Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

von guter Autorität, dass achtpfündiges Geweb von 51/4 Pfund Baumwolle
und 23/4 Pfund Schlichte gemacht wird. Ein andres 51/4pfündiges
Geweb enthielt zwei Pfund Schlichte. Diess waren ordinäre Shirtings
für den Export. In andern Arten wurden manchmal 50 % Schlichte
zugesetzt, so dass Fabrikanten sich rühmen können und sich auch
wirklich rühmen, dass sie reich werden durch den Verkauf von
Geweben für weniger Geld als das nominell in ihnen enthaltene
Garn kostet"243). Die Arbeiter aber hatten nicht nur unter den Ex-
perimenten der Fabrikanten in den Fabriken, und der Municipalitäten
ausserhalb der Fabriken, nicht nur von Lohnherabsetzung und Arbeits-
losigkeit, von Mangel und Almosen, von den Elogen der Lords und Unter-
häusler zu leiden. "Unglückliche Frauenzimmer, beschäftigungslos in
Folge der Baumwollnoth, wurden Auswürflinge der Gesellschaft und blie-
ben es .. Die Zahl junger Prostituirten hat mehr zugenommen als seit den
letzten 25 Jahren"244).

Man findet also in den ersten 45 Jahren der britischen Baumwoll-
industrie, von 1770--1815, nur 5 Jahre der Krise und Stagnation, aber
diess war die Periode ihres Weltmonopols. Die zweite 48jährige Periode
von 1815--1863 zählt nur 20 Jahre des Wiederauflebens und der Pros-
perität auf 28 Jahre des Drucks und der Stagnation. Von 1815--1830
beginnt die Konkurrenz mit dem kontinentalen Europa und den Vereinigten
Staaten. Seit 1833 wird Ausdehnung der asiatischen Märkte erzwungen
durch "Zerstörung der Menschenrace". Seit Widerruf der Korngesetze,
von 1846--1863, auf 8 Jahre mittlerer Lebendigkeit und Prosperität
9 Jahre Druck und Stagnation. Die Lage der erwachsnen männlichen
Baumwoll-Arbeiter, selbst während der Prosperitätszeit, zu beurtheilen
aus der beigefügten Note245).

Man hat gesehn, wie die Maschinerie die auf dem Handwerk beruhende

243) "Reports etc. 30th April 1864", p. 27.
244) Aus Brief des Chief Constable Harris von Bolton in "Reports of
Insp. of Fact
. 31st Oct. 1865", p. 61, 62.
245) In einem Aufruf der Baumwollarbeiter, Frühling 1863, zur Bil-
dung einer Emigrationsgesellschaft heisst es u. a.: "Dass eine grosse Emigration von
Fabrikarbeitern jetzt absolut nothwendig ist, werden nur wenige läugnen. Dass
aber ein beständiger Emigrationsstrom zu allen Zeiten erheischt und es ohne
denselben unmöglich ist, unsre Stellung unter gewöhnlichen Umständen
I. 29

von guter Autorität, dass achtpfündiges Geweb von 5¼ Pfund Baumwolle
und 2¾ Pfund Schlichte gemacht wird. Ein andres 5¼pfündiges
Geweb enthielt zwei Pfund Schlichte. Diess waren ordinäre Shirtings
für den Export. In andern Arten wurden manchmal 50 % Schlichte
zugesetzt, so dass Fabrikanten sich rühmen können und sich auch
wirklich rühmen, dass sie reich werden durch den Verkauf von
Geweben für weniger Geld als das nominell in ihnen enthaltene
Garn kostet“243). Die Arbeiter aber hatten nicht nur unter den Ex-
perimenten der Fabrikanten in den Fabriken, und der Municipalitäten
ausserhalb der Fabriken, nicht nur von Lohnherabsetzung und Arbeits-
losigkeit, von Mangel und Almosen, von den Elogen der Lords und Unter-
häusler zu leiden. „Unglückliche Frauenzimmer, beschäftigungslos in
Folge der Baumwollnoth, wurden Auswürflinge der Gesellschaft und blie-
ben es ‥ Die Zahl junger Prostituirten hat mehr zugenommen als seit den
letzten 25 Jahren“244).

