Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

deren ein solches Arbeitsmittel dient, von dem Tag seines Eintritts in die
Werkstätte bis zum Tage seiner Verbannung in die Rumpelkammer, so ist
während dieser Periode sein Gebrauchswerth von der Arbeit vollständig
verzehrt worden, und sein Tauschwerth daher vollständig auf das Produkt
übergegangen. Hat eine Spinnmaschine z. B. in 10 Jahren ausgelebt, so
ist während des zehnjährigen Arbeitsprozesses ihr Gesammtwerth auf das
zehnjährige Produkt übergegangen. Die Lebensperiode eines Arbeitsmit-
tels umfängt also eine grössere oder kleinere Anzahl stets von neuem
mit ihm wiederholter Arbeitsprozesse. Und es geht dem Arbeitsmittel
wie dem Menschen. Jeder Mensch stirbt täglich um 24 Stunden ab. Man
sieht aber keinem Menschen genau an, wie viel Tage er bereits verstorben
ist. Diess verhindert Lebensversicherungsgesellschaften jedoch nicht, aus
dem Durchschnittsleben der Menschen sehr sichre, und was noch viel mehr
ist, sehr profitliche Schlüsse zu ziehn. So mit dem Arbeitsmittel. Man
weiss aus der Erfahrung, wie lang ein Arbeitsmittel, z. B. eine Maschine
von gewisser Art, durchschnittlich vorhält. Gesetzt sein Gebrauchswerth
im Arbeitsprozess daure nur 6 Tage. So verliert es im Durchschnitt
jeden Arbeitstag 1/6 seines Gebrauchswerths und giebt daher 1/6 seines
Tauschwerths an das tägliche Produkt ab. In dieser Art wird der Ver-
schleiss aller Arbeitsmittel
berechnet, also z. B. ihr täglicher
Verlust an Gebrauchswerth, und die ihm entsprechende tägliche Abgabe
von Tauschwerth an das Produkt.

Es zeigt sich hier schlagend, dass ein Produktionsmittel nie mehr
Werth an das Produkt abgiebt, als es selbst im Arbeitsprozess durch Ver-
nichtung seines eignen Gebrauchswerths verliert. Hätte es keinen Tausch-
werth zu verlieren, d. h. wäre es nicht selbst Produkt menschlicher Arbeit,
so würde es keinen Tauschwerth an das Produkt abgeben. Es diente als
Bildner von Gebrauchswerth, ohne als Bildner von Tauschwerth zu dienen.
Diess ist daher der Fall mit allen Produktionsmitteln, die von Natur, ohne
menschliches Zuthun, vorhanden sind, mit Erde, Wind, Wasser, dem Eisen
in der Erzader, dem Holze des Urwaldes u. s. w.

Ein andres interessantes Phänomen tritt uns hier entgegen. Eine
Maschine sei z. B. 1000 Pfd. St. werth und schleisse sich in 1000 Tagen
ab. In diesem Falle geht täglich des Werths der Maschine von ihr
selbst auf ihr tägliches Produkt über, aber, obgleich mit abnehmender
Lebenskraft, wirkt die Maschine stets ganz im Arbeitsprozess. Es zeigt

deren ein solches Arbeitsmittel dient, von dem Tag seines Eintritts in die
Werkstätte bis zum Tage seiner Verbannung in die Rumpelkammer, so ist
während dieser Periode sein Gebrauchswerth von der Arbeit vollständig
verzehrt worden, und sein Tauschwerth daher vollständig auf das Produkt
übergegangen. Hat eine Spinnmaschine z. B. in 10 Jahren ausgelebt, so
ist während des zehnjährigen Arbeitsprozesses ihr Gesammtwerth auf das
zehnjährige Produkt übergegangen. Die Lebensperiode eines Arbeitsmit-
tels umfängt also eine grössere oder kleinere Anzahl stets von neuem
mit ihm wiederholter Arbeitsprozesse. Und es geht dem Arbeitsmittel
wie dem Menschen. Jeder Mensch stirbt täglich um 24 Stunden ab. Man
sieht aber keinem Menschen genau an, wie viel Tage er bereits verstorben
ist. Diess verhindert Lebensversicherungsgesellschaften jedoch nicht, aus
dem Durchschnittsleben der Menschen sehr sichre, und was noch viel mehr
ist, sehr profitliche Schlüsse zu ziehn. So mit dem Arbeitsmittel. Man
weiss aus der Erfahrung, wie lang ein Arbeitsmittel, z. B. eine Maschine
von gewisser Art, durchschnittlich vorhält. Gesetzt sein Gebrauchswerth
im Arbeitsprozess daure nur 6 Tage. So verliert es im Durchschnitt
jeden Arbeitstag ⅙ seines Gebrauchswerths und giebt daher ⅙ seines
Tauschwerths an das tägliche Produkt ab. In dieser Art wird der Ver-
schleiss aller Arbeitsmittel
berechnet, also z. B. ihr täglicher
Verlust an Gebrauchswerth, und die ihm entsprechende tägliche Abgabe
von Tauschwerth an das Produkt.

