einen Bruch oder auf ein Stück der Einheit kom- men, welches völlig = o wäre, d. h. die Null ist nicht das über alle Gränzen Kleine, das un- endlich Kleine. Die Null oder das Nichts kann weder eine Grösse, noch eine unendlich kleine Grösse genannt werden.
XXI. Zwar können wir eine Grösse, durch beständige Subtraction eines aliquoten Theiles derselben vermindern, daß Nichts mehr von ihr übrig bleibt, daß sie verschwindet (evanescit), aber das heißt nicht eine Grösse ohne Ende ver- mindern, oder sie unendlich klein werden lassen. Dadurch daß man diese Begriffe nicht sorgfältig von einander unterschieden hat, sind in der Ana- lysis des Unendlichen, die größten Absurditäten entstanden, z. B. daß Nullen oder Nichtse, wie würkliche Grössen, noch ein Verhältniß gegen ein- ander haben können u. dgl., und man hat sogar die ganze Differenzialrechnung auf eine solche Nul- lenrechnung gebracht, und dadurch das Princip derselben, mit Ungereimtheiten und Schwürigkei- ten überhäuft.
XXII. Soll eine Grösse unendlich klein wer- den, so darf man sie nicht dergestalt abnehmen lassen, daß sie endlich Null wird (also durch Sub-
traction),
Erſter Theil.
einen Bruch oder auf ein Stuͤck der Einheit kom- men, welches voͤllig = o waͤre, d. h. die Null iſt nicht das uͤber alle Graͤnzen Kleine, das un- endlich Kleine. Die Null oder das Nichts kann weder eine Groͤſſe, noch eine unendlich kleine Groͤſſe genannt werden.
XXI. Zwar koͤnnen wir eine Groͤſſe, durch beſtaͤndige Subtraction eines aliquoten Theiles derſelben vermindern, daß Nichts mehr von ihr uͤbrig bleibt, daß ſie verſchwindet (evaneſcit), aber das heißt nicht eine Groͤſſe ohne Ende ver- mindern, oder ſie unendlich klein werden laſſen. Dadurch daß man dieſe Begriffe nicht ſorgfaͤltig von einander unterſchieden hat, ſind in der Ana- lyſis des Unendlichen, die groͤßten Abſurditaͤten entſtanden, z. B. daß Nullen oder Nichtſe, wie wuͤrkliche Groͤſſen, noch ein Verhaͤltniß gegen ein- ander haben koͤnnen u. dgl., und man hat ſogar die ganze Differenzialrechnung auf eine ſolche Nul- lenrechnung gebracht, und dadurch das Princip derſelben, mit Ungereimtheiten und Schwuͤrigkei- ten uͤberhaͤuft.
XXII. Soll eine Groͤſſe unendlich klein wer- den, ſo darf man ſie nicht dergeſtalt abnehmen laſſen, daß ſie endlich Null wird (alſo durch Sub-
traction),
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0062"n="44"/><fwplace="top"type="header">Erſter Theil.</fw><lb/>
einen Bruch oder auf ein Stuͤck der Einheit kom-<lb/>
men, welches voͤllig = <hirendition="#aq">o</hi> waͤre, d. h. die Null<lb/>
iſt nicht das uͤber alle Graͤnzen Kleine, das un-<lb/>
endlich Kleine. Die Null oder das Nichts kann<lb/>
weder eine Groͤſſe, noch eine unendlich kleine<lb/>
Groͤſſe genannt werden.</p><lb/><p><hirendition="#aq">XXI.</hi> Zwar koͤnnen wir eine Groͤſſe, durch<lb/>
beſtaͤndige <hirendition="#g">Subtraction</hi> eines aliquoten Theiles<lb/>
derſelben vermindern, daß Nichts mehr von ihr<lb/>
uͤbrig bleibt, daß ſie verſchwindet <hirendition="#aq">(evaneſcit),</hi><lb/>
aber das heißt nicht eine Groͤſſe ohne Ende ver-<lb/>
mindern, oder ſie unendlich klein werden laſſen.<lb/>
Dadurch daß man dieſe Begriffe nicht ſorgfaͤltig<lb/>
von einander unterſchieden hat, ſind in der Ana-<lb/>
lyſis des Unendlichen, die groͤßten Abſurditaͤten<lb/>
entſtanden, z. B. daß Nullen oder Nichtſe, wie<lb/>
wuͤrkliche Groͤſſen, noch ein Verhaͤltniß gegen ein-<lb/>
ander haben koͤnnen u. dgl., und man hat ſogar<lb/>
die ganze Differenzialrechnung auf eine ſolche Nul-<lb/>
lenrechnung gebracht, und dadurch das Princip<lb/>
derſelben, mit Ungereimtheiten und Schwuͤrigkei-<lb/>
ten uͤberhaͤuft.</p><lb/><p><hirendition="#aq">XXII.</hi> Soll eine Groͤſſe unendlich klein wer-<lb/>
den, ſo darf man ſie nicht dergeſtalt abnehmen<lb/>
laſſen, daß ſie endlich Null wird (alſo durch Sub-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">traction),</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[44/0062]
Erſter Theil.
einen Bruch oder auf ein Stuͤck der Einheit kom-
men, welches voͤllig = o waͤre, d. h. die Null
iſt nicht das uͤber alle Graͤnzen Kleine, das un-
endlich Kleine. Die Null oder das Nichts kann
weder eine Groͤſſe, noch eine unendlich kleine
Groͤſſe genannt werden.
XXI. Zwar koͤnnen wir eine Groͤſſe, durch
beſtaͤndige Subtraction eines aliquoten Theiles
derſelben vermindern, daß Nichts mehr von ihr
uͤbrig bleibt, daß ſie verſchwindet (evaneſcit),
aber das heißt nicht eine Groͤſſe ohne Ende ver-
mindern, oder ſie unendlich klein werden laſſen.
Dadurch daß man dieſe Begriffe nicht ſorgfaͤltig
von einander unterſchieden hat, ſind in der Ana-
lyſis des Unendlichen, die groͤßten Abſurditaͤten
entſtanden, z. B. daß Nullen oder Nichtſe, wie
wuͤrkliche Groͤſſen, noch ein Verhaͤltniß gegen ein-
ander haben koͤnnen u. dgl., und man hat ſogar
die ganze Differenzialrechnung auf eine ſolche Nul-
lenrechnung gebracht, und dadurch das Princip
derſelben, mit Ungereimtheiten und Schwuͤrigkei-
ten uͤberhaͤuft.
XXII. Soll eine Groͤſſe unendlich klein wer-
den, ſo darf man ſie nicht dergeſtalt abnehmen
laſſen, daß ſie endlich Null wird (alſo durch Sub-
traction),
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Mayer, Johann Tobias: Vollständiger Lehrbegriff der höhern Analysis. Bd. 1. Göttingen, 1818, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_analysis01_1818/62>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.