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Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.

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Das Sechste Buch.
Diß alles wil ich dir/ mein sohn/ geziemter massen
Erzehlen und dich nicht in zweiffel sticken lassen;
Drauff fängt Anchises an und meldet nach der reyh/
Wie diese gantze welt von Gott geschaffen sey.
Anfänglich ist ein geist im himmel/ erd und meere
Und in des mondes kreyß und sonn und strenen heere/
Der alles nehrt und trägt/ und durch die gantze welt
Ergeust sich diese krafft/ die alls geschöpff beseelt/
Und wil vermischet seyn mit diesem grossen runde/
Daher der mensch/ das vieh und vögel art entstunde/
Wie auch das schuppen heer/ das in dem meere schwebt/
Sie haben seel und krafft/ dadurch ein jedes lebt;
Ohn das die leiber sie und irrdische gelieder
Durch abgelebte zeit und kranckheit drücken nieder/
Deßwegen fühlen sie furcht/ hoffnung/ freud und leid/
Und können sehen nicht der warheit lauterkeit.
Weil sie verschlossen sind in finstrer leibes höhle;
Ja wenn in letztem zug der leib wird von der seele
Verlassen/ läst doch nicht der angeklebte wust
Gantz von der seele loß noch alle böse lust.
Es muß viel unrath noch/ den niemand kunt vertreiben/
Der sehr veraltet ist/ dahinden endlich bleiben;
Derhalben werden sie geübt durch straff und zucht;
Dadurch sie kommen loß von aller bösen sucht.
Es werden etliche an freye lufft gehencket/
Und etlich in dem grund des tieffen meers gesencket/
Da aller sünden schlamm wird gleichsam abgespühlt/
Und nicht mehr ungemach die arme seele fühlt.
Ein
U
Das Sechſte Buch.
Diß alles wil ich dir/ mein ſohn/ geziemter maſſen
Erzehlen und dich nicht in zweiffel ſticken laſſen;
Drauff faͤngt Anchiſes an und meldet nach der reyh/
Wie dieſe gantze welt von Gott geſchaffen ſey.
Anfaͤnglich iſt ein geiſt im himmel/ erd und meere
Und in des mondes kreyß und ſonn und ſtrenen heere/
Der alles nehrt und traͤgt/ und durch die gantze welt
Ergeuſt ſich dieſe krafft/ die alls geſchoͤpff beſeelt/
Und wil vermiſchet ſeyn mit dieſem groſſen runde/
Daher der menſch/ das vieh und voͤgel art entſtunde/
Wie auch das ſchuppen heer/ das in dem meere ſchwebt/
Sie haben ſeel und krafft/ dadurch ein jedes lebt;
Ohn das die leiber ſie und irrdiſche gelieder
Durch abgelebte zeit und kranckheit druͤcken nieder/
Deßwegen fuͤhlen ſie furcht/ hoffnung/ freud und leid/
Und koͤnnen ſehen nicht der warheit lauterkeit.
Weil ſie verſchloſſen ſind in finſtrer leibes hoͤhle;
Ja wenn in letztem zug der leib wird von der ſeele
Verlaſſen/ laͤſt doch nicht der angeklebte wuſt
Gantz von der ſeele loß noch alle boͤſe luſt.
Es muß viel unrath noch/ den niemand kunt vertreiben/
Der ſehr veraltet iſt/ dahinden endlich bleiben;
Derhalben werden ſie geuͤbt durch ſtraff und zucht;
Dadurch ſie kommen loß von aller boͤſen ſucht.
Es werden etliche an freye lufft gehencket/
Und etlich in dem grund des tieffen meers geſencket/
Da aller ſuͤnden ſchlamm wird gleichſam abgeſpuͤhlt/
Und nicht mehr ungemach die arme ſeele fuͤhlt.
Ein
U
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[305/0327] Das Sechſte Buch. Diß alles wil ich dir/ mein ſohn/ geziemter maſſen Erzehlen und dich nicht in zweiffel ſticken laſſen; Drauff faͤngt Anchiſes an und meldet nach der reyh/ Wie dieſe gantze welt von Gott geſchaffen ſey. Anfaͤnglich iſt ein geiſt im himmel/ erd und meere Und in des mondes kreyß und ſonn und ſtrenen heere/ Der alles nehrt und traͤgt/ und durch die gantze welt Ergeuſt ſich dieſe krafft/ die alls geſchoͤpff beſeelt/ Und wil vermiſchet ſeyn mit dieſem groſſen runde/ Daher der menſch/ das vieh und voͤgel art entſtunde/ Wie auch das ſchuppen heer/ das in dem meere ſchwebt/ Sie haben ſeel und krafft/ dadurch ein jedes lebt; Ohn das die leiber ſie und irrdiſche gelieder Durch abgelebte zeit und kranckheit druͤcken nieder/ Deßwegen fuͤhlen ſie furcht/ hoffnung/ freud und leid/ Und koͤnnen ſehen nicht der warheit lauterkeit. Weil ſie verſchloſſen ſind in finſtrer leibes hoͤhle; Ja wenn in letztem zug der leib wird von der ſeele Verlaſſen/ laͤſt doch nicht der angeklebte wuſt Gantz von der ſeele loß noch alle boͤſe luſt. Es muß viel unrath noch/ den niemand kunt vertreiben/ Der ſehr veraltet iſt/ dahinden endlich bleiben; Derhalben werden ſie geuͤbt durch ſtraff und zucht; Dadurch ſie kommen loß von aller boͤſen ſucht. Es werden etliche an freye lufft gehencket/ Und etlich in dem grund des tieffen meers geſencket/ Da aller ſuͤnden ſchlamm wird gleichſam abgeſpuͤhlt/ Und nicht mehr ungemach die arme ſeele fuͤhlt. Ein U

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Zitationshilfe: Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/327>, abgerufen am 22.11.2024.