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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892].

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keiner vergessen, der ihn einmal hörte. Hier, nimm fünf
Piaster, um dir Khol und Henneh zu kaufen für die
Ränder deines Augenlides und die rosigen Nägel deiner
Hand. Mein Herz will sich freuen über dich, damit meine
Seele jung werde und mein Auge sich ergötze an der An-
mut deines Ganges!"

"Herr," rief sie, "du bist tapferer als Ali, weiser als
Abu Bekr, stärker als Simsah *) und schöner als Hossein,
der Armadener! Befiehl was ich dir braten soll; oder
willst du gekocht und gebacken haben? Ich thue für dich
alles, was du verlangst, denn mit dir ist Freude über
mein Haus gekommen und Segen über die Schwelle
meiner Thüre."

"Deine Güte rührt mich, oh Mersinah; ich kann sie
nicht vergelten! Aber ich habe weder Hunger noch Durst,
wenn ich den Glanz deiner Augen, die Farbe deiner
Wangen und das liebliche Bild deiner Hände erblicke.
War Selim Agha da?"

"Ja. Er hat mir alles erzählt. Deine Feinde sind
vernichtet. Gehe hinauf und tröste die Deinen, die in
großer Sorge um dich sind!"

Ich ging hinauf.

"Endlich zurück!" meinte der Engländer. "Große
Sorge!" Wollten kommen und Euch holen! Glück, daß
Ihr da seid!"

"Du warst in Gefahr?" fragte auch Mohammed.

"Nicht sehr. Sie ist vorüber. Weißt du, daß der
Mutessarif abgesetzt ist?"

"Von Mossul?"

"Ja, und der Makredsch auch."

"Also darum ist Selek da?"

*) Simson.

keiner vergeſſen, der ihn einmal hörte. Hier, nimm fünf
Piaſter, um dir Khol und Henneh zu kaufen für die
Ränder deines Augenlides und die roſigen Nägel deiner
Hand. Mein Herz will ſich freuen über dich, damit meine
Seele jung werde und mein Auge ſich ergötze an der An-
mut deines Ganges!“

„Herr,“ rief ſie, „du biſt tapferer als Ali, weiſer als
Abu Bekr, ſtärker als Simſah *) und ſchöner als Hoſſeïn,
der Armadener! Befiehl was ich dir braten ſoll; oder
willſt du gekocht und gebacken haben? Ich thue für dich
alles, was du verlangſt, denn mit dir iſt Freude über
mein Haus gekommen und Segen über die Schwelle
meiner Thüre.“

„Deine Güte rührt mich, oh Merſinah; ich kann ſie
nicht vergelten! Aber ich habe weder Hunger noch Durſt,
wenn ich den Glanz deiner Augen, die Farbe deiner
Wangen und das liebliche Bild deiner Hände erblicke.
War Selim Agha da?“

„Ja. Er hat mir alles erzählt. Deine Feinde ſind
vernichtet. Gehe hinauf und tröſte die Deinen, die in
großer Sorge um dich ſind!“

Ich ging hinauf.

„Endlich zurück!“ meinte der Engländer. „Große
Sorge!“ Wollten kommen und Euch holen! Glück, daß
Ihr da ſeid!“

„Du warſt in Gefahr?“ fragte auch Mohammed.

„Nicht ſehr. Sie iſt vorüber. Weißt du, daß der
Muteſſarif abgeſetzt iſt?“

„Von Moſſul?“

„Ja, und der Makredſch auch.“

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*) Simſon.
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[291/0305] keiner vergeſſen, der ihn einmal hörte. Hier, nimm fünf Piaſter, um dir Khol und Henneh zu kaufen für die Ränder deines Augenlides und die roſigen Nägel deiner Hand. Mein Herz will ſich freuen über dich, damit meine Seele jung werde und mein Auge ſich ergötze an der An- mut deines Ganges!“ „Herr,“ rief ſie, „du biſt tapferer als Ali, weiſer als Abu Bekr, ſtärker als Simſah *) und ſchöner als Hoſſeïn, der Armadener! Befiehl was ich dir braten ſoll; oder willſt du gekocht und gebacken haben? Ich thue für dich alles, was du verlangſt, denn mit dir iſt Freude über mein Haus gekommen und Segen über die Schwelle meiner Thüre.“ „Deine Güte rührt mich, oh Merſinah; ich kann ſie nicht vergelten! Aber ich habe weder Hunger noch Durſt, wenn ich den Glanz deiner Augen, die Farbe deiner Wangen und das liebliche Bild deiner Hände erblicke. War Selim Agha da?“ „Ja. Er hat mir alles erzählt. Deine Feinde ſind vernichtet. Gehe hinauf und tröſte die Deinen, die in großer Sorge um dich ſind!“ Ich ging hinauf. „Endlich zurück!“ meinte der Engländer. „Große Sorge!“ Wollten kommen und Euch holen! Glück, daß Ihr da ſeid!“ „Du warſt in Gefahr?“ fragte auch Mohammed. „Nicht ſehr. Sie iſt vorüber. Weißt du, daß der Muteſſarif abgeſetzt iſt?“ „Von Moſſul?“ „Ja, und der Makredſch auch.“ „Alſo darum iſt Selek da?“ *) Simſon.

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Zitationshilfe: May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/305>, abgerufen am 17.05.2024.