"Marah Durimeh, melde dich getrost; ich werde dein Geheimnis nicht verraten. Ich bin der Hekim aus Fran- kistan, der dein Urenkelkind in Amadijah vom Gifte befreite, und habe augenblicklich sehr notwendig mit dir zu sprechen."
Ich hatte mich nicht getäuscht -- seitwärts war ein Geräusch zu vernehmen, als ob sich jemand überrascht vom Boden erhebe; dennoch aber vergingen mehrere Sekunden, ehe eine Antwort erfolgte. Dann erklang es:
"Du bist wirklich der Hekim-Emir aus Frankistan?"
"Ja. Vertraue mir! Ich ahnte, daß du selbst der Ruh 'i kulyan bist; ich werde dein Geheimnis bewahren."
"Es ist deine Stimme, aber ich kann dich nicht sehen."
"Verlange ein Zeichen von mir!"
"Gut! Was hatte der türkische Hekim in seinem Amulet, mit dem er den Teufel der Krankheit vertreiben wollte?"
"Eine tote Fliege."
"Emir, du bist es wirklich! Wer hat dir die Höhle gezeigt?"
"Ingdscha, die Tochter von Nedschir-Bey. Sie steht da draußen und erwartet mich."
"Gehe noch vier Schritte vorwärts!"
Ich that es und fühlte mich dann von einer Hand gefaßt, die mich nach seitwärts in eine Spalte zog, wo sie mich eine Strecke weiter führte.
"Jetzt warte. Ich werde das Licht anzünden."
Einen Augenblick später brannte die Kerze, und ich sah Marah Durimeh vor mir stehen, eingehüllt in einen weiten Mantel, aus dem ihr hageres Gesicht wie dasjenige eines Totenkopfs mir entgegengrinste. Auch heut hingen
„Marah Durimeh!“
Wieder keine Antwort.
„Marah Durimeh, melde dich getroſt; ich werde dein Geheimnis nicht verraten. Ich bin der Hekim aus Fran- kiſtan, der dein Urenkelkind in Amadijah vom Gifte befreite, und habe augenblicklich ſehr notwendig mit dir zu ſprechen.“
Ich hatte mich nicht getäuſcht — ſeitwärts war ein Geräuſch zu vernehmen, als ob ſich jemand überraſcht vom Boden erhebe; dennoch aber vergingen mehrere Sekunden, ehe eine Antwort erfolgte. Dann erklang es:
„Du biſt wirklich der Hekim-Emir aus Frankiſtan?“
„Ja. Vertraue mir! Ich ahnte, daß du ſelbſt der Ruh 'i kulyan biſt; ich werde dein Geheimnis bewahren.“
„Es iſt deine Stimme, aber ich kann dich nicht ſehen.“
„Verlange ein Zeichen von mir!“
„Gut! Was hatte der türkiſche Hekim in ſeinem Amulet, mit dem er den Teufel der Krankheit vertreiben wollte?“
„Eine tote Fliege.“
„Emir, du biſt es wirklich! Wer hat dir die Höhle gezeigt?“
„Ingdſcha, die Tochter von Nedſchir-Bey. Sie ſteht da draußen und erwartet mich.“
„Gehe noch vier Schritte vorwärts!“
Ich that es und fühlte mich dann von einer Hand gefaßt, die mich nach ſeitwärts in eine Spalte zog, wo ſie mich eine Strecke weiter führte.
„Jetzt warte. Ich werde das Licht anzünden.“
Einen Augenblick ſpäter brannte die Kerze, und ich ſah Marah Durimeh vor mir ſtehen, eingehüllt in einen weiten Mantel, aus dem ihr hageres Geſicht wie dasjenige eines Totenkopfs mir entgegengrinſte. Auch heut hingen
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„Marah Durimeh!“
Wieder keine Antwort.
„Marah Durimeh, melde dich getroſt; ich werde dein
Geheimnis nicht verraten. Ich bin der Hekim aus Fran-
kiſtan, der dein Urenkelkind in Amadijah vom Gifte
befreite, und habe augenblicklich ſehr notwendig mit dir
zu ſprechen.“
Ich hatte mich nicht getäuſcht — ſeitwärts war ein
Geräuſch zu vernehmen, als ob ſich jemand überraſcht vom
Boden erhebe; dennoch aber vergingen mehrere Sekunden,
ehe eine Antwort erfolgte. Dann erklang es:
„Du biſt wirklich der Hekim-Emir aus Frankiſtan?“
„Ja. Vertraue mir! Ich ahnte, daß du ſelbſt der
Ruh 'i kulyan biſt; ich werde dein Geheimnis bewahren.“
„Es iſt deine Stimme, aber ich kann dich nicht ſehen.“
„Verlange ein Zeichen von mir!“
„Gut! Was hatte der türkiſche Hekim in ſeinem
Amulet, mit dem er den Teufel der Krankheit vertreiben
wollte?“
„Eine tote Fliege.“
„Emir, du biſt es wirklich! Wer hat dir die Höhle
gezeigt?“
„Ingdſcha, die Tochter von Nedſchir-Bey. Sie ſteht
da draußen und erwartet mich.“
„Gehe noch vier Schritte vorwärts!“
Ich that es und fühlte mich dann von einer Hand
gefaßt, die mich nach ſeitwärts in eine Spalte zog,
wo ſie mich eine Strecke weiter führte.
„Jetzt warte. Ich werde das Licht anzünden.“
Einen Augenblick ſpäter brannte die Kerze, und ich
ſah Marah Durimeh vor mir ſtehen, eingehüllt in einen
weiten Mantel, aus dem ihr hageres Geſicht wie dasjenige
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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 594. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/608>, abgerufen am 25.11.2024.
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