erhält, erscheint ihm daher nothwendig als Wechsel im Werth oder Preis dieser 12 Arbeitsstunden. Dieser Umstand verleitete umgekehrt Adam Smith, der den Arbeitstag als eine constante Grösse behandelt29), zur Behauptung, der Werth der Arbeit sei constant, obgleich der Werth der Lebensmittel wechsle und derselbe Arbeitstag sich daher in mehr oder weniger Geld für den Arbeiter darstelle.
Nehmen wir andrerseits den Kapitalisten, so will er zwar möglichst viel Arbeit für möglichst wenig Geld erhalten. Praktisch interessirt ihn daher nur die Differenz zwischen dem Preis der Arbeitskraft und dem Werth, den ihre Funktion schafft. Aber er sucht alle Waare möglichst wohlfeil zu kaufen und erklärt sich überall seinen Profit aus der einfachen Prellerei, dem Verkauf über dem Werth. Er kommt daher nicht zur Einsicht, dass wenn so ein Ding wie Werth der Arbeit wirklich existirte, und er diesen Werth wirklich zahlte, kein Kapital existiren, sein Geld sich nicht in Kapital verwandeln würde.
Es kommt hinzu, dass die wirkliche Bewegung des Ar- beitslohns Phänomene zeigt, die zu beweisen scheinen, dass nicht der Werth der Arbeitskraft, sondern der Werth ihrer Funktion, der Arbeitselbst, bezahlt wird. Diese Phänomene können wir auf zwei grosse Klassen zurückführen. Erstens: Wechsel des Arbeitslohns mit wechselnder Länge des Arbeitstags. Man könnte eben so wohl schliessen, dass nicht der Werth der Maschine, sondern der ihrer Operation bezahlt wird, weil es mehr kostet eine Maschine für eine Woche als für einen Tag zu dingen. Zweitens: Der individuelle Unterschied in den Arbeitslöhnen verschiedner Arbeiter, welche dieselbe Funktion verrichten. Diesen indi- viduellen Unterschied findet man, aber ohne Anlass zu Illusionen, wieder im System der Sklaverei, wo frank und frei, ohne Schnörkel, die Ar- beitskraft selbst verkauft wird. Nur fällt der Vortheil einer Ar- beitskraft, die über dem Durchschnitt, oder der Nachtheil einer Arbeits- kraft, die unter dem Durchschnitt steht, im Sklavensystem dem Sklaven- eigner zu, im System der Lohnarbeit dem Arbeiter selbst, weil seine Ar- beitskraft in dem einen Fall von ihm selbst, in dem andern von einer dritten Person verkauft wird.
29) A. Smith spielt nur zufällig auf die Variation des Arbeitstags an bei seiner Behandlung des Stücklohns.
erhält, erscheint ihm daher nothwendig als Wechsel im Werth oder Preis dieser 12 Arbeitsstunden. Dieser Umstand verleitete umgekehrt Adam Smith, der den Arbeitstag als eine constante Grösse behandelt29), zur Behauptung, der Werth der Arbeit sei constant, obgleich der Werth der Lebensmittel wechsle und derselbe Arbeitstag sich daher in mehr oder weniger Geld für den Arbeiter darstelle.
Nehmen wir andrerseits den Kapitalisten, so will er zwar möglichst viel Arbeit für möglichst wenig Geld erhalten. Praktisch interessirt ihn daher nur die Differenz zwischen dem Preis der Arbeitskraft und dem Werth, den ihre Funktion schafft. Aber er sucht alle Waare möglichst wohlfeil zu kaufen und erklärt sich überall seinen Profit aus der einfachen Prellerei, dem Verkauf über dem Werth. Er kommt daher nicht zur Einsicht, dass wenn so ein Ding wie Werth der Arbeit wirklich existirte, und er diesen Werth wirklich zahlte, kein Kapital existiren, sein Geld sich nicht in Kapital verwandeln würde.
Es kommt hinzu, dass die wirkliche Bewegung des Ar- beitslohns Phänomene zeigt, die zu beweisen scheinen, dass nicht der Werth der Arbeitskraft, sondern der Werth ihrer Funktion, der Arbeitselbst, bezahlt wird. Diese Phänomene können wir auf zwei grosse Klassen zurückführen. Erstens: Wechsel des Arbeitslohns mit wechselnder Länge des Arbeitstags. Man könnte eben so wohl schliessen, dass nicht der Werth der Maschine, sondern der ihrer Operation bezahlt wird, weil es mehr kostet eine Maschine für eine Woche als für einen Tag zu dingen. Zweitens: Der individuelle Unterschied in den Arbeitslöhnen verschiedner Arbeiter, welche dieselbe Funktion verrichten. Diesen indi- viduellen Unterschied findet man, aber ohne Anlass zu Illusionen, wieder im System der Sklaverei, wo frank und frei, ohne Schnörkel, die Ar- beitskraft selbst verkauft wird. Nur fällt der Vortheil einer Ar- beitskraft, die über dem Durchschnitt, oder der Nachtheil einer Arbeits- kraft, die unter dem Durchschnitt steht, im Sklavensystem dem Sklaven- eigner zu, im System der Lohnarbeit dem Arbeiter selbst, weil seine Ar- beitskraft in dem einen Fall von ihm selbst, in dem andern von einer dritten Person verkauft wird.
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mehr oder weniger Geld für den Arbeiter darstelle.
Nehmen wir andrerseits den Kapitalisten, so will er zwar möglichst
viel Arbeit für möglichst wenig Geld erhalten. Praktisch interessirt ihn
daher nur die Differenz zwischen dem Preis der Arbeitskraft und dem
Werth, den ihre Funktion schafft. Aber er sucht alle Waare möglichst
wohlfeil zu kaufen und erklärt sich überall seinen Profit aus der einfachen
Prellerei, dem Verkauf über dem Werth. Er kommt daher nicht zur
Einsicht, dass wenn so ein Ding wie Werth der Arbeit wirklich
existirte, und er diesen Werth wirklich zahlte, kein Kapital existiren, sein
Geld sich nicht in Kapital verwandeln würde.
Es kommt hinzu, dass die wirkliche Bewegung des Ar-
beitslohns Phänomene zeigt, die zu beweisen scheinen, dass nicht der
Werth der Arbeitskraft, sondern der Werth ihrer Funktion, der
Arbeitselbst, bezahlt wird. Diese Phänomene können wir auf zwei
grosse Klassen zurückführen. Erstens: Wechsel des Arbeitslohns mit
wechselnder Länge des Arbeitstags. Man könnte eben so wohl schliessen,
dass nicht der Werth der Maschine, sondern der ihrer Operation bezahlt wird,
weil es mehr kostet eine Maschine für eine Woche als für einen Tag zu
dingen. Zweitens: Der individuelle Unterschied in den Arbeitslöhnen
verschiedner Arbeiter, welche dieselbe Funktion verrichten. Diesen indi-
viduellen Unterschied findet man, aber ohne Anlass zu Illusionen, wieder
im System der Sklaverei, wo frank und frei, ohne Schnörkel, die Ar-
beitskraft selbst verkauft wird. Nur fällt der Vortheil einer Ar-
beitskraft, die über dem Durchschnitt, oder der Nachtheil einer Arbeits-
kraft, die unter dem Durchschnitt steht, im Sklavensystem dem Sklaven-
eigner zu, im System der Lohnarbeit dem Arbeiter selbst, weil seine Ar-
beitskraft in dem einen Fall von ihm selbst, in dem andern von einer dritten
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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 528. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/547>, abgerufen am 22.11.2024.
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