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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892].

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"Ja. Auch das weißt du?"

"Ihre Ahne heißt Marah Durimeh?"

"Das ist ihr Name. Kennst du sie?"

"Sie war bei mir und hat mir viel von dir erzählt,
was sie mit den Ihrigen von deinem Diener erfahren hat,
der dort sich unter den Gefangenen befindet. Sie wußte,
daß du vielleicht in unsere Gegend kommen würdest, und
hat mich gebeten, dann dein Freund zu sein."

"Wie kannst du wissen, daß gerade ich dieser Mann
bin?"

"Hast du nicht gestern in Gumri von euch erzählt?
Wir haben einen Freund dort, der uns alles berichtet.
Darum wußten wir auch von der heutigen Jagd, und
daß du dabei sein würdest. Und darum sandte ich auch,
als ich im Hinterhalte lag und bemerkte, daß du zurück-
geblieben seist, eine Abteilung der Meinigen, die dich ge-
fangen nehmen und fortführen sollten, damit dir im
Kampfe kein Leid geschehe."

Das klang ja so abenteuerlich, daß es kaum zu glauben
war. Und nun konnte ich auch das Verhalten der Männer,
welche uns gefangen genommen hatten, begreifen, obgleich
sie mit der Wegnahme unserer Kleidungsstücke zu weit
gegangen waren.

"Was wirst du nun thun?" fragte ich den Melek.

"Ich werde dich mit nach Lizan nehmen, damit du mein
Gast seist."

"Und meine Freunde?"

"Dein Diener und Amad el Ghandur werden frei
sein."

"Aber der Bey?"

"Er ist mein Gefangener. Unsere Versammlung wird
über ihn beschließen."

"Werdet ihr ihn töten?"

„Ja. Auch das weißt du?“

„Ihre Ahne heißt Marah Durimeh?“

„Das iſt ihr Name. Kennſt du ſie?“

„Sie war bei mir und hat mir viel von dir erzählt,
was ſie mit den Ihrigen von deinem Diener erfahren hat,
der dort ſich unter den Gefangenen befindet. Sie wußte,
daß du vielleicht in unſere Gegend kommen würdeſt, und
hat mich gebeten, dann dein Freund zu ſein.“

„Wie kannſt du wiſſen, daß gerade ich dieſer Mann
bin?“

„Haſt du nicht geſtern in Gumri von euch erzählt?
Wir haben einen Freund dort, der uns alles berichtet.
Darum wußten wir auch von der heutigen Jagd, und
daß du dabei ſein würdeſt. Und darum ſandte ich auch,
als ich im Hinterhalte lag und bemerkte, daß du zurück-
geblieben ſeiſt, eine Abteilung der Meinigen, die dich ge-
fangen nehmen und fortführen ſollten, damit dir im
Kampfe kein Leid geſchehe.“

Das klang ja ſo abenteuerlich, daß es kaum zu glauben
war. Und nun konnte ich auch das Verhalten der Männer,
welche uns gefangen genommen hatten, begreifen, obgleich
ſie mit der Wegnahme unſerer Kleidungsſtücke zu weit
gegangen waren.

„Was wirſt du nun thun?“ fragte ich den Melek.

„Ich werde dich mit nach Lizan nehmen, damit du mein
Gaſt ſeiſt.“

„Und meine Freunde?“

„Dein Diener und Amad el Ghandur werden frei
ſein.“

„Aber der Bey?“

„Er iſt mein Gefangener. Unſere Verſammlung wird
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„Werdet ihr ihn töten?“

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[479/0493] „Ja. Auch das weißt du?“ „Ihre Ahne heißt Marah Durimeh?“ „Das iſt ihr Name. Kennſt du ſie?“ „Sie war bei mir und hat mir viel von dir erzählt, was ſie mit den Ihrigen von deinem Diener erfahren hat, der dort ſich unter den Gefangenen befindet. Sie wußte, daß du vielleicht in unſere Gegend kommen würdeſt, und hat mich gebeten, dann dein Freund zu ſein.“ „Wie kannſt du wiſſen, daß gerade ich dieſer Mann bin?“ „Haſt du nicht geſtern in Gumri von euch erzählt? Wir haben einen Freund dort, der uns alles berichtet. Darum wußten wir auch von der heutigen Jagd, und daß du dabei ſein würdeſt. Und darum ſandte ich auch, als ich im Hinterhalte lag und bemerkte, daß du zurück- geblieben ſeiſt, eine Abteilung der Meinigen, die dich ge- fangen nehmen und fortführen ſollten, damit dir im Kampfe kein Leid geſchehe.“ Das klang ja ſo abenteuerlich, daß es kaum zu glauben war. Und nun konnte ich auch das Verhalten der Männer, welche uns gefangen genommen hatten, begreifen, obgleich ſie mit der Wegnahme unſerer Kleidungsſtücke zu weit gegangen waren. „Was wirſt du nun thun?“ fragte ich den Melek. „Ich werde dich mit nach Lizan nehmen, damit du mein Gaſt ſeiſt.“ „Und meine Freunde?“ „Dein Diener und Amad el Ghandur werden frei ſein.“ „Aber der Bey?“ „Er iſt mein Gefangener. Unſere Verſammlung wird über ihn beſchließen.“ „Werdet ihr ihn töten?“

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Zitationshilfe: May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 479. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/493>, abgerufen am 22.11.2024.