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Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726.

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Neundtes Buch. Geschichte der Teutschen,

XXIII. Dieser ist der Attila1, der eine Zeitlang das Schrecken von
Attilae Ge-
schlecht, Hof
und Character.
Europa gewesen. So weit auch damals sein Name in der Welt erschollen,
so dunckel ist ietzund seine Historie2. Einige autores, so die alten Lieder von
seinen Thaten, welche bey den Hunnen und Teutschen im Gebrauch geblie-
ben3, und vielleicht lange nach ihm erst gemacht worden, bey ihren Erzehlun-
gen zum Grunde geleget, oder wohl gar allerhand Umstände selbst erdichtet,
haben sie fast in einen Roman verwandelt4. Zu gutem Glück sind noch eini-
ge Stücke aus prisci (der an Attilae Hof als Gesandter vom Käiser
Theodosio gewesen) Gothischer Historie übrig geblieben, aus welcher wir
die zuverläßigste Nachricht nehmen können. Was sein Geschlecht anbetrifft,
so rühmet er desselben Adel und Hoheit selbst bey prisco5.
Die Hunnische Macht war nach seines Bruders Tod unter ihm vereiniget
worden, und erstreckte sich über die Ost-Gothen, und viele andere Teut-
sche und Sarmatische Völcker, die vormals unter derselben Herrschafft ge-
standen, von der Donau und dem Schwartzen-Meer ziemlich tief gegen Nor-
den. Doch hatte er auch einen grossen Strich Landes zur Lincken des gedachten
6

Flusses:
[Beginn Spaltensatz] rei cura ab imperatore erat demandata. Ex quo,
qui antiquas, & a maioribus acceptas diuitias
possidebant, mundum uxorum, & pretiosam suam
suppellectilem, in foro palam & publice uenum
exponebant. Ab hoc bello, tam atrox, & acerba
calamitas Romanos excepit, ut multi sibi uiolentas
manus attulerint, aut aptato collo laqueo, uitam
finierint.
1 §. XXIII. 1. Bey prisco wird er allemal
Attilas genennet. otrokocsi meynet in origi-
nibus Hungaricis P. II. p.
39. in der Hunnischen
Sprache habe er Athila geheissen, welches Wort
so viel als magnas bedeutet: und sey der Name
noch bey den Ungarn gebräuchlich, würde aber an
stat Athel, Atzel ausgesprochen. Jn den ältern
Teutschen Gesängen und Chronicken wird Attila
König Etzel genennet.
2 nicolavs olahvs, Ertz-Bischoff von
Grau, ein gelehrter Prälat, hat Attilae Leben
beschrieben; aber ebenfalls nicht die rechten Nach-
richten gehabt. sabellicvs ist einer von den
Haupt-Autorn, auf welche er sich beruffet. Er be-
ziehet sich zugleich auf alte Lieder, und ein altes
chronicon Hungaricum; aber die Proben so er
daraus anführet, zeigen zur Gnüge, daß selbiges
müsse voller Fabeln gewesen seyn. philippvs
callimachvs
hat, was er von Attila geschrie-
ben, aus olaho genommen. Es wird noch ein iv-
vencvs caelivs callanvs dal-
mata
de vita Attilae
gerühmet: von welchem
Herr fabricivs in bibliotheca Latina p. 702.
[Spaltenumbruch] Nachricht giebt, und anmercket, daß selbiges Buch
zu Jngolstadt 1604. in 4to, gedruckt sey.
3 lazivs de migrationibus gentium ge-
denckt p. 603. einiger alten Teutschen Gesänge,
so von Attilae Thaten gemacht worden, und otro-
kocsi
berufft sich hin und wieder auf dergleichen
alte Ungarische Lieder: unter andern P. I. p. 133.
4 La guerra d' Attila flagello di dio, tratta
dallo archivo dei prencipi d' Esti.
Ferrara 1568.
4to.
Es wird zwar in der Vorrede gesagt, daß des
Patriarchen von Aquileja, Nicetae, Secretarius
thomas, diese Historie Lateinisch aufgesetzt,
nicolavs la casola aber, ein Bologneser,
in die Provenzal-Sprache übersetzet, und Bonisacio
von Este zugeschrieben: daraus nachmals diese J-
taliänische Ubersetzung gemacht worden. Man
darff aber nicht weit lesen, so wird man gewahr,
daß es ein blosser Roman sey, der dem Hause Este
mit zu Ehren geschrieben. Mr. corneille
hat sich in dem Trauer-Spiel, so er von Attila
gemacht, bey alle dem Recht, das sonst die Poe-
ten haben, nicht so grosser Freyheit bedienet, als
der Autor dieses Buchs, das er doch für eine Hi-
storie ausgiebet.
5 Siehe bey vorhergehendem §. not. 7.
6 priscvs p. 37. B. Edecon, uir Scytha, qui
maximas res in bello gesserat, uenit iterum lega-
tus cum Oreste. Hic genere Romanus, Paconiam
regionem, ad Saum sitam, incolebat, quae ex
foedere inito cum Aetio Romanorum occidentali-

