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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

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also wie den Mehrwerth, den wir einstweilen nur als Konsumtionsfonds
des Kapitalisten betrachten, so den Fonds seiner eignen Zahlung, das va-
riable Kapital
, producirt, bevor es ihm in der Form des Arbeitslohns
zurückfliesst, und er wird nur so lang beschäftigt als er ihn beständig
reproducirt. Daher die im vorigen Kapitel erwähnte Formel der Oekono-
men, die das Salair als Antheil am Produkt selbst darstellt2). Es ist ein
Theil des vom Arbeiter selbst beständig reproducirten Produkts, das ihm
in der Form des Arbeitslohns beständig zurückfliesst. Der Kapitalist
zahlt ihm den Waarenwerth allerdings in Geld. Diess Geld ist aber nur
die verwandelte Form des Arbeitsprodukts oder vielmehr eines Theils des
Arbeitsprodukts. Während der Arbeiter einen Theil der Produktions-
mittel in Produkt verwandelt, rückverwandelt sich ein Theil seines früheren
Produkts in Geld. Es ist seine Arbeit von voriger Woche oder vom letz-
ten halben Jahr, womit seine Arbeit von heute oder vom nächsten halben
Jahr gezahlt wird. Die Illusion, welche die Geldform erzeugt, verschwin-
det sofort, sobald statt des einzelnen Kapitalisten und des einzelnen Ar-
beiters Kapitalistenklasse und Arbeiterklasse betrachtet werden. Die
Kapitalistenklasse giebt der Arbeiterklasse beständig in Geldform Anwei-
sungen auf einen Theil des von der letztern producirten und von der erstern
angeeigneten Produkts. Diese Anweisungen giebt der Arbeiter der Kapi-
talistenklasse ebenso beständig zurück und entzieht ihm damit den ihm
selbst zufallenden Theil seines eignen Produkts. Die Waarenform des
Produkts und die Geldform der Waare verkleiden die Transaktion.

Das variable Kapital ist also nur eine besondre histo-
rische Erscheinungsform
des Fonds von Lebensmitteln oder des
Arbeitsfonds, den der Arbeiter zu seiner Selbsterhaltung und Repro-
duktion bedarf, und den er in allen Systemen der gesellschaftlichen
Produktion stets selbst produciren und reproduciren muss. Der Arbeits-
fonds fliesst ihm nur beständig in Form von Zahlungsmitteln sei-
ner Arbeit zu, weil sein eignes Produkt sich beständig in der Form des

2) "Wages as well as profits are to be considered each of them as really a
portion of the finished product." (Ramsay l. c. p. 142.) "Der
Antheil an dem Produkt
, der dem Arbeiter unter der Form des Sa-
lairs
zukömmt." (J. Mill: "Elements etc. Uebers. von Parissot, Paris
1823", p. 34.)

also wie den Mehrwerth, den wir einstweilen nur als Konsumtionsfonds
des Kapitalisten betrachten, so den Fonds seiner eignen Zahlung, das va-
riable Kapital
, producirt, bevor es ihm in der Form des Arbeitslohns
zurückfliesst, und er wird nur so lang beschäftigt als er ihn beständig
reproducirt. Daher die im vorigen Kapitel erwähnte Formel der Oekono-
men, die das Salair als Antheil am Produkt selbst darstellt2). Es ist ein
Theil des vom Arbeiter selbst beständig reproducirten Produkts, das ihm
in der Form des Arbeitslohns beständig zurückfliesst. Der Kapitalist
zahlt ihm den Waarenwerth allerdings in Geld. Diess Geld ist aber nur
die verwandelte Form des Arbeitsprodukts oder vielmehr eines Theils des
Arbeitsprodukts. Während der Arbeiter einen Theil der Produktions-
mittel in Produkt verwandelt, rückverwandelt sich ein Theil seines früheren
Produkts in Geld. Es ist seine Arbeit von voriger Woche oder vom letz-
ten halben Jahr, womit seine Arbeit von heute oder vom nächsten halben
Jahr gezahlt wird. Die Illusion, welche die Geldform erzeugt, verschwin-
det sofort, sobald statt des einzelnen Kapitalisten und des einzelnen Ar-
beiters Kapitalistenklasse und Arbeiterklasse betrachtet werden. Die
Kapitalistenklasse giebt der Arbeiterklasse beständig in Geldform Anwei-
sungen auf einen Theil des von der letztern producirten und von der erstern
angeeigneten Produkts. Diese Anweisungen giebt der Arbeiter der Kapi-
talistenklasse ebenso beständig zurück und entzieht ihm damit den ihm
selbst zufallenden Theil seines eignen Produkts. Die Waarenform des
Produkts und die Geldform der Waare verkleiden die Transaktion.

