Ich kannte den Weg, trotzdem er durch Bäume und Sträucher sehr beschwerlich gemacht wurde. Aber wir hatten noch nicht viel über die Hälfte desselben zurück- gelegt, als uns ein lauter Zuruf entgegenscholl:
"Wer kommt?"
"Freunde!" antwortete der Bey.
"Sagt die Namen!"
Jetzt erkannte der Bey den Posten an der Stimme.
"Sei ruhig, Talaf, ich bin es selbst!"
"Herr, du selbst bist es? Schükr' allah -- Gott sei Dank, daß ich den Ton deiner Stimme vernehme! Ist es dir gelungen, zu entfliehen?"
"Ich bin nicht entflohen. Wo lagert ihr?"
"Reite grad aus, so wirst du die Feuer sehen!"
"Führe uns!"
"Ich darf nicht, Herr!"
"Warum nicht?"
"Ich gehöre zu den Wachen, die ausgestellt worden sind, und darf diesen Ort nicht eher verlassen, als bis ich abgelöst werde."
"Wer befiehlt bei euch?"
"Noch immer der Rais von Dalascha."
"Da habt ihr euch einen außerordentlich klugen An- führer gewählt. Jetzt aber bin ich da, und ihr habt nur mir zu gehorchen. Die Wachen sind nicht mehr nötig. Komm und führe uns!"
Der Mann nahm seine lange Flinte über die Schulter und schritt uns voran. Bald sahen wir die Lagerfeuer zwischen den Stämmen der Bäume leuchten und gelangten an denselben Platz, wo wir am vorigen Tage die Be- ratung gehalten hatten.
"Der Bey!" erklang es rundum.
Alle erhoben sich voll Freude, um ihn zu begrüßen.
Ich kannte den Weg, trotzdem er durch Bäume und Sträucher ſehr beſchwerlich gemacht wurde. Aber wir hatten noch nicht viel über die Hälfte desſelben zurück- gelegt, als uns ein lauter Zuruf entgegenſcholl:
„Wer kommt?“
„Freunde!“ antwortete der Bey.
„Sagt die Namen!“
Jetzt erkannte der Bey den Poſten an der Stimme.
„Sei ruhig, Talaf, ich bin es ſelbſt!“
„Herr, du ſelbſt biſt es? Schükr' allah — Gott ſei Dank, daß ich den Ton deiner Stimme vernehme! Iſt es dir gelungen, zu entfliehen?“
„Ich bin nicht entflohen. Wo lagert ihr?“
„Reite grad aus, ſo wirſt du die Feuer ſehen!“
„Führe uns!“
„Ich darf nicht, Herr!“
„Warum nicht?“
„Ich gehöre zu den Wachen, die ausgeſtellt worden ſind, und darf dieſen Ort nicht eher verlaſſen, als bis ich abgelöſt werde.“
„Wer befiehlt bei euch?“
„Noch immer der Raïs von Dalaſcha.“
„Da habt ihr euch einen außerordentlich klugen An- führer gewählt. Jetzt aber bin ich da, und ihr habt nur mir zu gehorchen. Die Wachen ſind nicht mehr nötig. Komm und führe uns!“
Der Mann nahm ſeine lange Flinte über die Schulter und ſchritt uns voran. Bald ſahen wir die Lagerfeuer zwiſchen den Stämmen der Bäume leuchten und gelangten an denſelben Platz, wo wir am vorigen Tage die Be- ratung gehalten hatten.
„Der Bey!“ erklang es rundum.
Alle erhoben ſich voll Freude, um ihn zu begrüßen.
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[621/0635]
Ich kannte den Weg, trotzdem er durch Bäume und
Sträucher ſehr beſchwerlich gemacht wurde. Aber wir
hatten noch nicht viel über die Hälfte desſelben zurück-
gelegt, als uns ein lauter Zuruf entgegenſcholl:
„Wer kommt?“
„Freunde!“ antwortete der Bey.
„Sagt die Namen!“
Jetzt erkannte der Bey den Poſten an der Stimme.
„Sei ruhig, Talaf, ich bin es ſelbſt!“
„Herr, du ſelbſt biſt es? Schükr' allah — Gott ſei
Dank, daß ich den Ton deiner Stimme vernehme! Iſt
es dir gelungen, zu entfliehen?“
„Ich bin nicht entflohen. Wo lagert ihr?“
„Reite grad aus, ſo wirſt du die Feuer ſehen!“
„Führe uns!“
„Ich darf nicht, Herr!“
„Warum nicht?“
„Ich gehöre zu den Wachen, die ausgeſtellt worden
ſind, und darf dieſen Ort nicht eher verlaſſen, als bis
ich abgelöſt werde.“
„Wer befiehlt bei euch?“
„Noch immer der Raïs von Dalaſcha.“
„Da habt ihr euch einen außerordentlich klugen An-
führer gewählt. Jetzt aber bin ich da, und ihr habt nur
mir zu gehorchen. Die Wachen ſind nicht mehr nötig.
Komm und führe uns!“
Der Mann nahm ſeine lange Flinte über die Schulter
und ſchritt uns voran. Bald ſahen wir die Lagerfeuer
zwiſchen den Stämmen der Bäume leuchten und gelangten
an denſelben Platz, wo wir am vorigen Tage die Be-
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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 621. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/635>, abgerufen am 25.11.2024.
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