Man findet also in den ersten 45 Jahren der britischen Baumwoll-
industrie, von 1770—1815, nur 5 Jahre der Krise und Stagnation, aber
diess war die Periode ihres Weltmonopols. Die zweite 48jährige Periode
von 1815—1863 zählt nur 20 Jahre des Wiederauflebens und der Pros-
perität auf 28 Jahre des Drucks und der Stagnation. Von 1815—1830
beginnt die Konkurrenz mit dem kontinentalen Europa und den Vereinigten
Staaten. Seit 1833 wird Ausdehnung der asiatischen Märkte erzwungen
durch „Zerstörung der Menschenrace“. Seit Widerruf der Korngesetze,
von 1846—1863, auf 8 Jahre mittlerer Lebendigkeit und Prosperität
9 Jahre Druck und Stagnation. Die Lage der erwachsnen männlichen
Baumwoll-Arbeiter, selbst während der Prosperitätszeit, zu beurtheilen
aus der beigefügten Note245).

Man hat gesehn, wie die Maschinerie die auf dem Handwerk beruhende

243)Reports etc. 30th April 1864“, p. 27.
244) Aus Brief des Chief Constable Harris von Bolton in „Reports of
Insp. of Fact
. 31st Oct. 1865“, p. 61, 62.
245) In einem Aufruf der Baumwollarbeiter, Frühling 1863, zur Bil-
dung einer Emigrationsgesellschaft heisst es u. a.: „Dass eine grosse Emigration von
Fabrikarbeitern jetzt absolut nothwendig ist, werden nur wenige läugnen. Dass
aber ein beständiger Emigrationsstrom zu allen Zeiten erheischt und es ohne
denselben unmöglich ist, unsre Stellung unter gewöhnlichen Umständen
I. 29
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0468" n="449"/>
von guter Autorität, dass achtpfündiges Geweb von 5¼ Pfund Baumwolle<lb/>
und 2¾ Pfund Schlichte gemacht wird. Ein andres 5¼pfündiges<lb/>
Geweb enthielt zwei Pfund Schlichte. Diess waren ordinäre Shirtings<lb/>
für den Export. In andern Arten wurden manchmal 50 % Schlichte<lb/>
zugesetzt, so dass Fabrikanten sich rühmen können und sich auch<lb/>
wirklich rühmen, dass sie reich werden durch den Verkauf von<lb/>
Geweben für weniger Geld als das <hi rendition="#g">nominell</hi> in ihnen enthaltene<lb/>
Garn kostet&#x201C;<note place="foot" n="243)">&#x201E;<hi rendition="#g">Reports</hi> etc. 30<hi rendition="#g">th April</hi> 1864&#x201C;, p. 27.</note>. Die Arbeiter aber hatten nicht nur unter den Ex-<lb/>
perimenten der Fabrikanten in den Fabriken, und der Municipalitäten<lb/>
ausserhalb der Fabriken, nicht nur von Lohnherabsetzung und Arbeits-<lb/>
losigkeit, von Mangel und Almosen, von den Elogen der Lords und Unter-<lb/>
häusler zu leiden. &#x201E;Unglückliche Frauenzimmer, beschäftigungslos in<lb/>
Folge der Baumwollnoth, wurden Auswürflinge der Gesellschaft und blie-<lb/>
ben es &#x2025; Die Zahl junger Prostituirten hat mehr zugenommen als seit den<lb/>
letzten 25 Jahren&#x201C;<note place="foot" n="244)">Aus Brief des Chief Constable Harris von Bolton in &#x201E;<hi rendition="#g">Reports of<lb/>
Insp. of Fact</hi>. 31<hi rendition="#g">st Oct</hi>. 1865&#x201C;, p. 61, 62.</note>.</p><lb/>
            <p>Man findet also in den ersten 45 Jahren der britischen Baumwoll-<lb/>
industrie, von 1770&#x2014;1815, nur 5 Jahre der Krise und Stagnation, aber<lb/>
diess war die Periode ihres Weltmonopols. Die zweite 48jährige Periode<lb/>
von 1815&#x2014;1863 zählt nur 20 Jahre des Wiederauflebens und der Pros-<lb/>
perität auf 28 Jahre des Drucks und der Stagnation. Von 1815&#x2014;1830<lb/>
beginnt die Konkurrenz mit dem kontinentalen Europa und den Vereinigten<lb/>
Staaten. Seit 1833 wird Ausdehnung der asiatischen Märkte erzwungen<lb/>
durch &#x201E;Zerstörung der Menschenrace&#x201C;. Seit Widerruf der Korngesetze,<lb/>
