"Wir haben ihn bei gutem Wohlsein verlassen, und auch die andern hat Allah gesund erhalten," antwortete ich.
"Nehmet und esset einstweilen und habt die Güte, mir von Spandareh zu erzählen. Es ist eine lange Zeit, daß ich nichts gehört habe."
Ich erfüllte ihr den Wunsch so ausführlich wie mög- lich. Sie war ganz glücklich, mit mir über ihre Heimat plaudern zu können, und ließ sogar den Windhund aus dem Stalle holen, um ihm mit den Resten des Zickleins einen Beweis ihrer Freundschaft zu geben. Es gab hier ein Zusammenhalten der Familienglieder, welches mich sehr angenehm berührte.
Als wir ihrer Dienste nicht mehr bedurften, verließ sie uns, und wir machten es uns auf den an die Wand geschobenen Kissen so bequem wie möglich. In diesem süßen Nichtsthun wurden wir durch den Eintritt eines Mannes gestört, den wir nicht erwartet hätten. Es war der verwundete Kurde. Er trug den Arm in einer Binde, die er sich um den Hals befestigt hatte.
"Was willst du?" fragte ich ihn.
"Ein Bakschisch, Herr!"
"Ein Bakschisch? Wofür?"
"Daß ich dich nicht töten werde."
"Ich höre, daß dich das Fieber noch nicht verlassen hat. Wenn einer von uns beiden aus dem Grunde, welchen du angiebst, ein Bakschisch verdient hat, so bin nur ich es allein. Ich habe dir nicht bloß versprochen, dich nicht zu töten, sondern dir bereits das Leben erhalten, als du dich unter den Zähnen meines Hundes befandest. Was aber hast du für mich gethan? Nach mir geschossen und gestochen hast du. Und dafür verlangst du einen Bakschisch? Gehe schnell fort, damit du nicht hörest, daß wir über dich lachen müssen!"
„Wir haben ihn bei gutem Wohlſein verlaſſen, und auch die andern hat Allah geſund erhalten,“ antwortete ich.
„Nehmet und eſſet einſtweilen und habt die Güte, mir von Spandareh zu erzählen. Es iſt eine lange Zeit, daß ich nichts gehört habe.“
Ich erfüllte ihr den Wunſch ſo ausführlich wie mög- lich. Sie war ganz glücklich, mit mir über ihre Heimat plaudern zu können, und ließ ſogar den Windhund aus dem Stalle holen, um ihm mit den Reſten des Zickleins einen Beweis ihrer Freundſchaft zu geben. Es gab hier ein Zuſammenhalten der Familienglieder, welches mich ſehr angenehm berührte.
Als wir ihrer Dienſte nicht mehr bedurften, verließ ſie uns, und wir machten es uns auf den an die Wand geſchobenen Kiſſen ſo bequem wie möglich. In dieſem ſüßen Nichtsthun wurden wir durch den Eintritt eines Mannes geſtört, den wir nicht erwartet hätten. Es war der verwundete Kurde. Er trug den Arm in einer Binde, die er ſich um den Hals befeſtigt hatte.
„Was willſt du?“ fragte ich ihn.
„Ein Bakſchiſch, Herr!“
„Ein Bakſchiſch? Wofür?“
„Daß ich dich nicht töten werde.“
„Ich höre, daß dich das Fieber noch nicht verlaſſen hat. Wenn einer von uns beiden aus dem Grunde, welchen du angiebſt, ein Bakſchiſch verdient hat, ſo bin nur ich es allein. Ich habe dir nicht bloß verſprochen, dich nicht zu töten, ſondern dir bereits das Leben erhalten, als du dich unter den Zähnen meines Hundes befandeſt. Was aber haſt du für mich gethan? Nach mir geſchoſſen und geſtochen haſt du. Und dafür verlangſt du einen Bakſchiſch? Gehe ſchnell fort, damit du nicht höreſt, daß wir über dich lachen müſſen!“
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„Wir haben ihn bei gutem Wohlſein verlaſſen, und
auch die andern hat Allah geſund erhalten,“ antwortete ich.
„Nehmet und eſſet einſtweilen und habt die Güte,
mir von Spandareh zu erzählen. Es iſt eine lange Zeit,
daß ich nichts gehört habe.“
Ich erfüllte ihr den Wunſch ſo ausführlich wie mög-
lich. Sie war ganz glücklich, mit mir über ihre Heimat
plaudern zu können, und ließ ſogar den Windhund aus
dem Stalle holen, um ihm mit den Reſten des Zickleins
einen Beweis ihrer Freundſchaft zu geben. Es gab hier
ein Zuſammenhalten der Familienglieder, welches mich
ſehr angenehm berührte.
Als wir ihrer Dienſte nicht mehr bedurften, verließ
ſie uns, und wir machten es uns auf den an die Wand
geſchobenen Kiſſen ſo bequem wie möglich. In dieſem
ſüßen Nichtsthun wurden wir durch den Eintritt eines
Mannes geſtört, den wir nicht erwartet hätten. Es war
der verwundete Kurde. Er trug den Arm in einer Binde,
die er ſich um den Hals befeſtigt hatte.
„Was willſt du?“ fragte ich ihn.
„Ein Bakſchiſch, Herr!“
„Ein Bakſchiſch? Wofür?“
„Daß ich dich nicht töten werde.“
„Ich höre, daß dich das Fieber noch nicht verlaſſen
hat. Wenn einer von uns beiden aus dem Grunde,
welchen du angiebſt, ein Bakſchiſch verdient hat, ſo bin
nur ich es allein. Ich habe dir nicht bloß verſprochen,
dich nicht zu töten, ſondern dir bereits das Leben erhalten,
als du dich unter den Zähnen meines Hundes befandeſt.
Was aber haſt du für mich gethan? Nach mir geſchoſſen
und geſtochen haſt du. Und dafür verlangſt du einen
Bakſchiſch? Gehe ſchnell fort, damit du nicht höreſt, daß
wir über dich lachen müſſen!“
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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 434. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/448>, abgerufen am 23.11.2024.
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