Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.Das Zwölffte Buch. Der könig selber riß das kleid von seinem leibe/Als er den schnöden tod erfuhr von seinem weibe/ Und dann berichtet ward von zustand und gefahr Der stadt/ daß es so weit nun leider! kommen war; Er wurde gantz bestürtzt und starrete für schrecken/ Und kunte weder sich begreiffen noch erwecken Zum ansehn seines stands/ besudelte das haar Im staube hin und her/ das sehr begrawet war/ Und gab ihm selber schuld/ daß er nicht angenommen Eneen hätte vor/ daß er zur heyraht kommen Für Turno wäre längst. Als dis nun war geschehn/ Verfolgte Turnus noch den rest der flüchtigen/ Im eussersten gefild/ war aber nun geworden Was läßig/ träg und müd durch solche jagt und morden; Auch waren seine pferd nicht mehr so frisch zum lauff/ Daher war er betrübt/ und nicht so gar wol auff/ Das schreyen war ihm zwar mit blindem schrecken kom- Vermischet zu gehör; Doch hat er nicht genommen (men Die ursach dessen ein; Das wars/ daß er kunt sehn Und daraus nehmen ab/ es müste so nicht stehn Wie ers gelassen hätt/ doch must er zu dem lermen Der sehr verwirrten stadt und ungewöhnlich schwermen Die ohren spitzen hin. Was grosse traurigkeit/ Ach leider! (saget er) mag diese arme leut Betrüben in der stadt! Wie kömpt von allen ecken Der stadt ein groß geschrey? Wer hat doch solches schre- Und ungestüm erregt? Mit diesem zeucht er an (cken Den zügel/ und hält still/ nicht wissend wie er dran/ Und
Das Zwoͤlffte Buch. Der koͤnig ſelber riß das kleid von ſeinem leibe/Als er den ſchnoͤden tod erfuhr von ſeinem weibe/ Und dann berichtet ward von zuſtand und gefahr Der ſtadt/ daß es ſo weit nun leider! kommen war; Er wurde gantz beſtuͤrtzt und ſtarrete fuͤr ſchrecken/ Und kunte weder ſich begreiffen noch erwecken Zum anſehn ſeines ſtands/ beſudelte das haar Im ſtaube hin und her/ das ſehr begrawet war/ Und gab ihm ſelber ſchuld/ daß er nicht angenommen Eneen haͤtte vor/ daß er zur heyraht kommen Fuͤr Turno waͤre laͤngſt. Als dis nun war geſchehn/ Verfolgte Turnus noch den reſt der fluͤchtigen/ Im euſſerſten gefild/ war aber nun geworden Was laͤßig/ traͤg und muͤd durch ſolche jagt und mordẽ; Auch waren ſeine pferd nicht mehr ſo friſch zum lauff/ Daher war er betruͤbt/ und nicht ſo gar wol auff/ Das ſchreyen war ihm zwar mit blindem ſchrecken kom- Vermiſchet zu gehoͤr; Doch hat er nicht genom̃en (men Die urſach deſſen ein; Das wars/ daß er kunt ſehn Und daraus nehmen ab/ es muͤſte ſo nicht ſtehn Wie ers gelaſſen haͤtt/ doch muſt er zu dem lermen Der ſehr verwirrten ſtadt und ungewoͤhnlich ſchwermen Die ohren ſpitzen hin. Was groſſe traurigkeit/ Ach leider! (ſaget er) mag dieſe arme leut Betruͤben in der ſtadt! Wie koͤmpt von allen ecken Der ſtadt ein groß geſchrey? Wer hat doch ſolches ſchre- Und ungeſtuͤm erregt? Mit dieſem zeucht er an (cken Den zuͤgel/ und haͤlt ſtill/ nicht wiſſend wie er dran/ Und
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Das Zwoͤlffte Buch.
Der koͤnig ſelber riß das kleid von ſeinem leibe/
Als er den ſchnoͤden tod erfuhr von ſeinem weibe/
Und dann berichtet ward von zuſtand und gefahr
Der ſtadt/ daß es ſo weit nun leider! kommen war;
Er wurde gantz beſtuͤrtzt und ſtarrete fuͤr ſchrecken/
Und kunte weder ſich begreiffen noch erwecken
Zum anſehn ſeines ſtands/ beſudelte das haar
Im ſtaube hin und her/ das ſehr begrawet war/
Und gab ihm ſelber ſchuld/ daß er nicht angenommen
Eneen haͤtte vor/ daß er zur heyraht kommen
Fuͤr Turno waͤre laͤngſt. Als dis nun war geſchehn/
Verfolgte Turnus noch den reſt der fluͤchtigen/
Im euſſerſten gefild/ war aber nun geworden
Was laͤßig/ traͤg und muͤd durch ſolche jagt und mordẽ;
Auch waren ſeine pferd nicht mehr ſo friſch zum lauff/
Daher war er betruͤbt/ und nicht ſo gar wol auff/
Das ſchreyen war ihm zwar mit blindem ſchrecken kom-
Vermiſchet zu gehoͤr; Doch hat er nicht genom̃en (men
Die urſach deſſen ein; Das wars/ daß er kunt ſehn
Und daraus nehmen ab/ es muͤſte ſo nicht ſtehn
Wie ers gelaſſen haͤtt/ doch muſt er zu dem lermen
Der ſehr verwirrten ſtadt und ungewoͤhnlich ſchwermen
Die ohren ſpitzen hin. Was groſſe traurigkeit/
Ach leider! (ſaget er) mag dieſe arme leut
Betruͤben in der ſtadt! Wie koͤmpt von allen ecken
Der ſtadt ein groß geſchrey? Wer hat doch ſolches ſchre-
Und ungeſtuͤm erregt? Mit dieſem zeucht er an (cken
Den zuͤgel/ und haͤlt ſtill/ nicht wiſſend wie er dran/
Und
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Zitationshilfe: | Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 644. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/666>, abgerufen am 27.07.2024. |