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Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.

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Das Zwölffte Buch.
Nun/ liebe schwester/ nimpt das Göttliche vorsehen
Und ordnung überhand/ ich kan nicht länger stehen/
Halt mich doch nicht mehr auff: Laß uns nur folgen hin
Ohn widerspenstigkeit/ wo Gottes will und sinn
Und widerwertig glück uns haben wil und leiten;
Ich bin entschlossen mit Eneen nun zu streiten/
Ja alle bitterkeit des todes außzustehn/
Sie mag seyn/ wie sie wöll: Du solst mich nimmer sehn
Einlegen schand und schimpff/ du wollest mir nur gönnen/
Bitt ich/ daß ich zuvor mag meinen tollen sinnen
Ein sattes gnügen thun: So sagt der kühne held/
Und sprang darauff geschwind vom wagen ab ins feld/
Ließ seine schwester stehn/ die traurig war/ zurücke/ (stücke
Und lieff durch spieß und schwerdt: wie wenn ein felsen-
Von seinem berg bricht loß/ entweder durch den wind/
Durch einen starcken guß/ doch oder weil er schwind
Durch menge seiner jahr/ und lange hat gehangen/
Da fährt er fort/ wenn er hat einmal angefangen
Zu fallen/ läufft hinab mit stetem ungestüm/
Springt an dem berg offt auff/ und reisset alles ümm/
vieh/ menschen/ bäum und was ihm irgend steht im wege:
So machsts der Turnus auch/ als er wurd einmal rege/
Nahm rifch in voller eil den weg zur mauer zu/
Und wolte seinem sinn nun gönnen keine ruh.
Wo er hin-wolte-durch/ da must ihm alles weichen/
Der fiele gar gewiß/ den er nur kunt erreichen/
Die erde war genetzt vom blut/ das floß daher
Und rauschten in der lnfft die spiesse schrecklich sehr.
Er
S s 5
Das Zwoͤlffte Buch.
Nun/ liebe ſchweſter/ nimpt das Goͤttliche vorſehen
Und ordnung uͤberhand/ ich kan nicht laͤnger ſtehen/
Halt mich doch nicht mehr auff: Laß uns nur folgen hin
Ohn widerſpenſtigkeit/ wo Gottes will und ſinn
Und widerwertig gluͤck uns haben wil und leiten;
Ich bin entſchloſſen mit Eneen nun zu ſtreiten/
Ja alle bitterkeit des todes außzuſtehn/
Sie mag ſeyn/ wie ſie woͤll: Du ſolſt mich nimmer ſehn
Einlegen ſchand und ſchimpff/ du wolleſt mir nur goͤnnẽ/
Bitt ich/ daß ich zuvor mag meinen tollen ſinnen
Ein ſattes gnuͤgen thun: So ſagt der kuͤhne held/
Und ſprang darauff geſchwind vom wagen ab ins feld/
Ließ ſeine ſchweſter ſtehn/ die traurig war/ zuruͤcke/ (ſtuͤcke
Und lieff durch ſpieß und ſchwerdt: wie wenn ein felſen-
Von ſeinem berg bricht loß/ entweder durch den wind/
Durch einen ſtarcken guß/ doch oder weil er ſchwind
Durch menge ſeiner jahr/ und lange hat gehangen/
Da faͤhrt er fort/ wenn er hat einmal angefangen
Zu fallen/ laͤufft hinab mit ſtetem ungeſtuͤm/
Springt an dem berg offt auff/ und reiſſet alles uͤmm/
vieh/ menſchen/ baͤum und was ihm irgend ſteht im wege:
So machſts der Turnus auch/ als er wurd einmal rege/
Nahm rifch in voller eil den weg zur mauer zu/
Und wolte ſeinem ſinn nun goͤnnen keine ruh.
Wo er hin-wolte-durch/ da muſt ihm alles weichen/
Der fiele gar gewiß/ den er nur kunt erreichen/
Die erde war genetzt vom blut/ das floß daher
Und rauſchten in der lnfft die ſpieſſe ſchrecklich ſehr.
Er
S ſ 5
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[649/0671] Das Zwoͤlffte Buch. Nun/ liebe ſchweſter/ nimpt das Goͤttliche vorſehen Und ordnung uͤberhand/ ich kan nicht laͤnger ſtehen/ Halt mich doch nicht mehr auff: Laß uns nur folgen hin Ohn widerſpenſtigkeit/ wo Gottes will und ſinn Und widerwertig gluͤck uns haben wil und leiten; Ich bin entſchloſſen mit Eneen nun zu ſtreiten/ Ja alle bitterkeit des todes außzuſtehn/ Sie mag ſeyn/ wie ſie woͤll: Du ſolſt mich nimmer ſehn Einlegen ſchand und ſchimpff/ du wolleſt mir nur goͤnnẽ/ Bitt ich/ daß ich zuvor mag meinen tollen ſinnen Ein ſattes gnuͤgen thun: So ſagt der kuͤhne held/ Und ſprang darauff geſchwind vom wagen ab ins feld/ Ließ ſeine ſchweſter ſtehn/ die traurig war/ zuruͤcke/ (ſtuͤcke Und lieff durch ſpieß und ſchwerdt: wie wenn ein felſen- Von ſeinem berg bricht loß/ entweder durch den wind/ Durch einen ſtarcken guß/ doch oder weil er ſchwind Durch menge ſeiner jahr/ und lange hat gehangen/ Da faͤhrt er fort/ wenn er hat einmal angefangen Zu fallen/ laͤufft hinab mit ſtetem ungeſtuͤm/ Springt an dem berg offt auff/ und reiſſet alles uͤmm/ vieh/ menſchen/ baͤum und was ihm irgend ſteht im wege: So machſts der Turnus auch/ als er wurd einmal rege/ Nahm rifch in voller eil den weg zur mauer zu/ Und wolte ſeinem ſinn nun goͤnnen keine ruh. Wo er hin-wolte-durch/ da muſt ihm alles weichen/ Der fiele gar gewiß/ den er nur kunt erreichen/ Die erde war genetzt vom blut/ das floß daher Und rauſchten in der lnfft die ſpieſſe ſchrecklich ſehr. Er S ſ 5

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Zitationshilfe: Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 649. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/671>, abgerufen am 17.05.2024.