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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894.

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als geliehenes Kapital erscheint, ist immer Kapital, das sich in
einer bestimmten Phase des Reproduktionsprocesses befindet, aber
durch Kauf und Verkauf aus einer Hand in die andre übergeht,
während das Aequivalent dafür dem Käufer erst später zu be-
dungner Frist gezahlt wird. Z. B. die Baumwolle geht gegen
Wechsel in die Hand des Spinners über, das Garn gegen Wechsel
in die Hand des Kattunfabrikanten, der Kattun gegen Wechsel in
die Hand des Kaufmanns, aus dessen Hand gegen Wechsel in die
des Exporteurs, aus der Hand des Exporteurs gegen Wechsel in
die eines Kaufmanns in Indien, der ihn verkauft und dafür Indigo
kauft u. s. w. Während dieses Uebergangs aus einer Hand in die
andre vollzieht die Baumwolle ihre Verwandlung in Kattun, und
der Kattun wird schliesslich nach Indien transportirt und aus-
getauscht gegen Indigo, der nach Europa verschifft wird und dort
wieder in die Reproduktion eingeht. Die verschiednen Phasen des
Reproduktionsprocesses sind hier vermittelt durch den Kredit, ohne
dass der Spinner die Baumwolle, der Kattunfabrikant das Garn,
der Kaufmann den Kattun etc. gezahlt hat. In den ersten Akten
des Vorgangs geht die Waare: Baumwolle durch ihre verschiednen
Produktionsphasen, und dieser Uebergang wird vermittelt durch
den Kredit. Aber sobald die Baumwolle in der Produktion ihre
letzte Form als Waare erhalten hat, geht dasselbe Waarenkapital
nur noch durch die Hände verschiedner Kaufleute, die den Trans-
port zum entlegnen Markt vermitteln, und deren letzter sie schliess-
lich an den Konsumenten verkauft und andre Waare dafür ein-
kauft, die entweder in die Konsumtion eingeht oder in den Repro-
duktionsprocess. Es sind also hier zwei Abschnitte zu unterscheiden:
im ersten vermittelt der Kredit die wirklichen successiven Phasen
in der Produktion desselben Artikels; im zweiten bloss den Ueber-
gang aus der Hand eines Kaufmanns in die des andern, der den
Transport einschliesst, also den Akt W--G. Aber auch hier be-
findet sich die Waare wenigstens immer im Cirkulationsakt, also
in einer Phase des Reproduktionsprocesses.

Was demnach hier verliehen wird, ist nie unbeschäftigtes Kapital,
sondern Kapital, das in der Hand seines Besitzers seine Form
ändern muss, das in einer Form existirt, worin es für ihn blosses
Waarenkapital ist, d. h. Kapital, das rückverwandelt, und zwar
wenigstens zunächst in Geld umgesetzt werden muss. Es ist somit
die Metamorphose der Waare, die hier durch den Kredit vermittelt
wird; nicht nur W--G, sondern auch G--W und der wirkliche
Produktionsprocess. Viel Kredit innerhalb des reproduktiven Kreis-

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als geliehenes Kapital erscheint, ist immer Kapital, das sich in
einer bestimmten Phase des Reproduktionsprocesses befindet, aber
durch Kauf und Verkauf aus einer Hand in die andre übergeht,
während das Aequivalent dafür dem Käufer erst später zu be-
dungner Frist gezahlt wird. Z. B. die Baumwolle geht gegen
Wechsel in die Hand des Spinners über, das Garn gegen Wechsel
in die Hand des Kattunfabrikanten, der Kattun gegen Wechsel in
die Hand des Kaufmanns, aus dessen Hand gegen Wechsel in die
des Exporteurs, aus der Hand des Exporteurs gegen Wechsel in
die eines Kaufmanns in Indien, der ihn verkauft und dafür Indigo
kauft u. s. w. Während dieses Uebergangs aus einer Hand in die
andre vollzieht die Baumwolle ihre Verwandlung in Kattun, und
der Kattun wird schliesslich nach Indien transportirt und aus-
getauscht gegen Indigo, der nach Europa verschifft wird und dort
wieder in die Reproduktion eingeht. Die verschiednen Phasen des
Reproduktionsprocesses sind hier vermittelt durch den Kredit, ohne
dass der Spinner die Baumwolle, der Kattunfabrikant das Garn,
der Kaufmann den Kattun etc. gezahlt hat. In den ersten Akten
des Vorgangs geht die Waare: Baumwolle durch ihre verschiednen
Produktionsphasen, und dieser Uebergang wird vermittelt durch
den Kredit. Aber sobald die Baumwolle in der Produktion ihre
letzte Form als Waare erhalten hat, geht dasselbe Waarenkapital
nur noch durch die Hände verschiedner Kaufleute, die den Trans-
port zum entlegnen Markt vermitteln, und deren letzter sie schliess-
lich an den Konsumenten verkauft und andre Waare dafür ein-
kauft, die entweder in die Konsumtion eingeht oder in den Repro-
duktionsprocess. Es sind also hier zwei Abschnitte zu unterscheiden:
im ersten vermittelt der Kredit die wirklichen successiven Phasen
in der Produktion desselben Artikels; im zweiten bloss den Ueber-
gang aus der Hand eines Kaufmanns in die des andern, der den
Transport einschliesst, also den Akt W—G. Aber auch hier be-
findet sich die Waare wenigstens immer im Cirkulationsakt, also
in einer Phase des Reproduktionsprocesses.