Es zeigt sich hier schlagend, dass ein Produktionsmittel nie mehr
Werth an das Produkt abgiebt, als es selbst im Arbeitsprozess durch Ver-
nichtung seines eignen Gebrauchswerths verliert. Hätte es keinen Tausch-
werth zu verlieren, d. h. wäre es nicht selbst Produkt menschlicher Arbeit,
so würde es keinen Tauschwerth an das Produkt abgeben. Es diente als
Bildner von Gebrauchswerth, ohne als Bildner von Tauschwerth zu dienen.
Diess ist daher der Fall mit allen Produktionsmitteln, die von Natur, ohne
menschliches Zuthun, vorhanden sind, mit Erde, Wind, Wasser, dem Eisen
in der Erzader, dem Holze des Urwaldes u. s. w.

Ein andres interessantes Phänomen tritt uns hier entgegen. Eine
Maschine sei z. B. 1000 Pfd. St. werth und schleisse sich in 1000 Tagen
ab. In diesem Falle geht täglich des Werths der Maschine von ihr
selbst auf ihr tägliches Produkt über, aber, obgleich mit abnehmender
Lebenskraft, wirkt die Maschine stets ganz im Arbeitsprozess. Es zeigt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0189" n="170"/>
deren ein solches Arbeitsmittel dient, von dem Tag seines Eintritts in die<lb/>
Werkstätte bis zum Tage seiner Verbannung in die Rumpelkammer, so ist<lb/>
während dieser Periode sein Gebrauchswerth von der Arbeit vollständig<lb/>
verzehrt worden, und sein Tauschwerth daher vollständig auf das Produkt<lb/>
übergegangen. Hat eine Spinnmaschine z. B. in 10 Jahren ausgelebt, so<lb/>
ist während des zehnjährigen Arbeitsprozesses ihr Gesammtwerth auf das<lb/>
zehnjährige Produkt übergegangen. Die Lebensperiode eines Arbeitsmit-<lb/>
tels umfängt also eine grössere oder kleinere Anzahl stets von neuem<lb/>
mit ihm wiederholter Arbeitsprozesse. Und es geht dem Arbeitsmittel<lb/>
wie dem Menschen. Jeder Mensch stirbt täglich um 24 Stunden ab. Man<lb/>
sieht aber keinem Menschen genau an, wie viel Tage er bereits verstorben<lb/>
ist. Diess verhindert Lebensversicherungsgesellschaften jedoch nicht, aus<lb/>
dem Durchschnittsleben der Menschen sehr sichre, und was noch viel mehr<lb/>
ist, sehr profitliche Schlüsse zu ziehn. So mit dem Arbeitsmittel. Man<lb/>
weiss aus der Erfahrung, wie lang ein Arbeitsmittel, z. B. eine Maschine<lb/>
von gewisser Art, durchschnittlich vorhält. Gesetzt sein Gebrauchswerth<lb/>
im Arbeitsprozess daure nur 6 Tage. So verliert es im Durchschnitt<lb/>
jeden Arbeitstag &#x2159; seines Gebrauchswerths und giebt daher &#x2159; seines<lb/>
Tauschwerths an das tägliche Produkt ab. In dieser Art wird der <hi rendition="#g">Ver-<lb/>
schleiss aller Arbeitsmittel</hi> berechnet, also z. B. ihr täglicher<lb/>
Verlust an Gebrauchswerth, und die ihm entsprechende tägliche Abgabe<lb/>
von Tauschwerth an das Produkt.</p><lb/>
            <p>Es zeigt sich hier schlagend, dass ein Produktionsmittel nie mehr<lb/>
Werth an das Produkt abgiebt, als es selbst im Arbeitsprozess durch Ver-<lb/>
nichtung seines eignen Gebrauchswerths verliert. Hätte es keinen Tausch-<lb/>
werth zu verlieren, d. h. wäre es nicht selbst Produkt menschlicher Arbeit,<lb/>
so würde es keinen Tauschwerth an das Produkt abgeben. Es diente als<lb/>
Bildner von Gebrauchswerth, ohne als Bildner von Tauschwerth zu dienen.<lb/>
Diess ist daher der Fall mit allen Produktionsmitteln, die von Natur, ohne<lb/>
