Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.Das Fünffte Buch. Zu sprechen gleiches recht: man baut auch einen tempelDer Göttin Venus da/ zu ehren und exempel Des keuschen ehebunds auf wolcken-hoher höh Des Erycinschen bergs/ und/ das der orth besteh Mit heiliger gebühr/ wird bey Anchisens grabe Ein priesterhauß gebaut/ damit die opffer gabe Und dienst der Göttin stets bestellet werden kan; Es wird zum selben auch ein heilger wald gethan: Die völcker hatten nun neun tage lang gesessen/ Und mit einander fein in fröligkeit gegessen/ Wie auch ihr opffer hingelegt auf den altar/ Da sahe man das meer gantz still und ohn gefahr. Die winde lassen sich mit ihrem sanfften wehen Vernehmen/ daß man sol zu segel wieder gehen; Da hört man ein geheul herumb an gantzem port/ Verziehn noch tag und nacht/ ehe sie sich machen fort. Sie letzen sich mit wuntsch und eingemischten zähren/ Nun wil das weibesvolck sich anders erst erklären/ Und hat lust mit zu ziehn/ die ehemals für das meer Und dessen schreckenbild sich liessen grauen sehr. Schwer war es ihnen vor an Meergott zu gedencken/ Itzt aber wollen sie sich keines weges kräncken/ Sind willig und bereit zu dulden spat und früh Zu wasser und zu land angst/ noth/ gefahr und müh. Der gut Eneas nun spricht ihnen zu mit worten Auffs allerfreundlichste/ sie möchten dieser orthen Gebrauchen ruhiglich. Befiehlt sie auf das best Mit thränen seinem freund dem gütigen Acest. Be-
Das Fuͤnffte Buch. Zu ſprechen gleiches recht: man baut auch einen tempelDer Goͤttin Venus da/ zu ehren und exempel Des keuſchen ehebunds auf wolcken-hoher hoͤh Des Erycinſchen bergs/ und/ das der orth beſteh Mit heiliger gebuͤhr/ wird bey Anchiſens grabe Ein prieſterhauß gebaut/ damit die opffer gabe Und dienſt der Goͤttin ſtets beſtellet werden kan; Es wird zum ſelben auch ein heilger wald gethan: Die voͤlcker hatten nun neun tage lang geſeſſen/ Und mit einander fein in froͤligkeit gegeſſen/ Wie auch ihr opffer hingelegt auf den altar/ Da ſahe man das meer gantz ſtill und ohn gefahr. Die winde laſſen ſich mit ihrem ſanfften wehen Vernehmen/ daß man ſol zu ſegel wieder gehen; Da hoͤrt man ein geheul herumb an gantzem port/ Verziehn noch tag und nacht/ ehe ſie ſich machen fort. Sie letzen ſich mit wuntſch und eingemiſchten zaͤhren/ Nun wil das weibesvolck ſich anders erſt erklaͤren/ Und hat luſt mit zu ziehn/ die ehemals fuͤr das meer Und deſſen ſchreckenbild ſich lieſſen grauen ſehr. Schwer war es ihnen vor an Meergott zu gedencken/ Itzt aber wollen ſie ſich keines weges kraͤncken/ Sind willig und bereit zu dulden ſpat und fruͤh Zu waſſer und zu land angſt/ noth/ gefahr und muͤh. Der gut Eneas nun ſpricht ihnen zu mit worten Auffs allerfreundlichſte/ ſie moͤchten dieſer orthen Gebrauchen ruhiglich. Befiehlt ſie auf das beſt Mit thraͤnen ſeinem freund dem guͤtigen Aceſt. Be-
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Das Fuͤnffte Buch.
Zu ſprechen gleiches recht: man baut auch einen tempel
Der Goͤttin Venus da/ zu ehren und exempel
Des keuſchen ehebunds auf wolcken-hoher hoͤh
Des Erycinſchen bergs/ und/ das der orth beſteh
Mit heiliger gebuͤhr/ wird bey Anchiſens grabe
Ein prieſterhauß gebaut/ damit die opffer gabe
Und dienſt der Goͤttin ſtets beſtellet werden kan;
Es wird zum ſelben auch ein heilger wald gethan:
Die voͤlcker hatten nun neun tage lang geſeſſen/
Und mit einander fein in froͤligkeit gegeſſen/
Wie auch ihr opffer hingelegt auf den altar/
Da ſahe man das meer gantz ſtill und ohn gefahr.
Die winde laſſen ſich mit ihrem ſanfften wehen
Vernehmen/ daß man ſol zu ſegel wieder gehen;
Da hoͤrt man ein geheul herumb an gantzem port/
Verziehn noch tag und nacht/ ehe ſie ſich machen fort.
Sie letzen ſich mit wuntſch und eingemiſchten zaͤhren/
Nun wil das weibesvolck ſich anders erſt erklaͤren/
Und hat luſt mit zu ziehn/ die ehemals fuͤr das meer
Und deſſen ſchreckenbild ſich lieſſen grauen ſehr.
Schwer war es ihnen vor an Meergott zu gedencken/
Itzt aber wollen ſie ſich keines weges kraͤncken/
Sind willig und bereit zu dulden ſpat und fruͤh
Zu waſſer und zu land angſt/ noth/ gefahr und muͤh.
Der gut Eneas nun ſpricht ihnen zu mit worten
Auffs allerfreundlichſte/ ſie moͤchten dieſer orthen
Gebrauchen ruhiglich. Befiehlt ſie auf das beſt
Mit thraͤnen ſeinem freund dem guͤtigen Aceſt.
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Zitationshilfe: | Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/274>, abgerufen am 29.07.2024. |