Marx, Karl: Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte. 2. Aufl. Hamburg, 1869.Monarchie, die Rivalität der Interessen, die sie abwechselnd vorzugsweise ver¬ 5*
Monarchie, die Rivalität der Intereſſen, die ſie abwechſelnd vorzugsweiſe ver¬ 5*
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0079" n="67"/> Monarchie, die Rivalität der Intereſſen, die ſie abwechſelnd vorzugsweiſe ver¬<lb/> treten hatte, in's Leben zurück, den Kampf um die Suprematie der einen Frak¬<lb/> tion über die andre. Die Diplomaten der Ordnungspartei glaubten den Kampf<lb/> ſchlichten zu können durch eine Verſchmelzung beider Dynaſtien, durch eine ſo¬<lb/> genannte <hi rendition="#g">Fuſion</hi> der royaliſtiſchen Parteien und ihrer Königshäuſer. Die<lb/> wirkliche Fuſion der Reſtauration und der Julimonarchie war die parlamentari¬<lb/> ſche Republik, worin orleaniſtiſche und legitimiſtiſche Farben ausgelöſcht wurden<lb/> und die Bourgeois-Arten in dem Bourgeois ſchlechtweg, in der Bourgeois-<lb/> Gattung verſchwanden. Jetzt aber ſollte der Orleaniſt Legitimiſt, der Legi¬<lb/> timiſt Orleaniſt werden. Das Königthum, worin ſich ihr Gegenſatz perſoni¬<lb/> fizirte, ſollte ihre Einheit verkörpern, der Ausdruck ihrer ausſchließlichen<lb/> Fraktionsintereſſen zum Ausdruck ihres gemeinſamen Klaſſenintereſſes werden,<lb/> die Monarchie das leiſten, was nur die Aufhebung zweier Monarchien, die<lb/> Republik leiſten konnte und geleiſtet hatte. Es war dies der Stein des<lb/> Weiſen, an deſſen Herſtellung ſich die Doktoren der Ordnungspartei die<lb/> Köpfe zerbrachen. Als könnte die legitime Monarchie jemals die Monarchie<lb/> der induſtriellen Bourgeois oder das Bürgerkönigthum jemals das König¬<lb/> thum der angeſtammten Grundariſtokratie werden. Als könnten Grund¬<lb/> eigenthum und Induſtrie ſich unter <hi rendition="#g">einer</hi> Krone verbrüdern, wo die Krone<lb/> nur auf ein Haupt fallen konnte, auf das Haupt des ältern Bruders oder<lb/> des jüngern. Als könnte die Induſtrie ſich überhaupt mit dem Grundei¬<lb/> genthum ausgleichen, ſo lange das Grundeigenthum ſich nicht entſchließt,<lb/> ſelbſt induſtriell zu werden. Wenn Henri <hi rendition="#aq">V</hi>. morgen ſtürbe, der Graf von<lb/> Paris würde darum nicht der König der Legitimiſten, es ſei denn, daß er<lb/> aufhörte, der König der Orleaniſten zu ſein. Die Philoſophen der Fuſion<lb/> jedoch, die ſich in dem Maße breit machten, als die Reviſionsfrage in den Vor¬<lb/> dergrund trat, die ſich in der “<hi rendition="#aq">Assemblée nationale</hi>” ein offizielles Tages¬<lb/> organ geſchaffen hatten, die ſogar in dieſem Augenblicke (Februar 1852)<lb/> wieder am Werke ſind, erklärten ſich die ganze Schwierigkeit aus dem<lb/> Widerſtreben und der Rivalität der beiden Dynaſtien. Die Verſuche, die<lb/> Familie Orleans mit Heinrich <hi rendition="#aq">V</hi>. zu verſöhnen, ſeit dem Tode Louis<lb/> Philipp's begonnen, aber wie die dynaſtiſchen Intriguen überhaupt nur<lb/> während der Ferien der Nationalverſammlung, in den Zwiſchenakten, hinter<lb/> den Couliſſen geſpielt, mehr ſentimentale Koquetterie mit dem alten Aber¬<lb/> glauben als ernſtgemeintes Geſchäft, wurden nun zu Haupt- und Staats¬<lb/> aktionen und von der Ordnungspartei auf der öffentlichen Bühne aufgeführt,<lb/> <fw place="bottom" type="sig">5*<lb/></fw> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [67/0079]