menschliches Zuthun, vorhanden sind, mit Erde, Wind, Wasser, dem Eisen<lb/>
in der Erzader, dem Holze des Urwaldes u. s. w.</p><lb/>
            <p>Ein andres interessantes Phänomen tritt uns hier entgegen. Eine<lb/>
Maschine sei z. B. 1000 Pfd. St. werth und schleisse sich in 1000 Tagen<lb/>
ab. In diesem Falle geht täglich <formula notation="TeX">\frac{1}{1000}</formula> des Werths der Maschine von ihr<lb/>
selbst auf ihr tägliches Produkt über, aber, obgleich mit abnehmender<lb/>
Lebenskraft, wirkt die Maschine stets <hi rendition="#g">ganz</hi> im Arbeitsprozess. Es zeigt<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[170/0189] deren ein solches Arbeitsmittel dient, von dem Tag seines Eintritts in die Werkstätte bis zum Tage seiner Verbannung in die Rumpelkammer, so ist während dieser Periode sein Gebrauchswerth von der Arbeit vollständig verzehrt worden, und sein Tauschwerth daher vollständig auf das Produkt übergegangen. Hat eine Spinnmaschine z. B. in 10 Jahren ausgelebt, so ist während des zehnjährigen Arbeitsprozesses ihr Gesammtwerth auf das zehnjährige Produkt übergegangen. Die Lebensperiode eines Arbeitsmit- tels umfängt also eine grössere oder kleinere Anzahl stets von neuem mit ihm wiederholter Arbeitsprozesse. Und es geht dem Arbeitsmittel wie dem Menschen. Jeder Mensch stirbt täglich um 24 Stunden ab. Man sieht aber keinem Menschen genau an, wie viel Tage er bereits verstorben ist. Diess verhindert Lebensversicherungsgesellschaften jedoch nicht, aus dem Durchschnittsleben der Menschen sehr sichre, und was noch viel mehr ist, sehr profitliche Schlüsse zu ziehn. So mit dem Arbeitsmittel. Man weiss aus der Erfahrung, wie lang ein Arbeitsmittel, z. B. eine Maschine von gewisser Art, durchschnittlich vorhält. Gesetzt sein Gebrauchswerth im Arbeitsprozess daure nur 6 Tage. So verliert es im Durchschnitt jeden Arbeitstag ⅙ seines Gebrauchswerths und giebt daher ⅙ seines Tauschwerths an das tägliche Produkt ab. In dieser Art wird der Ver- schleiss aller Arbeitsmittel berechnet, also z. B. ihr täglicher Verlust an Gebrauchswerth, und die ihm entsprechende tägliche Abgabe von Tauschwerth an das Produkt. Es zeigt sich hier schlagend, dass ein Produktionsmittel nie mehr Werth an das Produkt abgiebt, als es selbst im Arbeitsprozess durch Ver- nichtung seines eignen Gebrauchswerths verliert. Hätte es keinen Tausch- werth zu verlieren, d. h. wäre es nicht selbst Produkt menschlicher Arbeit, so würde es keinen Tauschwerth an das Produkt abgeben. Es diente als Bildner von Gebrauchswerth, ohne als Bildner von Tauschwerth zu dienen. Diess ist daher der Fall mit allen Produktionsmitteln, die von Natur, ohne menschliches Zuthun, vorhanden sind, mit Erde, Wind, Wasser, dem Eisen in der Erzader, dem Holze des Urwaldes u. s. w. Ein andres interessantes Phänomen tritt uns hier entgegen. Eine Maschine sei z. B. 1000 Pfd. St. werth und schleisse sich in 1000 Tagen ab. In diesem Falle geht täglich [FORMEL] des Werths der Maschine von ihr selbst auf ihr tägliches Produkt über, aber, obgleich mit abnehmender Lebenskraft, wirkt die Maschine stets ganz im Arbeitsprozess. Es zeigt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/189
Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/189>, abgerufen am 23.11.2024.