Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.

Bild:
<< vorherige Seite
Das Erste Buch.
Und schmeist uns hier und da an klippen berg und steine/
Daß kaum noch etliche das leben und gebeine
Gesund davon gebracht: Da sind wir an den strand
Gekommen endlich an und dieses euer land.
Wir aber wundern uns/ was doch die leute dencken/
Daß sie uns dörssen so mit solchem unfug kräncken.
Wo ist ein land/ da man die herberge versagt
Den frembdlingen und sie von seinem hafen jagt?
Das ist ja widers recht der völcker/ schau/ wir kommen/
Und haben keinem was gethan noch abgenommen/
Da wil man wehren uns zu lagern an den strand
Und werden sehr bedraut mit rauben/ mord und brand.
Im fall man aber nun der menschen stärck und waffen
Verächtlich halten wil/ als könten sie nichts schaffen;
So schaue man doch nur der Götter zorn und rach/
Als die zwar langsam gehn/ doch allezeit sind wach/
Und immer dencken dran/ wie einer hat gewandelt/
Hat jemand freventlieb und wider recht gehandelt/
So folgt ihn auff dem Fuß die straffe furcht und hohn/
Die tugend aber trägt der Götrer huld zu lohn.
Die Götter hatten uns gegeben einen könig/
Der hieß Eneas/ war ein mann/ der nicht zu wenig
Noch viel den sachen that/ war fromm/ gerecht und klug/
Der auch an streitbarkeit und raht den preiß wegtrug.
Imfall die Götter nun den theuren man erhalten/
Wo fern er lebt/ und nicht den grimmigen gewalten
Des todes unten ligt/ so stehets noch zur zeit
Umb uns gefährlich nicht/ und sagen ungescheut/
D
C 4
Das Erſte Buch.
Und ſchmeiſt uns hier und da an klippen berg und ſteine/
Daß kaum noch etliche das leben und gebeine
Geſund davon gebracht: Da ſind wir an den ſtrand
Gekommen endlich an und dieſes euer land.
Wir aber wundern uns/ was doch die leute dencken/
Daß ſie uns doͤrſſen ſo mit ſolchem unfug kraͤncken.
Wo iſt ein land/ da man die herberge verſagt
Den frembdlingen und ſie von ſeinem hafen jagt?
Das iſt ja widers recht der voͤlcker/ ſchau/ wir kommen/
Und haben keinem was gethan noch abgenommen/
Da wil man wehren uns zu lagern an den ſtrand
Und werden ſehr bedraut mit rauben/ mord und brand.
Im fall man aber nun der menſchen ſtaͤrck und waffen
Veraͤchtlich halten wil/ als koͤnten ſie nichts ſchaffen;
So ſchaue man doch nur der Goͤtter zorn und rach/
Als die zwar langſam gehn/ doch allezeit ſind wach/
Und immer dencken dran/ wie einer hat gewandelt/
Hat jemand freventlieb und wider recht gehandelt/
So folgt ihn auff dem Fuß die ſtraffe furcht und hohn/
Die tugend aber traͤgt der Goͤtꝛer huld zu lohn.
Die Goͤtter hatten uns gegeben einen koͤnig/
Der hieß Eneas/ war ein mann/ der nicht zu wenig
Noch viel den ſachen that/ war fromm/ gerecht und klug/
Der auch an ſtreitbarkeit und raht den preiß wegtrug.
