Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.Das Zehende Buch. Und lieffen zum gestad und schleppeten den wagen:In des fuhr Lucagus mit ungestümen jagen Auf einem wagen her/ daran zwey roß gespannt/ Sein bruder Liger mit ihm in die feinde rannt/ Sein bruder aber nahm den zügel und regierte Die pferde/ Lucagus den blossen degen führte und schwung ihn um den kopff mit unerschrocknem muth. Eneas aber ließ das ihnen nicht seyn gut/ Und kunte leiden nicht ihr übermüthig toben/ Daß sie sich unters volck so ungestüm erhoben/ gieng auff sie grimmig loß/ und stundt mit langem spieß Gerichtet wider sie und sich behertzt er wieß. Zu dem fieng Liger an vermessentlich zu reden: Du siehst die pferde nicht für dir des Diomeden/ Achillens wagen nicht; Auch nicht der Phryger feld/ Es wird dir nun das ziel des krieges fürgestellt/ Und deines lebens end in diesem unsern lande: Man hörte diese red/ die er aus unverstande Und tollem sinn bracht für/ in lager weit und breit/ Doch wolt Eneas nicht mit worten thun bescheid/ Schwung lieber seinen spieß mit gantzen leibeskräfften/ Und wolte seinem feind eins auf die gosche hefften/ Als nun der Lucagus/ in dem er fürwerts hieng Und auf die pferde zu zuschlagen jtzt anfieng/ Auch mit dem spiesse dreut/ den lincken fuß recht setzte: Zum streit/ da kam der spieß und ihn sehr hart verletzte: Denn er gieng durch den rand des schildes/ und fuhr ihm lincks bey der scham ins beim mit sehwerer pein und grimm[/] Und
Das Zehende Buch. Und lieffen zum geſtad und ſchleppeten den wagen:In des fuhr Lucagus mit ungeſtuͤmen jagen Auf einem wagen her/ daran zwey roß geſpannt/ Sein bruder Liger mit ihm in die feinde rannt/ Sein bruder aber nahm den zuͤgel und regierte Die pferde/ Lucagus den bloſſen degen fuͤhrte und ſchwung ihn um den kopff mit unerſchrocknem muth. Eneas aber ließ das ihnen nicht ſeyn gut/ Und kunte leiden nicht ihr uͤbermuͤthig toben/ Daß ſie ſich unters volck ſo ungeſtuͤm erhoben/ gieng auff ſie grimmig loß/ und ſtundt mit langem ſpieß Gerichtet wider ſie und ſich behertzt er wieß. Zu dem fieng Liger an vermeſſentlich zu reden: Du ſiehſt die pferde nicht fuͤr dir des Diomeden/ Achillens wagen nicht; Auch nicht der Phryger feld/ Es wird dir nun das ziel des krieges fuͤrgeſtellt/ Und deines lebens end in dieſem unſern lande: Man hoͤrte dieſe red/ die er aus unverſtande Und tollem ſinn bracht fuͤr/ in lager weit und breit/ Doch wolt Eneas nicht mit worten thun beſcheid/ Schwung lieber ſeinen ſpieß mit gantzen leibeskraͤfften/ Und wolte ſeinem feind eins auf die goſche hefften/ Als nun der Lucagus/ in dem er fuͤrwerts hieng Und auf die pferde zu zuſchlagen jtzt anfieng/ Auch mit dem ſpieſſe dreut/ den lincken fuß recht ſetzte: Zum ſtreit/ da kam der ſpieß und ihn ſehr hart verletzte: Denn er gieng durch den rand des ſchildes/ und fuhr ihm lincks bey der ſcham ins beim mit ſehwerer pein und grim̃[/] Und
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0533" n="511"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#fr">Das Zehende Buch.</hi> </fw><lb/> <l>Und lieffen zum geſtad und ſchleppeten den wagen:</l><lb/> <l>In des fuhr Lucagus mit ungeſtuͤmen jagen</l><lb/> <l>Auf einem wagen her/ daran zwey roß geſpannt/</l><lb/> <l>Sein bruder Liger mit ihm in die feinde rannt/</l><lb/> <l>Sein bruder aber nahm den zuͤgel und regierte</l><lb/> <l>Die pferde/ Lucagus den bloſſen degen fuͤhrte</l><lb/> <l>und ſchwung ihn um den kopff mit unerſchrocknem muth.</l><lb/> <l>Eneas aber ließ das ihnen nicht ſeyn gut/</l><lb/> <l>Und kunte leiden nicht ihr uͤbermuͤthig toben/</l><lb/> <l><hi rendition="#fr">D</hi>aß ſie ſich unters volck ſo ungeſtuͤm erhoben/</l><lb/> <l>gieng auff ſie grimmig loß/ und ſtundt mit langem ſpieß</l><lb/> <l>Gerichtet wider ſie und ſich behertzt er wieß.</l><lb/> <l>Zu dem fieng Liger an vermeſſentlich zu reden:</l><lb/> <l>Du ſiehſt die pferde nicht fuͤr dir des Diomeden/</l><lb/> <l>Achillens wagen nicht; Auch nicht der Phryger feld/</l><lb/> <l><hi rendition="#fr">E</hi>s wird dir nun das ziel des krieges fuͤrgeſtellt/</l><lb/> <l>Und deines lebens end in dieſem unſern lande:</l><lb/> <l>Man hoͤrte dieſe red/ die er aus unverſtande</l><lb/> <l>Und tollem ſinn bracht fuͤr/ in lager weit und breit/</l><lb/> <l>Doch wolt Eneas nicht mit worten thun beſcheid/</l><lb/> <l>Schwung lieber ſeinen ſpieß mit gantzen leibeskraͤfften/</l><lb/> <l>Und wolte ſeinem feind eins auf die goſche hefften/</l><lb/> <l>Als nun der Lucagus/ in dem er fuͤrwerts hieng</l><lb/> <l>Und auf die pferde zu zuſchlagen jtzt anfieng/</l><lb/> <l>Auch mit dem ſpieſſe dreut/ den lincken fuß recht ſetzte:</l><lb/> <l>Zum ſtreit/ da kam der ſpieß und ihn ſehr hart verletzte:</l><lb/> <l>Denn er gieng durch den rand des ſchildes/ und fuhr ihm</l><lb/> <l>lincks bey der ſcham ins beim mit ſehwerer pein und grim̃<supplied>/</supplied></l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [511/0533]
Das Zehende Buch.
Und lieffen zum geſtad und ſchleppeten den wagen:
In des fuhr Lucagus mit ungeſtuͤmen jagen
Auf einem wagen her/ daran zwey roß geſpannt/
Sein bruder Liger mit ihm in die feinde rannt/
Sein bruder aber nahm den zuͤgel und regierte
Die pferde/ Lucagus den bloſſen degen fuͤhrte
und ſchwung ihn um den kopff mit unerſchrocknem muth.
Eneas aber ließ das ihnen nicht ſeyn gut/
Und kunte leiden nicht ihr uͤbermuͤthig toben/
Daß ſie ſich unters volck ſo ungeſtuͤm erhoben/
gieng auff ſie grimmig loß/ und ſtundt mit langem ſpieß
Gerichtet wider ſie und ſich behertzt er wieß.
Zu dem fieng Liger an vermeſſentlich zu reden:
Du ſiehſt die pferde nicht fuͤr dir des Diomeden/
Achillens wagen nicht; Auch nicht der Phryger feld/
Es wird dir nun das ziel des krieges fuͤrgeſtellt/
Und deines lebens end in dieſem unſern lande:
Man hoͤrte dieſe red/ die er aus unverſtande
Und tollem ſinn bracht fuͤr/ in lager weit und breit/
Doch wolt Eneas nicht mit worten thun beſcheid/
Schwung lieber ſeinen ſpieß mit gantzen leibeskraͤfften/
Und wolte ſeinem feind eins auf die goſche hefften/
Als nun der Lucagus/ in dem er fuͤrwerts hieng
Und auf die pferde zu zuſchlagen jtzt anfieng/
Auch mit dem ſpieſſe dreut/ den lincken fuß recht ſetzte:
Zum ſtreit/ da kam der ſpieß und ihn ſehr hart verletzte:
Denn er gieng durch den rand des ſchildes/ und fuhr ihm
lincks bey der ſcham ins beim mit ſehwerer pein und grim̃/
Und
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/533 |
Zitationshilfe: | Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 511. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/533>, abgerufen am 27.07.2024. |