Diese Bestimmung konnte einen gefährlichen Hinter- gedanken haben; darum erkundigte ich mich:
"Wann soll er ausgeliefert werden?"
"Sofort, mit seinen Begleitern."
"Wohin soll er kommen?"
"Hierher."
"Ihr werdet nicht weiter vorwärts dringen?"
"Für jetzt nicht."
"Aber dann wohl, wenn der Bey ausgeliefert wor- den ist?"
"Es wird dann geschehen, was der Bey bestimmt."
"Und wenn der Melek ihn erst dann ausliefern will, wenn ihr friedlich nach Gumri zurückgekehrt seid?"
"Herr, darauf gehen wir nicht ein. Wir ziehen nicht eher von hier fort, als bis wir den Herrscher von Gumri bei uns sehen."
"Was begehrt ihr noch?"
"Nichts weiter."
"Dann hört, was ich euch noch zu sagen habe. Ehrlich habe ich gegen euch gehandelt und werde dies auch gegen den Melek thun. Ich werde ihn zu keinem Zugeständnis bereden, welches ihm Schaden bringt. Und vor allem merkt euch dies, daß der Bey sofort getötet wird, wenn ihr diesen Ort verlaßt, ehe der Friede vollständig ge- schlossen ist."
"Willst du etwa dem Melek zu diesem Mord raten?"
"Allah behüte mich davor! Aber ich werde auch nicht zugeben, daß ihr den Bey nur zu dem Zweck zurück- erhaltet, daß er euch dann gegen Lizan führt."
"Herr, du redest sehr kühn und aufrichtig!"
"So merkt ihr wenigstens, daß ich es mit meinen
„Und dann?“
„Dann mag der Bey beſtimmen, was geſchehen ſoll.“
Dieſe Beſtimmung konnte einen gefährlichen Hinter- gedanken haben; darum erkundigte ich mich:
„Wann ſoll er ausgeliefert werden?“
„Sofort, mit ſeinen Begleitern.“
„Wohin ſoll er kommen?“
„Hierher.“
„Ihr werdet nicht weiter vorwärts dringen?“
„Für jetzt nicht.“
„Aber dann wohl, wenn der Bey ausgeliefert wor- den iſt?“
„Es wird dann geſchehen, was der Bey beſtimmt.“
„Und wenn der Melek ihn erſt dann ausliefern will, wenn ihr friedlich nach Gumri zurückgekehrt ſeid?“
„Herr, darauf gehen wir nicht ein. Wir ziehen nicht eher von hier fort, als bis wir den Herrſcher von Gumri bei uns ſehen.“
„Was begehrt ihr noch?“
„Nichts weiter.“
„Dann hört, was ich euch noch zu ſagen habe. Ehrlich habe ich gegen euch gehandelt und werde dies auch gegen den Melek thun. Ich werde ihn zu keinem Zugeſtändnis bereden, welches ihm Schaden bringt. Und vor allem merkt euch dies, daß der Bey ſofort getötet wird, wenn ihr dieſen Ort verlaßt, ehe der Friede vollſtändig ge- ſchloſſen iſt.“
„Willſt du etwa dem Melek zu dieſem Mord raten?“
„Allah behüte mich davor! Aber ich werde auch nicht zugeben, daß ihr den Bey nur zu dem Zweck zurück- erhaltet, daß er euch dann gegen Lizan führt.“
„Herr, du redeſt ſehr kühn und aufrichtig!“
„So merkt ihr wenigſtens, daß ich es mit meinen
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„Und dann?“
„Dann mag der Bey beſtimmen, was geſchehen ſoll.“
Dieſe Beſtimmung konnte einen gefährlichen Hinter-
gedanken haben; darum erkundigte ich mich:
„Wann ſoll er ausgeliefert werden?“
„Sofort, mit ſeinen Begleitern.“
„Wohin ſoll er kommen?“
„Hierher.“
„Ihr werdet nicht weiter vorwärts dringen?“
„Für jetzt nicht.“
„Aber dann wohl, wenn der Bey ausgeliefert wor-
den iſt?“
„Es wird dann geſchehen, was der Bey beſtimmt.“
„Und wenn der Melek ihn erſt dann ausliefern will,
wenn ihr friedlich nach Gumri zurückgekehrt ſeid?“
„Herr, darauf gehen wir nicht ein. Wir ziehen nicht
eher von hier fort, als bis wir den Herrſcher von Gumri
bei uns ſehen.“
„Was begehrt ihr noch?“
„Nichts weiter.“
„Dann hört, was ich euch noch zu ſagen habe. Ehrlich
habe ich gegen euch gehandelt und werde dies auch gegen
den Melek thun. Ich werde ihn zu keinem Zugeſtändnis
bereden, welches ihm Schaden bringt. Und vor allem
merkt euch dies, daß der Bey ſofort getötet wird, wenn
ihr dieſen Ort verlaßt, ehe der Friede vollſtändig ge-
ſchloſſen iſt.“
„Willſt du etwa dem Melek zu dieſem Mord raten?“
„Allah behüte mich davor! Aber ich werde auch nicht
zugeben, daß ihr den Bey nur zu dem Zweck zurück-
erhaltet, daß er euch dann gegen Lizan führt.“
„Herr, du redeſt ſehr kühn und aufrichtig!“
„So merkt ihr wenigſtens, daß ich es mit meinen
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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 553. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/567>, abgerufen am 29.11.2024.
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