von 1846&#x2014;1863, auf 8 Jahre mittlerer Lebendigkeit und Prosperität<lb/>
9 Jahre Druck und Stagnation. Die Lage der erwachsnen männlichen<lb/>
Baumwoll-Arbeiter, selbst während der Prosperitätszeit, zu beurtheilen<lb/>
aus der beigefügten Note<note xml:id="seg2pn_70_1" next="#seg2pn_70_2" place="foot" n="245)">In einem <hi rendition="#g">Aufruf der Baumwollarbeiter, Frühling 1863</hi>, zur Bil-<lb/>
dung einer Emigrationsgesellschaft heisst es u. a.: &#x201E;Dass eine grosse Emigration von<lb/>
Fabrikarbeitern <hi rendition="#g">jetzt</hi> absolut nothwendig ist, werden nur wenige läugnen. Dass<lb/>
aber ein beständiger Emigrationsstrom <hi rendition="#g">zu allen Zeiten</hi> erheischt und es ohne<lb/>
denselben unmöglich ist, unsre Stellung <hi rendition="#g">unter gewöhnlichen Umständen</hi></note>.</p><lb/>
            <p>Man hat gesehn, wie die Maschinerie die auf dem Handwerk beruhende<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">I. 29</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[449/0468] von guter Autorität, dass achtpfündiges Geweb von 5¼ Pfund Baumwolle und 2¾ Pfund Schlichte gemacht wird. Ein andres 5¼pfündiges Geweb enthielt zwei Pfund Schlichte. Diess waren ordinäre Shirtings für den Export. In andern Arten wurden manchmal 50 % Schlichte zugesetzt, so dass Fabrikanten sich rühmen können und sich auch wirklich rühmen, dass sie reich werden durch den Verkauf von Geweben für weniger Geld als das nominell in ihnen enthaltene Garn kostet“ 243). Die Arbeiter aber hatten nicht nur unter den Ex- perimenten der Fabrikanten in den Fabriken, und der Municipalitäten ausserhalb der Fabriken, nicht nur von Lohnherabsetzung und Arbeits- losigkeit, von Mangel und Almosen, von den Elogen der Lords und Unter- häusler zu leiden. „Unglückliche Frauenzimmer, beschäftigungslos in Folge der Baumwollnoth, wurden Auswürflinge der Gesellschaft und blie- ben es ‥ Die Zahl junger Prostituirten hat mehr zugenommen als seit den letzten 25 Jahren“ 244). Man findet also in den ersten 45 Jahren der britischen Baumwoll- industrie, von 1770—1815, nur 5 Jahre der Krise und Stagnation, aber diess war die Periode ihres Weltmonopols. Die zweite 48jährige Periode von 1815—1863 zählt nur 20 Jahre des Wiederauflebens und der Pros- perität auf 28 Jahre des Drucks und der Stagnation. Von 1815—1830 beginnt die Konkurrenz mit dem kontinentalen Europa und den Vereinigten Staaten. Seit 1833 wird Ausdehnung der asiatischen Märkte erzwungen durch „Zerstörung der Menschenrace“. Seit Widerruf der Korngesetze, von 1846—1863, auf 8 Jahre mittlerer Lebendigkeit und Prosperität 9 Jahre Druck und Stagnation. Die Lage der erwachsnen männlichen Baumwoll-Arbeiter, selbst während der Prosperitätszeit, zu beurtheilen aus der beigefügten Note 245). Man hat gesehn, wie die Maschinerie die auf dem Handwerk beruhende 243) „Reports etc. 30th April 1864“, p. 27. 244) Aus Brief des Chief Constable Harris von Bolton in „Reports of Insp. of Fact. 31st Oct. 1865“, p. 61, 62. 245) In einem Aufruf der Baumwollarbeiter, Frühling 1863, zur Bil- dung einer Emigrationsgesellschaft heisst es u. a.: „Dass eine grosse Emigration von Fabrikarbeitern jetzt absolut nothwendig ist, werden nur wenige läugnen. Dass aber ein beständiger Emigrationsstrom zu allen Zeiten erheischt und es ohne denselben unmöglich ist, unsre Stellung unter gewöhnlichen Umständen I. 29

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/468
Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 449. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/468>, abgerufen am 28.12.2024.