"So warte ein wenig, Herr! Der Kaimakam wird gleich kommen."
Es währte wirklich nur kurze Zeit, so trat der Kai- makam drüben aus dem Tempel und kam auf das Haus zu. Nur der Makredsch begleitete ihn.
"Halef, öffne ihnen und führe sie in die Stube. Die Thür schließest du wieder, und dann kehrst du hierher zu- rück. Sollte sich ein Unberufener dem Hause nähern, so schießest du auf ihn!"
Ich ging hinab. Die beiden Männer traten ein. Sie waren hohe Beamte; das durfte mich jedoch nicht kümmern; ich empfing sie daher in sehr gemessener Haltung und winkte ihnen nur, sich niederzulassen. Als sie dies gethan hatten, fragte ich, ohne sie besonders willkommen zu heißen:
"Mein Diener hat euch eingelassen. Hat er euch ge- sagt, wie man mich zu nennen hat?"
"Nein."
"Man nennt mich hier Hadschi Emir Kara Ben Nemsi. Wer ihr seid, weiß ich. Was habt ihr mir zu sagen?"
"Du bist ein Hadschi?" fragte der Makredsch.
"Ja."
"Du warst also in Mekka?"
"Ja. Siehst du nicht den Kuran an meinem Halse hangen und das kleine Fläschchen mit dem Wasser des Zem-Zem?"
"Wir glaubten, du seist ein Giaur!"
"Seid ihr gekommen, mir dies zu sagen?"
"Nein. Wir bitten dich, in unserem Auftrage zu Ali Bey zu gehen."
"Werdet ihr mir sicheres Geleite geben?"
"Ja."
„So warte ein wenig, Herr! Der Kaimakam wird gleich kommen.“
Es währte wirklich nur kurze Zeit, ſo trat der Kai- makam drüben aus dem Tempel und kam auf das Haus zu. Nur der Makredſch begleitete ihn.
„Halef, öffne ihnen und führe ſie in die Stube. Die Thür ſchließeſt du wieder, und dann kehrſt du hierher zu- rück. Sollte ſich ein Unberufener dem Hauſe nähern, ſo ſchießeſt du auf ihn!“
Ich ging hinab. Die beiden Männer traten ein. Sie waren hohe Beamte; das durfte mich jedoch nicht kümmern; ich empfing ſie daher in ſehr gemeſſener Haltung und winkte ihnen nur, ſich niederzulaſſen. Als ſie dies gethan hatten, fragte ich, ohne ſie beſonders willkommen zu heißen:
„Mein Diener hat euch eingelaſſen. Hat er euch ge- ſagt, wie man mich zu nennen hat?“
„Nein.“
„Man nennt mich hier Hadſchi Emir Kara Ben Nemſi. Wer ihr ſeid, weiß ich. Was habt ihr mir zu ſagen?“
„Du biſt ein Hadſchi?“ fragte der Makredſch.
„Ja.“
„Du warſt alſo in Mekka?“
„Ja. Siehſt du nicht den Kuran an meinem Halſe hangen und das kleine Fläſchchen mit dem Waſſer des Zem-Zem?“
„Wir glaubten, du ſeiſt ein Giaur!“
„Seid ihr gekommen, mir dies zu ſagen?“
„Nein. Wir bitten dich, in unſerem Auftrage zu Ali Bey zu gehen.“
„Werdet ihr mir ſicheres Geleite geben?“
„Ja.“
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„So warte ein wenig, Herr! Der Kaimakam wird
gleich kommen.“
Es währte wirklich nur kurze Zeit, ſo trat der Kai-
makam drüben aus dem Tempel und kam auf das Haus
zu. Nur der Makredſch begleitete ihn.
„Halef, öffne ihnen und führe ſie in die Stube. Die
Thür ſchließeſt du wieder, und dann kehrſt du hierher zu-
rück. Sollte ſich ein Unberufener dem Hauſe nähern, ſo
ſchießeſt du auf ihn!“
Ich ging hinab. Die beiden Männer traten ein.
Sie waren hohe Beamte; das durfte mich jedoch nicht
kümmern; ich empfing ſie daher in ſehr gemeſſener Haltung
und winkte ihnen nur, ſich niederzulaſſen. Als ſie dies
gethan hatten, fragte ich, ohne ſie beſonders willkommen
zu heißen:
„Mein Diener hat euch eingelaſſen. Hat er euch ge-
ſagt, wie man mich zu nennen hat?“
„Nein.“
„Man nennt mich hier Hadſchi Emir Kara Ben
Nemſi. Wer ihr ſeid, weiß ich. Was habt ihr mir zu
ſagen?“
„Du biſt ein Hadſchi?“ fragte der Makredſch.
„Ja.“
„Du warſt alſo in Mekka?“
„Ja. Siehſt du nicht den Kuran an meinem Halſe
hangen und das kleine Fläſchchen mit dem Waſſer des
Zem-Zem?“
„Wir glaubten, du ſeiſt ein Giaur!“
„Seid ihr gekommen, mir dies zu ſagen?“
„Nein. Wir bitten dich, in unſerem Auftrage zu
Ali Bey zu gehen.“
„Werdet ihr mir ſicheres Geleite geben?“
„Ja.“
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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/73>, abgerufen am 23.12.2024.
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