derungsreihe statt. Die Forderung, z. B. des Spinners an den Weber wird nicht saldirt durch die Forderung des Kohlenlieferanten an den Maschinenbauer; der Spinner hat nie in seinem Geschäft Gegen- forderungen auf den Maschinenbauer zu machen, weil sein Produkt, Garn, nie als Element in dessen Reproduktionsprocess eingeht. Solche Forderungen müssen daher durch Geld ausgeglichen werden.
Die Grenzen für diesen kommerciellen Kredit, für sich betrachtet sind 1) der Reichthum der Industriellen und Kaufleute, d. h. ihre Verfügung über Reservekapital im Fall verzögerter Rückflüsse; 2) diese Rückflüsse selbst. Diese können der Zeit nach verzögert werden, oder die Waarenpreise können in der Zwischenzeit fallen, oder die Waare kann momentan unverkäuflich werden bei Stockung der Märkte. Je langsichtiger die Wechsel, desto grösser muss erstens das Reservekapital sein und desto grösser ist die Möglich- keit einer Schmälerung oder Verspätung des Rückflusses durch Preisfall oder Ueberführung der Märkte. Und ferner sind die Retouren um so unsicherer, je mehr die ursprüngliche Transaktion durch Spekulation auf Steigen oder Fallen der Waarenpreise be- dingt war. Es ist aber klar, dass mit der Entwicklung der Pro- duktivkraft der Arbeit, und daher der Produktion auf grosser Stufenleiter, 1) die Märkte sich ausdehnen und vom Produktions- ort sich entfernen, 2) daher die Kredite sich verlängern müssen, und also 3) das spekulative Element mehr und mehr die Trans- aktionen beherrschen muss. Die Produktion auf grosser Stufenleiter und für entfernte Märkte wirft das Gesammtprodukt in die Hand des Handels; es ist aber unmöglich, dass sich das Kapital der Nation verdopple, sodass der Handel für sich fähig wäre, mit eignem Kapital das gesammte nationale Produkt aufzukaufen und wieder zu verkaufen. Kredit ist hier also unerlässlich; Kredit, dem Umfang nach wachsend mit dem wachsenden Werthumfang der Produktion, und der Zeitdauer nach mit der zunehmenden Ent- fernung der Märkte. Es findet hier Wechselwirkung statt. Die Entwicklung des Produktionsprocesses erweitert den Kredit, und der Kredit führt zur Ausdehnung der industriellen und merkantilen Operationen.
Betrachten wir diesen Kredit, getrennt vom Bankierkredit, so ist klar, dass er wächst mit dem Umfang des industriellen Kapitals selbst. Leihkapital und industrielles Kapital sind hier identisch; die geliehenen Kapitale sind Waarenkapitale, bestimmt entweder für schliessliche individuelle Konsumtion, oder zum Ersatz der konstanten Elemente von produktivem Kapital. Was hier also
derungsreihe statt. Die Forderung, z. B. des Spinners an den Weber wird nicht saldirt durch die Forderung des Kohlenlieferanten an den Maschinenbauer; der Spinner hat nie in seinem Geschäft Gegen- forderungen auf den Maschinenbauer zu machen, weil sein Produkt, Garn, nie als Element in dessen Reproduktionsprocess eingeht. Solche Forderungen müssen daher durch Geld ausgeglichen werden.
Die Grenzen für diesen kommerciellen Kredit, für sich betrachtet sind 1) der Reichthum der Industriellen und Kaufleute, d. h. ihre Verfügung über Reservekapital im Fall verzögerter Rückflüsse; 2) diese Rückflüsse selbst. Diese können der Zeit nach verzögert werden, oder die Waarenpreise können in der Zwischenzeit fallen, oder die Waare kann momentan unverkäuflich werden bei Stockung der Märkte. Je langsichtiger die Wechsel, desto grösser muss erstens das Reservekapital sein und desto grösser ist die Möglich- keit einer Schmälerung oder Verspätung des Rückflusses durch Preisfall oder Ueberführung der Märkte. Und ferner sind die Retouren um so unsicherer, je mehr die ursprüngliche Transaktion durch Spekulation auf Steigen oder Fallen der Waarenpreise be- dingt war. Es ist aber klar, dass mit der Entwicklung der Pro- duktivkraft der Arbeit, und daher der Produktion auf grosser Stufenleiter, 1) die Märkte sich ausdehnen und vom Produktions- ort sich entfernen, 2) daher die Kredite sich verlängern müssen, und also 3) das spekulative Element mehr und mehr die Trans- aktionen beherrschen muss. Die Produktion auf grosser Stufenleiter und für entfernte Märkte wirft das Gesammtprodukt in die Hand des Handels; es ist aber unmöglich, dass sich das Kapital der Nation verdopple, sodass der Handel für sich fähig wäre, mit eignem Kapital das gesammte nationale Produkt aufzukaufen und wieder zu verkaufen. Kredit ist hier also unerlässlich; Kredit, dem Umfang nach wachsend mit dem wachsenden Werthumfang der Produktion, und der Zeitdauer nach mit der zunehmenden Ent- fernung der Märkte. Es findet hier Wechselwirkung statt. Die Entwicklung des Produktionsprocesses erweitert den Kredit, und der Kredit führt zur Ausdehnung der industriellen und merkantilen Operationen.