[Ende Spaltensatz]
um duce,
Neundtes Buch. Geſchichte der Teutſchen,

XXIII. Dieſer iſt der Attila1, der eine Zeitlang das Schrecken von
Attilae Ge-
ſchlecht, Hof
und Characteꝛ.
Europa geweſen. So weit auch damals ſein Name in der Welt erſchollen,
ſo dunckel iſt ietzund ſeine Hiſtorie2. Einige autores, ſo die alten Lieder von
ſeinen Thaten, welche bey den Hunnen und Teutſchen im Gebrauch geblie-
ben3, und vielleicht lange nach ihm erſt gemacht worden, bey ihren Erzehlun-
gen zum Grunde geleget, oder wohl gar allerhand Umſtaͤnde ſelbſt erdichtet,
haben ſie faſt in einen Roman verwandelt4. Zu gutem Gluͤck ſind noch eini-
ge Stuͤcke aus prisci (der an Attilae Hof als Geſandter vom Kaͤiſer
Theodoſio geweſen) Gothiſcher Hiſtorie uͤbrig geblieben, aus welcher wir
die zuverlaͤßigſte Nachricht nehmen koͤnnen. Was ſein Geſchlecht anbetrifft,
ſo ruͤhmet er deſſelben Adel und Hoheit ſelbſt bey prisco5.
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worden, und erſtreckte ſich uͤber die Oſt-Gothen, und viele andere Teut-
ſche und Sarmatiſche Voͤlcker, die vormals unter derſelben Herrſchafft ge-
ſtanden, von der Donau und dem Schwartzen-Meer ziemlich tief gegen Nor-
den. Doch hatte er auch einen groſſen Strich Landes zur Lincken des gedachten
6

Fluſſes:
[Beginn Spaltensatz] rei cura ab imperatore erat demandata. Ex quo,
qui antiquas, & a maioribus acceptas diuitias
poſſidebant, mundum uxorum, & pretioſam ſuam
ſuppellectilem, in foro palam & publice uenum
exponebant. Ab hoc bello, tam atrox, & acerba
calamitas Romanos excepit, ut multi ſibi uiolentas
manus attulerint, aut aptato collo laqueo, uitam
finierint.
1 §. XXIII. 1. Bey prisco wird er allemal
Attilas genennet. otrokocsi meynet in origi-
nibus Hungaricis P. II. p.
39. in der Hunniſchen
Sprache habe er Athila geheiſſen, welches Wort
ſo viel als magnas bedeutet: und ſey der Name
noch bey den Ungarn gebraͤuchlich, wuͤrde aber an
ſtat Athel, Atzel ausgeſprochen. Jn den aͤltern
Teutſchen Geſaͤngen und Chronicken wird Attila
Koͤnig Etzel genennet.
2 nicolavs olahvs, Ertz-Biſchoff von
Grau, ein gelehrter Praͤlat, hat Attilae Leben
beſchrieben; aber ebenfalls nicht die rechten Nach-
richten gehabt. sabellicvs iſt einer von den
Haupt-Autorn, auf welche er ſich beruffet. Er be-
ziehet ſich zugleich auf alte Lieder, und ein altes
chronicon Hungaricum; aber die Proben ſo er
daraus anfuͤhret, zeigen zur Gnuͤge, daß ſelbiges
muͤſſe voller Fabeln geweſen ſeyn. philippvs
callimachvs
hat, was er von Attila geſchrie-
ben, aus olaho genommen. Es wird noch ein iv-
vencvs caelivs callanvs dal-
mata
de vita Attilae
geruͤhmet: von welchem
Herr fabricivs in bibliotheca Latina p. 702.
[Spaltenumbruch] Nachricht giebt, und anmercket, daß ſelbiges Buch
zu Jngolſtadt 1604. in 4to, gedruckt ſey.
3 lazivs de migrationibus gentium ge-
denckt p. 603. einiger alten Teutſchen Geſaͤnge,
ſo von Attilae Thaten gemacht worden, und otro-
kocsi
berufft ſich hin und wieder auf dergleichen
alte Ungariſche Lieder: unter andern P. I. p. 133.
4 La guerra d’ Attila flagello di dio, tratta
dallo archivo dei prencipi d’ Eſti.
Ferrara 1568.
4to.
Es wird zwar in der Vorrede geſagt, daß des
Patriarchen von Aquileja, Nicetae, Secretarius
thomas, dieſe Hiſtorie Lateiniſch aufgeſetzt,
nicolavs la casola aber, ein Bologneſer,
in die Provenzal-Sprache uͤberſetzet, und Boniſacio
von Eſte zugeſchrieben: daraus nachmals dieſe J-
taliaͤniſche Uberſetzung gemacht worden. Man
darff aber nicht weit leſen, ſo wird man gewahr,
daß es ein bloſſer Roman ſey, der dem Hauſe Eſte
mit zu Ehren geſchrieben. Mr. corneille
hat ſich in dem Trauer-Spiel, ſo er von Attila
gemacht, bey alle dem Recht, das ſonſt die Poe-
ten haben, nicht ſo groſſer Freyheit bedienet, als
der Autor dieſes Buchs, das er doch fuͤr eine Hi-
ſtorie ausgiebet.
5 Siehe bey vorhergehendem §. not. 7.
6 priscvs p. 37. B. Edecon, uir Scytha, qui
maximas res in bello geſſerat, uenit iterum lega-
tus cum Oreſte. Hic genere Romanus, Paconiam
regionem, ad Saum ſitam, incolebat, quae ex
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[424/0458] Neundtes Buch. Geſchichte der Teutſchen, XXIII. Dieſer iſt der Attila 1, der eine Zeitlang das Schrecken von Europa geweſen. So weit auch damals ſein Name in der Welt erſchollen, ſo dunckel iſt ietzund ſeine Hiſtorie 2. Einige autores, ſo die alten Lieder von ſeinen Thaten, welche bey den Hunnen und Teutſchen im Gebrauch geblie- ben 3, und vielleicht lange nach ihm erſt gemacht worden, bey ihren Erzehlun- gen zum Grunde geleget, oder wohl gar allerhand Umſtaͤnde ſelbſt erdichtet, haben ſie faſt in einen Roman verwandelt 4. Zu gutem Gluͤck ſind noch eini- ge Stuͤcke aus prisci (der an Attilae Hof als Geſandter vom Kaͤiſer Theodoſio geweſen) Gothiſcher Hiſtorie uͤbrig geblieben, aus