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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894.

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sein muss, durch den Schein hindurch das innere Wesen und die
innere Gestalt dieses Processes zu erkennen.

Alle im ersten Abschnitt entwickelten Gesetze über Steigen und
Fallen der Profitrate haben in der That die folgende doppelte Be-
deutung:

1) Einerseits sind sie die Gesetze der allgemeinen Profitrate.
Bei den vielen verschiednen Ursachen, welche nach dem Entwickelten
die Profitrate steigen oder fallen machen, sollte man glauben, dass
die allgemeine Profitrate jeden Tag wechseln müsste. Aber die
Bewegung in einer Produktionssphäre wird die in der andern auf-
heben, die Einflüsse kreuzen und paralysiren sich. Wir werden
später untersuchen, nach welcher Seite die Schwankungen in letzter
Instanz hinstreben; aber sie sind langsam; die Plötzlichkeit, Viel-
seitigkeit und verschiedne Dauer der Schwankungen in den einzelnen
Produktionssphären macht, dass sie sich zum Theil in ihrer Reihen-
folge in der Zeit kompensiren, sodass Preisfall auf Preissteigerung
folgt und umgekehrt, dass sie also lokal, d. h. auf die besondre
Produktionssphäre beschränkt bleiben; endlich dass die verschiednen
lokalen Schwankungen sich wechselseitig neutralisiren. Es finden
innerhalb jeder besondren Produktionssphäre Wechsel statt, Ab-
weichungen von der allgemeinen Profitrate, die sich einerseits in
einem bestimmten Zeitraum ausgleichen und daher nicht auf die
allgemeine Profitrate zurückwirken; und die andrerseits wieder
nicht auf sie zurückwirken, weil sie durch andre gleichzeitige lo-
kale Schwankungen aufgehoben werden. Da die allgemeine Profit-
rate bestimmt ist nicht nur durch die Durchschnittsprofitrate in
jeder Sphäre, sondern auch durch die Vertheilung des Gesammt-
kapitals auf die verschiednen besondren Sphären, und da diese
Vertheilung beständig wechselt, so ist dies wieder eine beständige
Ursache des Wechsels in der allgemeinen Profitrate -- aber eine Ur-
sache des Wechsels, die wiederum, bei der Unterbrochenheit und All-
seitigkeit dieser Bewegung, grossentheils sich selbst wieder paralysirt.

2) Innerhalb jeder Sphäre ist ein Spielraum gegeben für kürzere
oder längere Epoche, wo die Profitrate dieser Sphäre schwankt,
bevor sich dies Schwanken, nach Steigen oder Fallen, hinreichend
konsolidirt um Zeit zu gewinnen zur Einwirkung auf die allgemeine
Profitrate, und daher zur Erreichung von mehr als lokaler
Bedeutung. Innerhalb solcher räumlichen und zeitlichen Grenzen
gelten daher ebenfalls die im ersten Abschnitt dieses Buchs ent-
wickelten Gesetze der Profitrate.

Die theoretische Ansicht -- bei der ersten Verwandlung des

sein muss, durch den Schein hindurch das innere Wesen und die
innere Gestalt dieses Processes zu erkennen.

Alle im ersten Abschnitt entwickelten Gesetze über Steigen und
Fallen der Profitrate haben in der That die folgende doppelte Be-
deutung:

1) Einerseits sind sie die Gesetze der allgemeinen Profitrate.
Bei den vielen verschiednen Ursachen, welche nach dem Entwickelten
die Profitrate steigen oder fallen machen, sollte man glauben, dass
die allgemeine Profitrate jeden Tag wechseln müsste. Aber die
Bewegung in einer Produktionssphäre wird die in der andern auf-
heben, die Einflüsse kreuzen und paralysiren sich. Wir werden
später untersuchen, nach welcher Seite die Schwankungen in letzter
Instanz hinstreben; aber sie sind langsam; die Plötzlichkeit, Viel-
seitigkeit und verschiedne Dauer der Schwankungen in den einzelnen
Produktionssphären macht, dass sie sich zum Theil in ihrer Reihen-
folge in der Zeit kompensiren, sodass Preisfall auf Preissteigerung
folgt und umgekehrt, dass sie also lokal, d. h. auf die besondre
Produktionssphäre beschränkt bleiben; endlich dass die verschiednen
lokalen Schwankungen sich wechselseitig neutralisiren. Es finden
innerhalb jeder besondren Produktionssphäre Wechsel statt, Ab-
weichungen von der allgemeinen Profitrate, die sich einerseits in
einem bestimmten Zeitraum ausgleichen und daher nicht auf die
allgemeine Profitrate zurückwirken; und die andrerseits wieder
nicht auf sie zurückwirken, weil sie durch andre gleichzeitige lo-
kale Schwankungen aufgehoben werden. Da die allgemeine Profit-
rate bestimmt ist nicht nur durch die Durchschnittsprofitrate in
jeder Sphäre, sondern auch durch die Vertheilung des Gesammt-
kapitals auf die verschiednen besondren Sphären, und da diese
Vertheilung beständig wechselt, so ist dies wieder eine beständige
Ursache des Wechsels in der allgemeinen Profitrate — aber eine Ur-
sache des Wechsels, die wiederum, bei der Unterbrochenheit und All-
seitigkeit dieser Bewegung, grossentheils sich selbst wieder paralysirt.

