Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.Das Sechste Buch. Ein andrer wird vom feur gebrennet und gefeget/Ein jeder findet/ was ihn schmertzet/ ängstet/ reget Und voller unruh macht. Hernach dann werden wir Gelassen in die Aw/ die voller lust und zier; Jedoch sind wenig/ die in solche schöne felder Gelassen werden ein/ und in die freuden-wälder/ Auch unser wenige besitzen dieses feld/ Darinne lauter lust und wonne sich euthält. So lange bis die zeit von Gott gesetzt gekommen/ Und allen unflat hat den seelen abgenommen Und übrig blieben ist der himmelreine sinn/ Der schlecht und bloß gericht zu seinen uhrsprung hin. Wenn nun in solchem stand sind tausend jahr verlauffen/ So fodert sie Gott ab zum Lethe bach mit hauffen/ Daß sie uneingedenck sich sehnen wiederumb Hin in die vorge welt und altes eigenthumb Und schöpffen wieder lust in vorgen leib zu kehren. Als nun Anchises sich so hatte lassen hören/ Nimmt er den sohn mit sich/ wie auch die priesterin Und führt sie durch die schaar der seelen mitten hin/ Da groß geräusche war/ Geplerr und lautes schreyen/ Steigt einen hügel an/ daß er durch alle reyhen/ Wie sie stehn/ könne sehn/ und wisse/ wer der sey/ Der etwan hier und dort geht weg/ und kömmt herbey. Wolan! (sagt er) nun wil ich kürtzlich dir erzehlen/ Wie das Trojaner volck/ die außerlessnen seelen/ Wird hoch berühmet seyn/ und was nach Gottes recht Von Welschem volcke wird entstehn für ein geschlecht/ Das
Das Sechſte Buch. Ein andrer wird vom feur gebrennet und gefeget/Ein jeder findet/ was ihn ſchmertzet/ aͤngſtet/ reget Und voller unruh macht. Hernach dann werden wir Gelaſſen in die Aw/ die voller luſt und zier; Jedoch ſind wenig/ die in ſolche ſchoͤne felder Gelaſſen werden ein/ und in die freuden-waͤlder/ Auch unſer wenige beſitzen dieſes feld/ Darinne lauter luſt und wonne ſich euthaͤlt. So lange bis die zeit von Gott geſetzt gekommen/ Und allen unflat hat den ſeelen abgenommen Und uͤbrig blieben iſt der himmelreine ſinn/ Der ſchlecht und bloß gericht zu ſeinen uhrſprung hin. Weñ nun in ſolchem ſtand ſind tauſend jahr verlauffen/ So fodert ſie Gott ab zum Lethe bach mit hauffen/ Daß ſie uneingedenck ſich ſehnen wiederumb Hin in die vorge welt und altes eigenthumb Und ſchoͤpffen wieder luſt in vorgen leib zu kehren. Als nun Anchiſes ſich ſo hatte laſſen hoͤren/ Nimmt er den ſohn mit ſich/ wie auch die prieſterin Und fuͤhrt ſie durch die ſchaar der ſeelen mitten hin/ Da groß geraͤuſche war/ Geplerr und lautes ſchreyen/ Steigt einen huͤgel an/ daß er durch alle reyhen/ Wie ſie ſtehn/ koͤnne ſehn/ und wiſſe/ wer der ſey/ Der etwan hier und dort geht weg/ und koͤmmt herbey. Wolan! (ſagt er) nun wil ich kuͤrtzlich dir erzehlen/ Wie das Trojaner volck/ die außerleſſnen ſeelen/ Wird hoch beruͤhmet ſeyn/ und was nach Gottes recht Von Welſchem volcke wird entſtehn fuͤr ein geſchlecht/ Das