welcher wir die zuverlaͤßigſte Nachricht nehmen koͤnnen. Was ſein Geſchlecht anbetrifft, ſo ruͤhmet er deſſelben Adel und Hoheit ſelbſt bey prisco 5. Die Hunniſche Macht war nach ſeines Bruders Tod unter ihm vereiniget worden, und erſtreckte ſich uͤber die Oſt-Gothen, und viele andere Teut- ſche und Sarmatiſche Voͤlcker, die vormals unter derſelben Herrſchafft ge- ſtanden, von der Donau und dem Schwartzen-Meer ziemlich tief gegen Nor- den. Doch hatte er auch einen groſſen Strich Landes zur Lincken des gedachten Fluſſes: 8 6 Attilae Ge- ſchlecht, Hof und Characteꝛ. 1 §. XXIII. 1. Bey prisco wird er allemal Attilas genennet. otrokocsi meynet in origi- nibus Hungaricis P. II. p. 39. in der Hunniſchen Sprache habe er Athila geheiſſen, welches Wort ſo viel als magnas bedeutet: und ſey der Name noch bey den Ungarn gebraͤuchlich, wuͤrde aber an ſtat Athel, Atzel ausgeſprochen. Jn den aͤltern Teutſchen Geſaͤngen und Chronicken wird Attila Koͤnig Etzel genennet. 2 nicolavs olahvs, Ertz-Biſchoff von Grau, ein gelehrter Praͤlat, hat Attilae Leben beſchrieben; aber ebenfalls nicht die rechten Nach- richten gehabt. sabellicvs iſt einer von den Haupt-Autorn, auf welche er ſich beruffet. Er be- ziehet ſich zugleich auf alte Lieder, und ein altes chronicon Hungaricum; aber die Proben ſo er daraus anfuͤhret, zeigen zur Gnuͤge, daß ſelbiges muͤſſe voller Fabeln geweſen ſeyn. philippvs callimachvs hat, was er von Attila geſchrie- ben, aus olaho genommen. Es wird noch ein iv- vencvs caelivs callanvs dal- mata de vita Attilae geruͤhmet: von welchem Herr fabricivs in bibliotheca Latina p. 702. Nachricht giebt, und anmercket, daß ſelbiges Buch zu Jngolſtadt 1604. in 4to, gedruckt ſey. 3 lazivs de migrationibus gentium ge- denckt p. 603. einiger alten Teutſchen Geſaͤnge, ſo von Attilae Thaten gemacht worden, und otro- kocsi berufft ſich hin und wieder auf dergleichen alte Ungariſche Lieder: unter andern P. I. p. 133. 4 La guerra d’ Attila flagello di dio, tratta dallo archivo dei prencipi d’ Eſti. Ferrara 1568. 4to. Es wird zwar in der Vorrede geſagt, daß des Patriarchen von Aquileja, Nicetae, Secretarius thomas, dieſe Hiſtorie Lateiniſch aufgeſetzt, nicolavs la casola aber, ein Bologneſer, in die Provenzal-Sprache uͤberſetzet, und Boniſacio von Eſte zugeſchrieben: daraus nachmals dieſe J- taliaͤniſche Uberſetzung gemacht worden. Man darff aber nicht weit leſen, ſo wird man gewahr, daß es ein bloſſer Roman ſey, der dem Hauſe Eſte mit zu Ehren geſchrieben. Mr. corneille hat ſich in dem Trauer-Spiel, ſo er von Attila gemacht, bey alle dem Recht, das ſonſt die Poe- ten haben, nicht ſo groſſer Freyheit bedienet, als der Autor dieſes Buchs, das er doch fuͤr eine Hi- ſtorie ausgiebet. 5 Siehe bey vorhergehendem §. not. 7. 8 rei cura ab imperatore erat demandata. Ex quo, qui antiquas, & a maioribus acceptas diuitias poſſidebant, mundum uxorum, & pretioſam ſuam ſuppellectilem, in foro palam & publice uenum exponebant. Ab hoc bello, tam atrox, & acerba calamitas Romanos excepit, ut multi ſibi uiolentas manus attulerint, aut aptato collo laqueo, uitam finierint. 6 priscvs p. 37. B. Edecon, uir Scytha, qui maximas res in bello geſſerat, uenit iterum lega- tus cum Oreſte. Hic genere Romanus, Paconiam regionem, ad Saum ſitam, incolebat, quae ex foedere inito cum Aëtio Romanorum occidentali- um duce,

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Zitationshilfe: Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mascov_geschichte01_1726/458>, abgerufen am 22.11.2024.