2) Innerhalb jeder Sphäre ist ein Spielraum gegeben für kürzere
oder längere Epoche, wo die Profitrate dieser Sphäre schwankt,
bevor sich dies Schwanken, nach Steigen oder Fallen, hinreichend
konsolidirt um Zeit zu gewinnen zur Einwirkung auf die allgemeine
Profitrate, und daher zur Erreichung von mehr als lokaler
Bedeutung. Innerhalb solcher räumlichen und zeitlichen Grenzen
gelten daher ebenfalls die im ersten Abschnitt dieses Buchs ent-
wickelten Gesetze der Profitrate.

Die theoretische Ansicht — bei der ersten Verwandlung des

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[148/0182] sein muss, durch den Schein hindurch das innere Wesen und die innere Gestalt dieses Processes zu erkennen. Alle im ersten Abschnitt entwickelten Gesetze über Steigen und Fallen der Profitrate haben in der That die folgende doppelte Be- deutung: 1) Einerseits sind sie die Gesetze der allgemeinen Profitrate. Bei den vielen verschiednen Ursachen, welche nach dem Entwickelten die Profitrate steigen oder fallen machen, sollte man glauben, dass die allgemeine Profitrate jeden Tag wechseln müsste. Aber die Bewegung in einer Produktionssphäre wird die in der andern auf- heben, die Einflüsse kreuzen und paralysiren sich. Wir werden später untersuchen, nach welcher Seite die Schwankungen in letzter Instanz hinstreben; aber sie sind langsam; die Plötzlichkeit, Viel- seitigkeit und verschiedne Dauer der Schwankungen in den einzelnen Produktionssphären macht, dass sie sich zum Theil in ihrer Reihen- folge in der Zeit kompensiren, sodass Preisfall auf Preissteigerung folgt und umgekehrt, dass sie also lokal, d. h. auf die besondre Produktionssphäre beschränkt bleiben; endlich dass die verschiednen lokalen Schwankungen sich wechselseitig neutralisiren. Es finden innerhalb jeder besondren Produktionssphäre Wechsel statt, Ab- weichungen von der allgemeinen Profitrate, die sich einerseits in einem bestimmten Zeitraum ausgleichen und daher nicht auf die allgemeine Profitrate zurückwirken; und die andrerseits wieder nicht auf sie zurückwirken, weil sie durch andre gleichzeitige lo- kale Schwankungen aufgehoben werden. Da die allgemeine Profit- rate bestimmt ist nicht nur durch die Durchschnittsprofitrate in jeder Sphäre, sondern auch durch die Vertheilung des Gesammt- kapitals auf die verschiednen besondren Sphären, und da diese Vertheilung beständig wechselt, so ist dies wieder eine beständige Ursache des Wechsels in der allgemeinen Profitrate — aber eine Ur- sache des Wechsels, die wiederum, bei der Unterbrochenheit und All- seitigkeit dieser Bewegung, grossentheils sich selbst wieder paralysirt. 2) Innerhalb jeder Sphäre ist ein Spielraum gegeben für kürzere oder längere Epoche, wo die Profitrate dieser Sphäre schwankt, bevor sich dies Schwanken, nach Steigen oder Fallen, hinreichend konsolidirt um Zeit zu gewinnen zur Einwirkung auf die allgemeine Profitrate, und daher zur Erreichung von mehr als lokaler Bedeutung. Innerhalb solcher räumlichen und zeitlichen Grenzen gelten daher ebenfalls die im ersten Abschnitt dieses Buchs ent- wickelten Gesetze der Profitrate. Die theoretische Ansicht — bei der ersten Verwandlung des

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0301_1894/182>, abgerufen am 28.03.2024.