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0328" n="306"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#fr">Das Sechſte Buch.</hi> </fw><lb/> <l><hi rendition="#fr">E</hi>in andrer wird vom feur gebrennet und gefeget/</l><lb/> <l>Ein jeder findet/ was ihn ſchmertzet/ aͤngſtet/ reget</l><lb/> <l>Und voller unruh macht. Hernach dann werden wir</l><lb/> <l>Gelaſſen in die Aw/ die voller luſt und zier<hi rendition="#i">;</hi></l><lb/> <l>Jedoch ſind wenig/ die in ſolche ſchoͤne felder</l><lb/> <l>Gelaſſen werden ein/ und in die freuden-waͤlder/</l><lb/> <l>Auch unſer wenige beſitzen dieſes feld/</l><lb/> <l>Darinne lauter luſt und wonne ſich euthaͤlt.</l><lb/> <l>So lange bis die zeit von Gott geſetzt gekommen/</l><lb/> <l>Und allen unflat hat den ſeelen abgenommen</l><lb/> <l>Und uͤbrig blieben iſt der himmelreine ſinn/</l><lb/> <l>Der ſchlecht und bloß gericht zu ſeinen uhrſprung hin.</l><lb/> <l>Weñ nun in ſolchem ſtand ſind tauſend jahr verlauffen/</l><lb/> <l>So fodert ſie Gott ab zum Lethe bach mit hauffen/</l><lb/> <l>Daß ſie uneingedenck ſich ſehnen wiederumb</l><lb/> <l>Hin in die vorge welt und altes eigenthumb</l><lb/> <l>Und ſchoͤpffen wieder luſt in vorgen leib zu kehren.</l><lb/> <l>Als nun Anchiſes ſich ſo hatte laſſen hoͤren/</l><lb/> <l>Nimmt er den ſohn mit ſich/ wie auch die prieſterin</l><lb/> <l>Und fuͤhrt ſie durch die ſchaar der ſeelen mitten hin/</l><lb/> <l>Da groß geraͤuſche war/ Geplerr und lautes ſchreyen/</l><lb/> <l>Steigt einen huͤgel an/ daß er durch alle reyhen/</l><lb/> <l>Wie ſie ſtehn/ koͤnne ſehn/ und wiſſe/ wer der ſey/</l><lb/> <l>Der etwan hier und dort geht weg/ und koͤmmt herbey.</l><lb/> <l>Wolan<hi rendition="#i">!</hi> (ſagt er) nun wil ich kuͤrtzlich dir erzehlen/</l><lb/> <l>Wie das Trojaner volck/ die außerleſſnen ſeelen/</l><lb/> <l>Wird hoch beruͤhmet ſeyn/ und was nach Gottes recht</l><lb/> <l>Von Welſchem volcke wird entſtehn fuͤr ein geſchlecht/</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Das</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [306/0328]
Das Sechſte Buch.
Ein andrer wird vom feur gebrennet und gefeget/
Ein jeder findet/ was ihn ſchmertzet/ aͤngſtet/ reget
Und voller unruh macht. Hernach dann werden wir
Gelaſſen in die Aw/ die voller luſt und zier;
Jedoch ſind wenig/ die in ſolche ſchoͤne felder
Gelaſſen werden ein/ und in die freuden-waͤlder/
Auch unſer wenige beſitzen dieſes feld/
Darinne lauter luſt und wonne ſich euthaͤlt.
So lange bis die zeit von Gott geſetzt gekommen/
Und allen unflat hat den ſeelen abgenommen
Und uͤbrig blieben iſt der himmelreine ſinn/
Der ſchlecht und bloß gericht zu ſeinen uhrſprung hin.
Weñ nun in ſolchem ſtand ſind tauſend jahr verlauffen/
So fodert ſie Gott ab zum Lethe bach mit hauffen/
Daß ſie uneingedenck ſich ſehnen wiederumb
Hin in die vorge welt und altes eigenthumb
Und ſchoͤpffen wieder luſt in vorgen leib zu kehren.
Als nun Anchiſes ſich ſo hatte laſſen hoͤren/
Nimmt er den ſohn mit ſich/ wie auch die prieſterin
Und fuͤhrt ſie durch die ſchaar der ſeelen mitten hin/
Da groß geraͤuſche war/ Geplerr und lautes ſchreyen/
Steigt einen huͤgel an/ daß er durch alle reyhen/
Wie ſie ſtehn/ koͤnne ſehn/ und wiſſe/ wer der ſey/
Der etwan hier und dort geht weg/ und koͤmmt herbey.
Wolan! (ſagt er) nun wil ich kuͤrtzlich dir erzehlen/
Wie das Trojaner volck/ die außerleſſnen ſeelen/
Wird hoch beruͤhmet ſeyn/ und was nach Gottes recht
Von Welſchem volcke wird entſtehn fuͤr ein geſchlecht/
Das
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |