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Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.

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Das Eilffte Buch.
Als nun der Troer fürst zur thür hinein gegangen/
Da wurde groß geheul und trauren angefangen/
Sie schlugen an die brust mit seufftzen/ klag und leid/
Der königliche hoff erschallte weit und breit.
Eneas/ als er selbste in augenschein/ genommen
Den Pallas/ wie er lag verblichen/ und bekommen
An seine zarte brust ein offne schwere wund/
Die er von Turnus spieß mit grossem weh empfund.
Fieng so mit thränen an: Ach du clonder knabe/
Sagt er/ hat denn das glück mir nicht gegönnt die gabe/
Da es so frölich zu mir kam/ daß ich an dir
Hätt meine freud und ehr gehabet nach begier?
Hab ich dich länger nicht im leben mögen sehen/
Da mein geluck begunt in vollem flor zustehen?
Hast du mein königreich nicht müssen schauen an/
Noch kommen wieder heim/ als tapffrer siegesman?
So ist dein vater nicht von mir versichert worden/
Dem ich versprach/ daß du von feindes hand und morden
Verschonet soltest seyn. Ich dencke noch daran/
Da ich von ihm zog weg/ was er mir guts gethan:
In dem er mich umbfieng/ erwiese lieb und güte/
Und ließ mich offen sehn sein königlich gemüthe/
Und mit ansehnlicher gewalt verschickte zwar/
Doch sorgsam warnete für mancherley gefahr.
Es wär in Latien ein hartes volck zu finden/
Und schwer dasselbige mit ruhm zu überwinden:
Nun hat sein hoffnung ihn betrogen (leider!) sehr/
Die er zu mir gesetzt/ und thut vielleicht noch mehr
Gelübd
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Das Eilffte Buch.
Als nun der Troer fuͤrſt zur thuͤr hinein gegangen/
Da wurde groß geheul und trauren angefangen/
Sie ſchlugen an die bruſt mit ſeufftzen/ klag und leid/
Der koͤnigliche hoff erſchallte weit und breit.
Eneas/ als er ſelbſte in augenſchein/ genommen
Den Pallas/ wie er lag verblichen/ und bekommen
An ſeine zarte bruſt ein offne ſchwere wund/
Die er von Turnus ſpieß mit groſſem weh empfund.
Fieng ſo mit thraͤnen an: Ach du clonder knabe/
Sagt er/ hat denn das gluͤck mir nicht gegoͤnnt die gabe/
Da es ſo froͤlich zu mir kam/ daß ich an dir
Haͤtt meine freud und ehr gehabet nach begier?
Hab ich dich laͤnger nicht im leben moͤgen ſehen/
Da mein gelůck begunt in vollem flor zuſtehen?
Haſt du mein koͤnigreich nicht muͤſſen ſchauen an/
Noch kommen wieder heim/ als tapffrer ſiegesman?
So iſt dein vater nicht von mir verſichert worden/
Dem ich verſprach/ daß du von feindes hand und morden
Verſchonet ſolteſt ſeyn. Ich dencke noch daran/
Da ich von ihm zog weg/ was er mir guts gethan:
In dem er mich umbfieng/ erwieſe lieb und guͤte/
Und ließ mich offen ſehn ſein koͤniglich gemuͤthe/
Und mit anſehnlicher gewalt verſchickte zwar/
Doch ſorgſam warnete fuͤr mancherley gefahr.
Es waͤr in Latien ein hartes volck zu finden/
Und ſchwer daſſelbige mit ruhm zu uͤberwinden:
Nun hat ſein hoffnung ihn betrogen (leider!) ſehr/
Die er zu mir geſetzt/ und thut vielleicht noch mehr
Geluͤbd
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[537/0559] Das Eilffte Buch. Als nun der Troer fuͤrſt zur thuͤr hinein gegangen/ Da wurde groß geheul und trauren angefangen/ Sie ſchlugen an die bruſt mit ſeufftzen/ klag und leid/ Der koͤnigliche hoff erſchallte weit und breit. Eneas/ als er ſelbſte in augenſchein/ genommen Den Pallas/ wie er lag verblichen/ und bekommen An ſeine zarte bruſt ein offne ſchwere wund/ Die er von Turnus ſpieß mit groſſem weh empfund. Fieng ſo mit thraͤnen an: Ach du clonder knabe/ Sagt er/ hat denn das gluͤck mir nicht gegoͤnnt die gabe/ Da es ſo froͤlich zu mir kam/ daß ich an dir Haͤtt meine freud und ehr gehabet nach begier? Hab ich dich laͤnger nicht im leben moͤgen ſehen/ Da mein gelůck begunt in vollem flor zuſtehen? Haſt du mein koͤnigreich nicht muͤſſen ſchauen an/ Noch kommen wieder heim/ als tapffrer ſiegesman? So iſt dein vater nicht von mir verſichert worden/ Dem ich verſprach/ daß du von feindes hand und morden Verſchonet ſolteſt ſeyn. Ich dencke noch daran/ Da ich von ihm zog weg/ was er mir guts gethan: In dem er mich umbfieng/ erwieſe lieb und guͤte/ Und ließ mich offen ſehn ſein koͤniglich gemuͤthe/ Und mit anſehnlicher gewalt verſchickte zwar/ Doch ſorgſam warnete fuͤr mancherley gefahr. Es waͤr in Latien ein hartes volck zu finden/ Und ſchwer daſſelbige mit ruhm zu uͤberwinden: Nun hat ſein hoffnung ihn betrogen (leider!) ſehr/ Die er zu mir geſetzt/ und thut vielleicht noch mehr Geluͤbd L l 5

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Zitationshilfe: Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 537. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/559>, abgerufen am 17.05.2024.