Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mayer, Johann Tobias: Vollständiger Lehrbegriff der höhern Analysis. Bd. 1. Göttingen, 1818.

Bild:
<< vorherige Seite

Differenzial-Rechnung. Vorbegriffe.
traction), weil man sie ja nach dieser Weise noch
weiter vermindern, und gar in den negativen Zu-
stand übergehen lassen könnte, sondern die Ver-
minderung muß so beschaffen seyn, daß die Grösse
wenn sie auch immerfort abnimmt, doch nie den
völligen Nullzustand erreicht. Dann hat man
den wahren Begriff des ohne alle Ende Kleinen,
des unendlich Kleinen, welches man sich gleich-
falls nie im Zustande des würklichen Seyns,
d. h. als völlig erreicht, sondern auch immer nur
im Zustande des Werdens gedenken muß.

So sagen wir also daß in der Reihe (XX)
die Brüche immer kleiner und kleiner werden,
daß sie über alle Gränzen klein, unendlich klein
werden, aber nie läßt sich einer angeben, der würk-
lich der Kleinste wäre, und dies verlangt man
auch bey keiner Untersuchung, auf welche man
durch die Betrachtung einer unaufhörlich über
alle Gränze hinausgehenden Abnahme einer Grösse
geleitet wird.

XXIII. Wenn A eine Grösse welche man will,
und m eine Zahl so groß man will bedeutet, so
bezeichnet der Ausdruck [Formel 1] immer ein bestimm-
tes Stück der Grösse A, aber ein immer kleineres

je

Differenzial-Rechnung. Vorbegriffe.
traction), weil man ſie ja nach dieſer Weiſe noch
weiter vermindern, und gar in den negativen Zu-
ſtand uͤbergehen laſſen koͤnnte, ſondern die Ver-
minderung muß ſo beſchaffen ſeyn, daß die Groͤſſe
wenn ſie auch immerfort abnimmt, doch nie den
voͤlligen Nullzuſtand erreicht. Dann hat man
den wahren Begriff des ohne alle Ende Kleinen,
des unendlich Kleinen, welches man ſich gleich-
falls nie im Zuſtande des wuͤrklichen Seyns,
d. h. als voͤllig erreicht, ſondern auch immer nur
im Zuſtande des Werdens gedenken muß.

So ſagen wir alſo daß in der Reihe (XX)
die Bruͤche immer kleiner und kleiner werden,
daß ſie uͤber alle Graͤnzen klein, unendlich klein
werden, aber nie laͤßt ſich einer angeben, der wuͤrk-
lich der Kleinſte waͤre, und dies verlangt man
auch bey keiner Unterſuchung, auf welche man
durch die Betrachtung einer unaufhoͤrlich uͤber
alle Graͤnze hinausgehenden Abnahme einer Groͤſſe
geleitet wird.

XXIII. Wenn A eine Groͤſſe welche man will,
und m eine Zahl ſo groß man will bedeutet, ſo
bezeichnet der Ausdruck [Formel 1] immer ein beſtimm-
tes Stuͤck der Groͤſſe A, aber ein immer kleineres

je
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0063" n="45"/><fw place="top" type="header">Differenzial-Rechnung. Vorbegriffe.</fw><lb/>
traction), weil man &#x017F;ie ja nach die&#x017F;er Wei&#x017F;e noch<lb/>
weiter vermindern, und gar in den negativen Zu-<lb/>
&#x017F;tand u&#x0364;bergehen la&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nnte, &#x017F;ondern die Ver-<lb/>
minderung muß &#x017F;o be&#x017F;chaffen &#x017F;eyn, daß die Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e<lb/>
wenn &#x017F;ie auch immerfort abnimmt, doch nie den<lb/>
vo&#x0364;lligen Nullzu&#x017F;tand erreicht. Dann hat man<lb/>
den wahren Begriff des ohne alle Ende Kleinen,<lb/>
des unendlich Kleinen, welches man &#x017F;ich gleich-<lb/>
falls nie im Zu&#x017F;tande des wu&#x0364;rklichen <hi rendition="#g">Seyns</hi>,<lb/>
d. h. als vo&#x0364;llig erreicht, &#x017F;ondern auch immer nur<lb/>
im Zu&#x017F;tande des <hi rendition="#g">Werdens</hi> gedenken muß.</p><lb/>
              <p>So &#x017F;agen wir al&#x017F;o daß in der Reihe (<hi rendition="#aq">XX</hi>)<lb/>
die Bru&#x0364;che immer kleiner und kleiner werden,<lb/>
daß &#x017F;ie u&#x0364;ber alle Gra&#x0364;nzen klein, unendlich klein<lb/>
werden, aber nie la&#x0364;ßt &#x017F;ich einer angeben, der wu&#x0364;rk-<lb/>
lich der Klein&#x017F;te wa&#x0364;re, und dies verlangt man<lb/>
auch bey keiner Unter&#x017F;uchung, auf welche man<lb/>
durch die Betrachtung einer unaufho&#x0364;rlich u&#x0364;ber<lb/>
alle Gra&#x0364;nze hinausgehenden Abnahme einer Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e<lb/>
geleitet wird.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#aq">XXIII.</hi> Wenn <hi rendition="#aq">A</hi> eine Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e welche man will,<lb/>
und <hi rendition="#aq">m</hi> eine Zahl &#x017F;o groß man will bedeutet, &#x017F;o<lb/>
bezeichnet der Ausdruck <formula/> immer ein be&#x017F;timm-<lb/>
tes Stu&#x0364;ck der Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e <hi rendition="#aq">A,</hi> aber ein immer kleineres<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">je</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[45/0063] Differenzial-Rechnung. Vorbegriffe. traction), weil man ſie ja nach dieſer Weiſe noch weiter vermindern, und gar in den negativen Zu- ſtand uͤbergehen laſſen koͤnnte, ſondern die Ver- minderung muß ſo beſchaffen ſeyn, daß die Groͤſſe wenn ſie auch immerfort abnimmt, doch nie den voͤlligen Nullzuſtand erreicht. Dann hat man den wahren Begriff des ohne alle Ende Kleinen, des unendlich Kleinen, welches man ſich gleich- falls nie im Zuſtande des wuͤrklichen Seyns, d. h. als voͤllig erreicht, ſondern auch immer nur im Zuſtande des Werdens gedenken muß. So ſagen wir alſo daß in der Reihe (XX) die Bruͤche immer kleiner und kleiner werden, daß ſie uͤber alle Graͤnzen klein, unendlich klein werden, aber nie laͤßt ſich einer angeben, der wuͤrk- lich der Kleinſte waͤre, und dies verlangt man auch bey keiner Unterſuchung, auf welche man durch die Betrachtung einer unaufhoͤrlich uͤber alle Graͤnze hinausgehenden Abnahme einer Groͤſſe geleitet wird. XXIII. Wenn A eine Groͤſſe welche man will, und m eine Zahl ſo groß man will bedeutet, ſo bezeichnet der Ausdruck [FORMEL] immer ein beſtimm- tes Stuͤck der Groͤſſe A, aber ein immer kleineres je

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_analysis01_1818
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_analysis01_1818/63
Zitationshilfe: Mayer, Johann Tobias: Vollständiger Lehrbegriff der höhern Analysis. Bd. 1. Göttingen, 1818, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_analysis01_1818/63>, abgerufen am 08.05.2024.