Betrachten wir diesen Kredit, getrennt vom Bankierkredit, so ist klar, dass er wächst mit dem Umfang des industriellen Kapitals selbst. Leihkapital und industrielles Kapital sind hier identisch; die geliehenen Kapitale sind Waarenkapitale, bestimmt entweder für schliessliche individuelle Konsumtion, oder zum Ersatz der konstanten Elemente von produktivem Kapital. Was hier also
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derungsreihe statt. Die Forderung, z. B. des Spinners an den
Weber wird nicht saldirt durch die Forderung des Kohlenlieferanten
an den Maschinenbauer; der Spinner hat nie in seinem Geschäft Gegen-
forderungen auf den Maschinenbauer zu machen, weil sein Produkt,
Garn, nie als Element in dessen Reproduktionsprocess eingeht. Solche
Forderungen müssen daher durch Geld ausgeglichen werden.
Die Grenzen für diesen kommerciellen Kredit, für sich betrachtet
sind 1) der Reichthum der Industriellen und Kaufleute, d. h. ihre
Verfügung über Reservekapital im Fall verzögerter Rückflüsse;
2) diese Rückflüsse selbst. Diese können der Zeit nach verzögert
werden, oder die Waarenpreise können in der Zwischenzeit fallen,
oder die Waare kann momentan unverkäuflich werden bei Stockung
der Märkte. Je langsichtiger die Wechsel, desto grösser muss
erstens das Reservekapital sein und desto grösser ist die Möglich-
keit einer Schmälerung oder Verspätung des Rückflusses durch
Preisfall oder Ueberführung der Märkte. Und ferner sind die
Retouren um so unsicherer, je mehr die ursprüngliche Transaktion
durch Spekulation auf Steigen oder Fallen der Waarenpreise be-
dingt war. Es ist aber klar, dass mit der Entwicklung der Pro-
duktivkraft der Arbeit, und daher der Produktion auf grosser
Stufenleiter, 1) die Märkte sich ausdehnen und vom Produktions-
ort sich entfernen, 2) daher die Kredite sich verlängern müssen,
und also 3) das spekulative Element mehr und mehr die Trans-
aktionen beherrschen muss. Die Produktion auf grosser Stufenleiter
und für entfernte Märkte wirft das Gesammtprodukt in die Hand
des Handels; es ist aber unmöglich, dass sich das Kapital der
Nation verdopple, sodass der Handel für sich fähig wäre, mit
eignem Kapital das gesammte nationale Produkt aufzukaufen und
wieder zu verkaufen. Kredit ist hier also unerlässlich; Kredit, dem
Umfang nach wachsend mit dem wachsenden Werthumfang der
Produktion, und der Zeitdauer nach mit der zunehmenden Ent-
fernung der Märkte. Es findet hier Wechselwirkung statt. Die
Entwicklung des Produktionsprocesses erweitert den Kredit, und
der Kredit führt zur Ausdehnung der industriellen und merkantilen
Operationen.
Betrachten wir diesen Kredit, getrennt vom Bankierkredit, so
ist klar, dass er wächst mit dem Umfang des industriellen Kapitals
selbst. Leihkapital und industrielles Kapital sind hier identisch;
die geliehenen Kapitale sind Waarenkapitale, bestimmt entweder
für schliessliche individuelle Konsumtion, oder zum Ersatz der
konstanten Elemente von produktivem Kapital. Was hier also
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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/27>, abgerufen am 16.02.2025.
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