht
besteht: Landmann, Gew.O. zu § 46 Note 2.
10 Seydel in Annalen 1878 S. 578. Auf diese Weise kann z. B. eine Er-
laubnis zu einer Fabrikanlage samt dem Grundstück in eine zu gründende Aktien-
gesellschaft eingebracht werden.
11 Das Civilrecht bietet Vorbilder; so R.O.H.G. 21. April 1874 (Samml. XII
S. 359) im Leipziger Theaterstreit. — Die übliche Ausdrucksweise umgeht die
Schwierigkeit, wenn sie einfach sagt: das Unternehmen ist erlaubt. — Der Über-
gang der Erlaubnis vollzieht sich hier anders als in dem in Note 9 erwähnten
Falle der Witwe und Erben; sie wirkt nicht fort, sondern sie wirkt neu, daher der
Nachfolger anzeigepflichtig ist.
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[294/0314] Die Polizeigewalt. Ist dagegen der Erlaubnisvorbehalt gerichtet auf die Mittel, mit welchen das Unternehmen ins Werk gesetzt werden soll, — die Änderungen, die dazu an einem Grundstück zu machen sind, die An- lagen, Vorrichtungen und Einrichtungen, welche dem Unternehmen dienen, sollen geprüft und gebilligt werden, — dann ist die Erlaubnis gleichwohl immer der Person des Unternehmers erteilt; aber diese Person ist am Unternehmen nicht das polizeilich Wesentliche. Sie kann wechseln, ohne daſs die Erlaubnis aufhört, für dieses Unter- nehmen gegeben zu sein. Sie wirkt also zu Gunsten dessen, der an Stelle des ursprünglichen Empfängers der Erlaubnis tritt. Wer das ist, bestimmt das Civilrecht; die gewöhnlichen Formen der Rechts- nachfolge sind maſsgebend. Die erteilte Erlaubnis wird scheinbar mit übertragen; bei Rechtsgeschäften sogar manchmal ausdrücklich als Gegenstand der getroffenen Verfügung erwähnt. In Wahrheit ist Gegenstand des Rechtsüberganges unter den Beteiligten immer nur das Unternehmen, das Grundstück, die Anlage, das Geschäft; für die Bewertung dieses Gegenstandes ist die vorhandene Erlaubnis mög- licherweise von gröſster Bedeutung, weil sie damit verbunden bleibt, aber sie ist selbst nicht Gegenstand des Vertrags oder Erbgangs, son- dern sie folgt demselben aus eigener Bewegung von sich aus 10. Die rechtliche Natur des Vorgangs ist so zu erklären, daſs die Erlaubnis erteilt ist dem ersten Gesuchsteller nicht als dem Träger persönlicher Eigenschaften, sondern als dem Vertreter dieses Unter- nehmens mit der bestimmten Art der Mittel und Vorrichtungen und somit im voraus zugleich jedem Anderen, der etwa nach ihm in dieser Weise gekennzeichnet erscheint. Die Erlaubnis gilt für die persona certa, der sie erteilt ist, und für die persona incerta, die an ihre Stelle tritt 11. 9 10 Seydel in Annalen 1878 S. 578. Auf diese Weise kann z. B. eine Er- laubnis zu einer Fabrikanlage samt dem Grundstück in eine zu gründende Aktien- gesellschaft eingebracht werden. 11 Das Civilrecht bietet Vorbilder; so R.O.H.G. 21. April 1874 (Samml. XII S. 359) im Leipziger Theaterstreit. — Die übliche Ausdrucksweise umgeht die Schwierigkeit, wenn sie einfach sagt: das Unternehmen ist erlaubt. — Der Über- gang der Erlaubnis vollzieht sich hier anders als in dem in Note 9 erwähnten Falle der Witwe und Erben; sie wirkt nicht fort, sondern sie wirkt neu, daher der Nachfolger anzeigepflichtig ist. 9 laubnis noch zu Gunsten der Witwe und minderjährigen Erben des Empfängers wirkt, so gelten diese gewerbepolizeilich einfach als Fortsetzung seiner Persönlich- keit; daher für sie auch die polizeiliche Anzeigepflicht ihres Gewerbebetriebs nicht besteht: Landmann, Gew.O. zu § 46 Note 2.

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht01_1895/314>, abgerufen am 21.05.2024.