Das variable Kapital ist also nur eine besondre histo-
rische Erscheinungsform
des Fonds von Lebensmitteln oder des
Arbeitsfonds, den der Arbeiter zu seiner Selbsterhaltung und Repro-
duktion bedarf, und den er in allen Systemen der gesellschaftlichen
Produktion stets selbst produciren und reproduciren muss. Der Arbeits-
fonds fliesst ihm nur beständig in Form von Zahlungsmitteln sei-
ner Arbeit zu, weil sein eignes Produkt sich beständig in der Form des

2) „Wages as well as profits are to be considered each of them as really a
portion of the finished product.“ (Ramsay l. c. p. 142.) „Der
Antheil an dem Produkt
, der dem Arbeiter unter der Form des Sa-
lairs
zukömmt.“ (J. Mill: „Elements etc. Uebers. von Parissot, Paris
1823“, p. 34.)
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[554/0573] also wie den Mehrwerth, den wir einstweilen nur als Konsumtionsfonds des Kapitalisten betrachten, so den Fonds seiner eignen Zahlung, das va- riable Kapital, producirt, bevor es ihm in der Form des Arbeitslohns zurückfliesst, und er wird nur so lang beschäftigt als er ihn beständig reproducirt. Daher die im vorigen Kapitel erwähnte Formel der Oekono- men, die das Salair als Antheil am Produkt selbst darstellt 2). Es ist ein Theil des vom Arbeiter selbst beständig reproducirten Produkts, das ihm in der Form des Arbeitslohns beständig zurückfliesst. Der Kapitalist zahlt ihm den Waarenwerth allerdings in Geld. Diess Geld ist aber nur die verwandelte Form des Arbeitsprodukts oder vielmehr eines Theils des Arbeitsprodukts. Während der Arbeiter einen Theil der Produktions- mittel in Produkt verwandelt, rückverwandelt sich ein Theil seines früheren Produkts in Geld. Es ist seine Arbeit von voriger Woche oder vom letz- ten halben Jahr, womit seine Arbeit von heute oder vom nächsten halben Jahr gezahlt wird. Die Illusion, welche die Geldform erzeugt, verschwin- det sofort, sobald statt des einzelnen Kapitalisten und des einzelnen Ar- beiters Kapitalistenklasse und Arbeiterklasse betrachtet werden. Die Kapitalistenklasse giebt der Arbeiterklasse beständig in Geldform Anwei- sungen auf einen Theil des von der letztern producirten und von der erstern angeeigneten Produkts. Diese Anweisungen giebt der Arbeiter der Kapi- talistenklasse ebenso beständig zurück und entzieht ihm damit den ihm selbst zufallenden Theil seines eignen Produkts. Die Waarenform des Produkts und die Geldform der Waare verkleiden die Transaktion. Das variable Kapital ist also nur eine besondre histo- rische Erscheinungsform des Fonds von Lebensmitteln oder des Arbeitsfonds, den der Arbeiter zu seiner Selbsterhaltung und Repro- duktion bedarf, und den er in allen Systemen der gesellschaftlichen Produktion stets selbst produciren und reproduciren muss. Der Arbeits- fonds fliesst ihm nur beständig in Form von Zahlungsmitteln sei- ner Arbeit zu, weil sein eignes Produkt sich beständig in der Form des 2) „Wages as well as profits are to be considered each of them as really a portion of the finished product.“ (Ramsay l. c. p. 142.) „Der Antheil an dem Produkt, der dem Arbeiter unter der Form des Sa- lairs zukömmt.“ (J. Mill: „Elements etc. Uebers. von Parissot, Paris 1823“, p. 34.)

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 554. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/573>, abgerufen am 22.11.2024.