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Marperger, Paul Jacob: Getreuer und Geschickter Handels-Diener. Nürnberg u. a., 1715.

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Qualitäten eines Kauffmanns-Dieners.

Jn der Kram-Bude oder Gewölb ist es eben so/
da warten offt 10. oder 12. Personen auf/ welche
accommodiret und mit Waaren versehen seyn
wollen/ wann nun der langsame Kram-Diener ei-
ne halbe Stund an einem Paquet auf- und zu
macht/ mittlerweil lauffen die andere Käuffers (wel-
che dieser Verzug verdriesset/) nach einem andern
Gewölb/ da sie geschwinder abgefertiget werden
können.

Kommt es auf das Amt der Füsse an/ was ist
nicht da vor ein Verdruß bey einem solchen Men-
schen/ der alle Viertel-Stunde einen Tritt thut/
und gut nach den Tod zu schicken wäre/ weil er fein
langsam wiederkommt/ indessen ist vielleicht hier
oder dar etwas durch solche Zauderey verabsäumet/
angesehen/ ein Kauffmann eben so accurat auf die
Handels-Occasiones, als ein Schiffer auf den
Wind aufpassen muß; wie es aber mit einem so lang-
samen Menschen geschehen könne/ gebe ich jedem
selbst zu ermessen; ich halts mit gewisser Kauffleut
ihrem Sprichwort/ welche zu sagen pflegen: früh auf
spät nieder/ iß geschwind und geh bald wieder.

Das vierdte Gebrechen ist die allzuviele
Zärtlichket/
oder grosse Pflege des Leibs/ mit wel-
cher ein Handels-Diener/ theils aus Selbst-Liebe/
theils andern zu Gefallen/ theils aus Gewonheit sich
zu putzen und zu warten pfleget/ als wenn man bey
der Handlung lauter Feyertag hätte/ worüber die
meiste Zeit/ die man zu Handels-Geschäffte/ oder
den Verstand zu schärffen anwenden sollte/ verloh-
ren wird/ ja solche Leute lassen sich auch nicht einmal
auf Reisen abgehen/ und können anders keine Fati-

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Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners.

Jn der Kram-Bude oder Gewoͤlb iſt es eben ſo/
da warten offt 10. oder 12. Perſonen auf/ welche
accommodiret und mit Waaren verſehen ſeyn
wollen/ wann nun der langſame Kram-Diener ei-
ne halbe Stund an einem Paquet auf- und zu
macht/ mittlerweil lauffen die andere Kaͤuffers (wel-
che dieſer Verzug verdrieſſet/) nach einem andern
Gewoͤlb/ da ſie geſchwinder abgefertiget werden
koͤnnen.

Kommt es auf das Amt der Fuͤſſe an/ was iſt
nicht da vor ein Verdruß bey einem ſolchen Men-
ſchen/ der alle Viertel-Stunde einen Tritt thut/
und gut nach den Tod zu ſchicken waͤre/ weil er fein
langſam wiederkommt/ indeſſen iſt vielleicht hier
oder dar etwas durch ſolche Zauderey verabſaͤumet/
angeſehen/ ein Kauffmann eben ſo accurat auf die
Handels-Occaſiones, als ein Schiffer auf den
Wind aufpaſſen muß; wie es aber mit einem ſo lang-
ſamen Menſchen geſchehen koͤnne/ gebe ich jedem
ſelbſt zu ermeſſen; ich halts mit gewiſſer Kauffleut
ihrem Sprichwort/ welche zu ſagen pflegen: fruͤh auf
ſpaͤt nieder/ iß geſchwind und geh bald wieder.

Das vierdte Gebrechen iſt die allzuviele
Zaͤrtlichket/
oder groſſe Pflege des Leibs/ mit wel-
cher ein Handels-Diener/ theils aus Selbſt-Liebe/
theils andern zu Gefallen/ theils aus Gewonheit ſich
zu putzen und zu warten pfleget/ als wenn man bey
der Handlung lauter Feyertag haͤtte/ woruͤber die
meiſte Zeit/ die man zu Handels-Geſchaͤffte/ oder
den Verſtand zu ſchaͤrffen anwenden ſollte/ verloh-
ren wird/ ja ſolche Leute laſſen ſich auch nicht einmal
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[167/0191] Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners. Jn der Kram-Bude oder Gewoͤlb iſt es eben ſo/ da warten offt 10. oder 12. Perſonen auf/ welche accommodiret und mit Waaren verſehen ſeyn wollen/ wann nun der langſame Kram-Diener ei- ne halbe Stund an einem Paquet auf- und zu macht/ mittlerweil lauffen die andere Kaͤuffers (wel- che dieſer Verzug verdrieſſet/) nach einem andern Gewoͤlb/ da ſie geſchwinder abgefertiget werden koͤnnen. Kommt es auf das Amt der Fuͤſſe an/ was iſt nicht da vor ein Verdruß bey einem ſolchen Men- ſchen/ der alle Viertel-Stunde einen Tritt thut/ und gut nach den Tod zu ſchicken waͤre/ weil er fein langſam wiederkommt/ indeſſen iſt vielleicht hier oder dar etwas durch ſolche Zauderey verabſaͤumet/ angeſehen/ ein Kauffmann eben ſo accurat auf die Handels-Occaſiones, als ein Schiffer auf den Wind aufpaſſen muß; wie es aber mit einem ſo lang- ſamen Menſchen geſchehen koͤnne/ gebe ich jedem ſelbſt zu ermeſſen; ich halts mit gewiſſer Kauffleut ihrem Sprichwort/ welche zu ſagen pflegen: fruͤh auf ſpaͤt nieder/ iß geſchwind und geh bald wieder. Das vierdte Gebrechen iſt die allzuviele Zaͤrtlichket/ oder groſſe Pflege des Leibs/ mit wel- cher ein Handels-Diener/ theils aus Selbſt-Liebe/ theils andern zu Gefallen/ theils aus Gewonheit ſich zu putzen und zu warten pfleget/ als wenn man bey der Handlung lauter Feyertag haͤtte/ woruͤber die meiſte Zeit/ die man zu Handels-Geſchaͤffte/ oder den Verſtand zu ſchaͤrffen anwenden ſollte/ verloh- ren wird/ ja ſolche Leute laſſen ſich auch nicht einmal auf Reiſen abgehen/ und koͤnnen anders keine Fati- quen L 4

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Zitationshilfe: Marperger, Paul Jacob: Getreuer und Geschickter Handels-Diener. Nürnberg u. a., 1715, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marperger_handelsdiener_1715/191>, abgerufen am 07.05.2024.