Imfall die Goͤtter nun den theuren man erhalten/
Wo fern er lebt/ und nicht den grimmigen gewalten
Des todes unten ligt/ ſo ſtehets noch zur zeit
Umb uns gefaͤhrlich nicht/ und ſagen ungeſcheut/
D
C 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0061" n="39"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#fr">Das Er&#x017F;te Buch.</hi> </fw><lb/>
          <l>Und &#x017F;chmei&#x017F;t uns hier und da an klippen berg und &#x017F;teine/</l><lb/>
          <l>Daß kaum noch etliche das leben und gebeine</l><lb/>
          <l>Ge&#x017F;und davon gebracht: Da &#x017F;ind wir an den &#x017F;trand</l><lb/>
          <l>Gekommen endlich an und die&#x017F;es euer land.</l><lb/>
          <l>Wir aber wundern uns/ was doch die leute dencken/</l><lb/>
          <l><hi rendition="#fr">D</hi>&#x017F;ie uns do&#x0364;r&#x017F;&#x017F;en &#x017F;o mit &#x017F;olchem unfug kra&#x0364;ncken.</l><lb/>
          <l>Wo i&#x017F;t ein land/ da man die herberge ver&#x017F;agt</l><lb/>
          <l><hi rendition="#fr">D</hi>en frembdlingen und &#x017F;ie von &#x017F;einem hafen jagt<hi rendition="#i">?</hi></l><lb/>
          <l><hi rendition="#fr">D</hi>as i&#x017F;t ja widers recht der vo&#x0364;lcker/ &#x017F;chau/ wir kommen/</l><lb/>
          <l>Und haben keinem was gethan noch abgenommen/</l><lb/>
          <l><hi rendition="#fr">D</hi>a wil man wehren uns zu lagern an den &#x017F;trand</l><lb/>
          <l>Und werden &#x017F;ehr bedraut mit rauben/ mord und brand.</l><lb/>
          <l>Im fall man aber nun der men&#x017F;chen &#x017F;ta&#x0364;rck und waffen</l><lb/>
          <l>Vera&#x0364;chtlich halten wil/ als ko&#x0364;nten &#x017F;ie nichts &#x017F;chaffen<hi rendition="#i">;</hi></l><lb/>
          <l>So &#x017F;chaue man doch nur der Go&#x0364;tter zorn und rach/</l><lb/>
          <l>Als die zwar lang&#x017F;am gehn/ doch allezeit &#x017F;ind wach/</l><lb/>
          <l>Und immer dencken dran/ wie einer hat gewandelt/</l><lb/>
          <l>Hat jemand freventlieb und wider recht gehandelt/</l><lb/>
          <l>So folgt ihn auff dem Fuß die &#x017F;traffe furcht und hohn/</l><lb/>
          <l><hi rendition="#fr">D</hi>ie tugend aber tra&#x0364;gt der Go&#x0364;t&#xA75B;er huld zu lohn.</l><lb/>
          <l><hi rendition="#fr">D</hi>ie Go&#x0364;tter hatten uns gegeben einen ko&#x0364;nig/</l><lb/>
          <l><hi rendition="#fr">D</hi>er hieß Eneas/ war ein mann/ der nicht zu wenig</l><lb/>
          <l>Noch viel den &#x017F;achen that/ war fromm/ gerecht und klug/</l><lb/>
          <l><hi rendition="#fr">D</hi>er auch an &#x017F;treitbarkeit und raht den preiß wegtrug.</l><lb/>
          <l>Imfall die Go&#x0364;tter nun den theuren man erhalten/</l><lb/>
          <l>Wo fern er lebt/ und nicht den grimmigen gewalten</l><lb/>
          <l><hi rendition="#fr">D</hi>es todes unten ligt/ &#x017F;o &#x017F;tehets noch zur zeit</l><lb/>
          <l>Umb uns gefa&#x0364;hrlich nicht/ und &#x017F;agen unge&#x017F;cheut/</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">C 4</fw>
          <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">D</hi></fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[39/0061] Das Erſte Buch. Und ſchmeiſt uns hier und da an klippen berg und ſteine/ Daß kaum noch etliche das leben und gebeine Geſund davon gebracht: Da ſind wir an den ſtrand Gekommen endlich an und dieſes euer land. Wir aber wundern uns/ was doch die leute dencken/ Daß ſie uns doͤrſſen ſo mit ſolchem unfug kraͤncken. Wo iſt ein land/ da man die herberge verſagt Den frembdlingen und ſie von ſeinem hafen jagt? Das iſt ja widers recht der voͤlcker/ ſchau/ wir kommen/ Und haben keinem was gethan noch abgenommen/ Da wil man wehren uns zu lagern an den ſtrand Und werden ſehr bedraut mit rauben/ mord und brand. Im fall man aber nun der menſchen ſtaͤrck und waffen Veraͤchtlich halten wil/ als koͤnten ſie nichts ſchaffen; So ſchaue man doch nur der Goͤtter zorn und rach/ Als die zwar langſam gehn/ doch allezeit ſind wach/ Und immer dencken dran/ wie einer hat gewandelt/ Hat jemand freventlieb und wider recht gehandelt/ So folgt ihn auff dem Fuß die ſtraffe furcht und hohn/ Die tugend aber traͤgt der Goͤtꝛer huld zu lohn. Die Goͤtter hatten uns gegeben einen koͤnig/ Der hieß Eneas/ war ein mann/ der nicht zu wenig Noch viel den ſachen that/ war fromm/ gerecht und klug/ Der auch an ſtreitbarkeit und raht den preiß wegtrug. Imfall die Goͤtter nun den theuren man erhalten/ Wo fern er lebt/ und nicht den grimmigen gewalten Des todes unten ligt/ ſo ſtehets noch zur zeit Umb uns gefaͤhrlich nicht/ und ſagen ungeſcheut/ Daß C 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/61
Zitationshilfe: Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/61>, abgerufen am 09.11.2024.