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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892].

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"So sage mir, wer ich bin!"

"Du bist der Bey von Gumri."

"Richtig! Ich wollte nur sehen, ob ich mich täuschte;
denn ich dachte, dein Gedächtnis habe dich verlassen. Was
glaubst du wohl, daß der Bey von Gumri dem Manne
thun wird, der es wagt, ihn vor so vielen tapfern Män-
nern unklug zu nennen?"

"Herr, willst du mir meine Dienste mit Undank
lohnen?"

Da auf einmal nahm die Stimme des Bey einen
ganz anderen Ton an.

"Wurm!" donnerte er. "Willst du gegen mich ebenso
thun, wie du es zuerst mit diesem Emir aus Frankistan
gethan hast? Sein Mund wies dich zurecht, und seine
Hand hat dich gezüchtigt. Soll ich mich vor dir fürchten,
da sich der Fremdling nicht scheut, dich vom Pferde zu
werfen! Welchen Dienst hast du mir geleistet, und wer
hat dich zum Anführer ernannt? Bin ich es gewesen?
Ich sage dir, der Ruh 'i kulyan hat uns geboten, Frieden
zu schließen, und weil die Stimme des Geistes zur Milde
geraten hat, so will ich auch dir vergeben. Aber wage
nicht noch einmal, gegen das zu handeln, was ich rede
und was ich thue! Du steigst sofort zu Pferde und
reitest nach Gumri, um den Berwari zu sagen, daß sie
ruhig in ihren Dörfern bleiben können. Gehorchst du
nicht vollständig und augenblicklich, so bin ich mit diesen
Kriegern morgen in Dalascha, und man soll von Behedri
bis Schuraist, von Biha bis Beschukha im ganzen Lande
Chal erfahren, wie der Sohn des gefürchteten Abd-el-
Summit-Bey den Kiaja züchtigt, der ihm zu widerstreben
wagt. Mache dich auf und davon, Sklave der Türken!"

Die Augen des Bey leuchteten so unheimlich, und
sein Arm streckte sich zu gebieterisch aus, daß der Rais

„So ſage mir, wer ich bin!“

„Du biſt der Bey von Gumri.“

„Richtig! Ich wollte nur ſehen, ob ich mich täuſchte;
denn ich dachte, dein Gedächtnis habe dich verlaſſen. Was
glaubſt du wohl, daß der Bey von Gumri dem Manne
thun wird, der es wagt, ihn vor ſo vielen tapfern Män-
nern unklug zu nennen?“

„Herr, willſt du mir meine Dienſte mit Undank
lohnen?“

Da auf einmal nahm die Stimme des Bey einen
ganz anderen Ton an.

„Wurm!“ donnerte er. „Willſt du gegen mich ebenſo
thun, wie du es zuerſt mit dieſem Emir aus Frankiſtan
gethan haſt? Sein Mund wies dich zurecht, und ſeine
Hand hat dich gezüchtigt. Soll ich mich vor dir fürchten,
da ſich der Fremdling nicht ſcheut, dich vom Pferde zu
werfen! Welchen Dienſt haſt du mir geleiſtet, und wer
hat dich zum Anführer ernannt? Bin ich es geweſen?
Ich ſage dir, der Ruh 'i kulyan hat uns geboten, Frieden
zu ſchließen, und weil die Stimme des Geiſtes zur Milde
geraten hat, ſo will ich auch dir vergeben. Aber wage
nicht noch einmal, gegen das zu handeln, was ich rede
und was ich thue! Du ſteigſt ſofort zu Pferde und
reiteſt nach Gumri, um den Berwari zu ſagen, daß ſie
ruhig in ihren Dörfern bleiben können. Gehorchſt du
nicht vollſtändig und augenblicklich, ſo bin ich mit dieſen
Kriegern morgen in Dalaſcha, und man ſoll von Behedri
bis Schuraïſt, von Biha bis Beſchukha im ganzen Lande
Chal erfahren, wie der Sohn des gefürchteten Abd-el-
Summit-Bey den Kiaja züchtigt, der ihm zu widerſtreben
wagt. Mache dich auf und davon, Sklave der Türken!“

Die Augen des Bey leuchteten ſo unheimlich, und
ſein Arm ſtreckte ſich zu gebieteriſch aus, daß der Raïs

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[623/0637] „So ſage mir, wer ich bin!“ „Du biſt der Bey von Gumri.“ „Richtig! Ich wollte nur ſehen, ob ich mich täuſchte; denn ich dachte, dein Gedächtnis habe dich verlaſſen. Was glaubſt du wohl, daß der Bey von Gumri dem Manne thun wird, der es wagt, ihn vor ſo vielen tapfern Män- nern unklug zu nennen?“ „Herr, willſt du mir meine Dienſte mit Undank lohnen?“ Da auf einmal nahm die Stimme des Bey einen ganz anderen Ton an. „Wurm!“ donnerte er. „Willſt du gegen mich ebenſo thun, wie du es zuerſt mit dieſem Emir aus Frankiſtan gethan haſt? Sein Mund wies dich zurecht, und ſeine Hand hat dich gezüchtigt. Soll ich mich vor dir fürchten, da ſich der Fremdling nicht ſcheut, dich vom Pferde zu werfen! Welchen Dienſt haſt du mir geleiſtet, und wer hat dich zum Anführer ernannt? Bin ich es geweſen? Ich ſage dir, der Ruh 'i kulyan hat uns geboten, Frieden zu ſchließen, und weil die Stimme des Geiſtes zur Milde geraten hat, ſo will ich auch dir vergeben. Aber wage nicht noch einmal, gegen das zu handeln, was ich rede und was ich thue! Du ſteigſt ſofort zu Pferde und reiteſt nach Gumri, um den Berwari zu ſagen, daß ſie ruhig in ihren Dörfern bleiben können. Gehorchſt du nicht vollſtändig und augenblicklich, ſo bin ich mit dieſen Kriegern morgen in Dalaſcha, und man ſoll von Behedri bis Schuraïſt, von Biha bis Beſchukha im ganzen Lande Chal erfahren, wie der Sohn des gefürchteten Abd-el- Summit-Bey den Kiaja züchtigt, der ihm zu widerſtreben wagt. Mache dich auf und davon, Sklave der Türken!“ Die Augen des Bey leuchteten ſo unheimlich, und ſein Arm ſtreckte ſich zu gebieteriſch aus, daß der Raïs

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Zitationshilfe: May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 623. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/637>, abgerufen am 25.11.2024.