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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892].

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Gekläff, welches uns vermuten ließ, daß wieder einmal
ein Pfropfen aus dem Laufe geschlingert worden sei.

Als wir zu Hause anlangten, saß der Kurde in
meinem Zimmer auf meinem Teppich und rauchte aus
meiner Pfeife meinen Tabak. Das freute mich, denn es
bewies mir, daß unsere Ansichten über Gastlichkeit ganz
dieselben seien.

"Kheir ati, hemscher -- willkommen, Freund!" be-
grüßte ich ihn.

"Wie, du redest kurdisch?" fragte er erfreut.

"Ein wenig nur, aber wir wollen es versuchen!"

Ich hatte Halef den Befehl gegeben, für mich und
den Gast bei irgend einem Speisewirte etwas Eßbares
aufzutreiben, und konnte mich also dem Boten des Bey
von Gumri ruhig widmen. Ich steckte mir nun auch eine
Pfeife an und ließ mich an seiner Seite nieder.

"Ich habe dich länger warten lassen, als ich wollte,"
begann ich; "ich mußte mit dem Mutesselim essen."

"Herr, ich habe gern gewartet. Die schöne Jungfrau,
welche deine Wirtin ist, mußte mir eine Pfeife reichen,
und dann habe ich mir von deinem Tabak genommen. Ich
hatte dein Angesicht gesehen und wußte, daß du mir nicht
darüber zürnen würdest."

"Du bist ein Krieger des Bey von Gumri; was mein
ist, das ist auch dein. Auch muß ich dir danken für das
Vergnügen, welches du mir bereitet hast, als ich mich bei
dem Kommandanten befand."

"Welches?"

"Du bist ein Jüngling, aber du hast als Mann ge-
handelt, als du ihm deine Antwort gabst."

Er lächelte und sagte:

"Ich hätte anders mit ihm gesprochen, wenn ich allein
gewesen wäre."

Gekläff, welches uns vermuten ließ, daß wieder einmal
ein Pfropfen aus dem Laufe geſchlingert worden ſei.

Als wir zu Hauſe anlangten, ſaß der Kurde in
meinem Zimmer auf meinem Teppich und rauchte aus
meiner Pfeife meinen Tabak. Das freute mich, denn es
bewies mir, daß unſere Anſichten über Gaſtlichkeit ganz
dieſelben ſeien.

„Kheïr ati, hemſcher — willkommen, Freund!“ be-
grüßte ich ihn.

„Wie, du redeſt kurdiſch?“ fragte er erfreut.

„Ein wenig nur, aber wir wollen es verſuchen!“

Ich hatte Halef den Befehl gegeben, für mich und
den Gaſt bei irgend einem Speiſewirte etwas Eßbares
aufzutreiben, und konnte mich alſo dem Boten des Bey
von Gumri ruhig widmen. Ich ſteckte mir nun auch eine
Pfeife an und ließ mich an ſeiner Seite nieder.

„Ich habe dich länger warten laſſen, als ich wollte,“
begann ich; „ich mußte mit dem Muteſſelim eſſen.“

„Herr, ich habe gern gewartet. Die ſchöne Jungfrau,
welche deine Wirtin iſt, mußte mir eine Pfeife reichen,
und dann habe ich mir von deinem Tabak genommen. Ich
hatte dein Angeſicht geſehen und wußte, daß du mir nicht
darüber zürnen würdeſt.“

„Du biſt ein Krieger des Bey von Gumri; was mein
iſt, das iſt auch dein. Auch muß ich dir danken für das
Vergnügen, welches du mir bereitet haſt, als ich mich bei
dem Kommandanten befand.“

„Welches?“

„Du biſt ein Jüngling, aber du haſt als Mann ge-
handelt, als du ihm deine Antwort gabſt.“

Er lächelte und ſagte:

„Ich hätte anders mit ihm geſprochen, wenn ich allein
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[198/0212] Gekläff, welches uns vermuten ließ, daß wieder einmal ein Pfropfen aus dem Laufe geſchlingert worden ſei. Als wir zu Hauſe anlangten, ſaß der Kurde in meinem Zimmer auf meinem Teppich und rauchte aus meiner Pfeife meinen Tabak. Das freute mich, denn es bewies mir, daß unſere Anſichten über Gaſtlichkeit ganz dieſelben ſeien. „Kheïr ati, hemſcher — willkommen, Freund!“ be- grüßte ich ihn. „Wie, du redeſt kurdiſch?“ fragte er erfreut. „Ein wenig nur, aber wir wollen es verſuchen!“ Ich hatte Halef den Befehl gegeben, für mich und den Gaſt bei irgend einem Speiſewirte etwas Eßbares aufzutreiben, und konnte mich alſo dem Boten des Bey von Gumri ruhig widmen. Ich ſteckte mir nun auch eine Pfeife an und ließ mich an ſeiner Seite nieder. „Ich habe dich länger warten laſſen, als ich wollte,“ begann ich; „ich mußte mit dem Muteſſelim eſſen.“ „Herr, ich habe gern gewartet. Die ſchöne Jungfrau, welche deine Wirtin iſt, mußte mir eine Pfeife reichen, und dann habe ich mir von deinem Tabak genommen. Ich hatte dein Angeſicht geſehen und wußte, daß du mir nicht darüber zürnen würdeſt.“ „Du biſt ein Krieger des Bey von Gumri; was mein iſt, das iſt auch dein. Auch muß ich dir danken für das Vergnügen, welches du mir bereitet haſt, als ich mich bei dem Kommandanten befand.“ „Welches?“ „Du biſt ein Jüngling, aber du haſt als Mann ge- handelt, als du ihm deine Antwort gabſt.“ Er lächelte und ſagte: „Ich hätte anders mit ihm geſprochen, wenn ich allein geweſen wäre.“

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Zitationshilfe: May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/212>, abgerufen am 23.12.2024.