Monarchie, die Rivalität der Intereſſen, die ſie abwechſelnd vorzugsweiſe ver¬
treten hatte, in's Leben zurück, den Kampf um die Suprematie der einen Frak¬
tion über die andre. Die Diplomaten der Ordnungspartei glaubten den Kampf
ſchlichten zu können durch eine Verſchmelzung beider Dynaſtien, durch eine ſo¬
genannte Fuſion der royaliſtiſchen Parteien und ihrer Königshäuſer. Die
wirkliche Fuſion der Reſtauration und der Julimonarchie war die parlamentari¬
ſche Republik, worin orleaniſtiſche und legitimiſtiſche Farben ausgelöſcht wurden
und die Bourgeois-Arten in dem Bourgeois ſchlechtweg, in der Bourgeois-
Gattung verſchwanden. Jetzt aber ſollte der Orleaniſt Legitimiſt, der Legi¬
timiſt Orleaniſt werden. Das Königthum, worin ſich ihr Gegenſatz perſoni¬
fizirte, ſollte ihre Einheit verkörpern, der Ausdruck ihrer ausſchließlichen
Fraktionsintereſſen zum Ausdruck ihres gemeinſamen Klaſſenintereſſes werden,
die Monarchie das leiſten, was nur die Aufhebung zweier Monarchien, die
Republik leiſten konnte und geleiſtet hatte. Es war dies der Stein des
Weiſen, an deſſen Herſtellung ſich die Doktoren der Ordnungspartei die
Köpfe zerbrachen. Als könnte die legitime Monarchie jemals die Monarchie
der induſtriellen Bourgeois oder das Bürgerkönigthum jemals das König¬
thum der angeſtammten Grundariſtokratie werden. Als könnten Grund¬
eigenthum und Induſtrie ſich unter einer Krone verbrüdern, wo die Krone
nur auf ein Haupt fallen konnte, auf das Haupt des ältern Bruders oder
des jüngern. Als könnte die Induſtrie ſich überhaupt mit dem Grundei¬
genthum ausgleichen, ſo lange das Grundeigenthum ſich nicht entſchließt,
ſelbſt induſtriell zu werden. Wenn Henri V. morgen ſtürbe, der Graf von
Paris würde darum nicht der König der Legitimiſten, es ſei denn, daß er
aufhörte, der König der Orleaniſten zu ſein. Die Philoſophen der Fuſion
jedoch, die ſich in dem Maße breit machten, als die Reviſionsfrage in den Vor¬
dergrund trat, die ſich in der “Assemblée nationale” ein offizielles Tages¬
organ geſchaffen hatten, die ſogar in dieſem Augenblicke (Februar 1852)
wieder am Werke ſind, erklärten ſich die ganze Schwierigkeit aus dem
Widerſtreben und der Rivalität der beiden Dynaſtien. Die Verſuche, die
Familie Orleans mit Heinrich V. zu verſöhnen, ſeit dem Tode Louis
Philipp's begonnen, aber wie die dynaſtiſchen Intriguen überhaupt nur
während der Ferien der Nationalverſammlung, in den Zwiſchenakten, hinter
den Couliſſen geſpielt, mehr ſentimentale Koquetterie mit dem alten Aber¬
glauben als ernſtgemeintes Geſchäft, wurden nun zu Haupt- und Staats¬
aktionen und von der Ordnungspartei auf der öffentlichen Bühne aufgeführt,
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