Was demnach hier verliehen wird, ist nie unbeschäftigtes Kapital,
sondern Kapital, das in der Hand seines Besitzers seine Form
ändern muss, das in einer Form existirt, worin es für ihn blosses
Waarenkapital ist, d. h. Kapital, das rückverwandelt, und zwar
wenigstens zunächst in Geld umgesetzt werden muss. Es ist somit
die Metamorphose der Waare, die hier durch den Kredit vermittelt
wird; nicht nur W—G, sondern auch G—W und der wirkliche
Produktionsprocess. Viel Kredit innerhalb des reproduktiven Kreis-

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[19/0028] als geliehenes Kapital erscheint, ist immer Kapital, das sich in einer bestimmten Phase des Reproduktionsprocesses befindet, aber durch Kauf und Verkauf aus einer Hand in die andre übergeht, während das Aequivalent dafür dem Käufer erst später zu be- dungner Frist gezahlt wird. Z. B. die Baumwolle geht gegen Wechsel in die Hand des Spinners über, das Garn gegen Wechsel in die Hand des Kattunfabrikanten, der Kattun gegen Wechsel in die Hand des Kaufmanns, aus dessen Hand gegen Wechsel in die des Exporteurs, aus der Hand des Exporteurs gegen Wechsel in die eines Kaufmanns in Indien, der ihn verkauft und dafür Indigo kauft u. s. w. Während dieses Uebergangs aus einer Hand in die andre vollzieht die Baumwolle ihre Verwandlung in Kattun, und der Kattun wird schliesslich nach Indien transportirt und aus- getauscht gegen Indigo, der nach Europa verschifft wird und dort wieder in die Reproduktion eingeht. Die verschiednen Phasen des Reproduktionsprocesses sind hier vermittelt durch den Kredit, ohne dass der Spinner die Baumwolle, der Kattunfabrikant das Garn, der Kaufmann den Kattun etc. gezahlt hat. In den ersten Akten des Vorgangs geht die Waare: Baumwolle durch ihre verschiednen Produktionsphasen, und dieser Uebergang wird vermittelt durch den Kredit. Aber sobald die Baumwolle in der Produktion ihre letzte Form als Waare erhalten hat, geht dasselbe Waarenkapital nur noch durch die Hände verschiedner Kaufleute, die den Trans- port zum entlegnen Markt vermitteln, und deren letzter sie schliess- lich an den Konsumenten verkauft und andre Waare dafür ein- kauft, die entweder in die Konsumtion eingeht oder in den Repro- duktionsprocess. Es sind also hier zwei Abschnitte zu unterscheiden: im ersten vermittelt der Kredit die wirklichen successiven Phasen in der Produktion desselben Artikels; im zweiten bloss den Ueber- gang aus der Hand eines Kaufmanns in die des andern, der den Transport einschliesst, also den Akt W—G. Aber auch hier be- findet sich die Waare wenigstens immer im Cirkulationsakt, also in einer Phase des Reproduktionsprocesses. Was demnach hier verliehen wird, ist nie unbeschäftigtes Kapital, sondern Kapital, das in der Hand seines Besitzers seine Form ändern muss, das in einer Form existirt, worin es für ihn blosses Waarenkapital ist, d. h. Kapital, das rückverwandelt, und zwar wenigstens zunächst in Geld umgesetzt werden muss. Es ist somit die Metamorphose der Waare, die hier durch den Kredit vermittelt wird; nicht nur W—G, sondern auch G—W und der wirkliche Produktionsprocess. Viel Kredit innerhalb des reproduktiven Kreis- 2*

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/28>, abgerufen am 19.04.2024.