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Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.

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Das Vierdte Buch.
Daß es ihr solte so zu ihren tode tügen:
Als sie nun siehet da des Troers kleider ligen
Und das bekandte bett/ legt sie sich oben drauff
Und hemmt mit stillem sinn der milden zähren lauff.
Äls sie ein wenig nun kaum hatte lufft geschnaubet/
Und diese kurtze ruh dem schwachen sinn erlaubet/
Läßt sie sich endlich aus in volle raserey/
Und saget diese wort als letzten noch darbey:
Ihr kleider/ die ihr mir seyd lieb und werth gewesen/
So lange Gott und glück gedeyen und genesen
Mir haben zugetheilt; Ach nehmet/ nehmet doch
Mein lebens lüsftlein an und löset mich vom joch
Der sorg und kümmernüß; Ich muß das liebe leben/
Das mir Gott hat geschenckt/ mit hertzeleid auffgeben/
Ich habe meinen lauff/ der mir gegeben ist/
Vollendet trauriglich zu dieser letzten frist.
Nun muß mein schatten-bild in finstern bauch der erden
Den schlangen und gewürm zur kost und speise werden:
Ich habe nun erbaut ein hochberühmte stadt
Die eysenfeste thor und hohe mauren hat.
Ich habe satte rach an bruder außgeübet/
Da er mir bitterlich mein hertze hat betrübet
Und meinen mann getödt. O über selig wehr
Ich nun/ wenn dieses volck wehr nimmer kommen her.
Ach daß doch diese leut an unser land gekommen!
Ach hätt ich nimmer doch von ihnen was vernommen!
So sagte sie/ und legt den mund auffs bette hin:
Sol ich denn sterben/ die ich ungerochen bin?
Doch
N 4
Das Vierdte Buch.
Daß es ihr ſolte ſo zu ihren tode tuͤgen:
Als ſie nun ſiehet da des Troers kleider ligen
Und das bekandte bett/ legt ſie ſich oben drauff
Und hemmt mit ſtillem ſinn der milden zaͤhren lauff.
Aͤls ſie ein wenig nun kaum hatte lufft geſchnaubet/
Und dieſe kurtze ruh dem ſchwachen ſinn erlaubet/
Laͤßt ſie ſich endlich aus in volle raſerey/
Und ſaget dieſe wort als letzten noch darbey:
Ihr kleider/ die ihr mir ſeyd lieb und werth geweſen/
So lange Gott und gluͤck gedeyen und geneſen
Mir haben zugetheilt; Ach nehmet/ nehmet doch
Mein lebens luͤſftlein an und loͤſet mich vom joch
Der ſorg und kuͤmmernuͤß; Ich muß das liebe leben/
Das mir Gott hat geſchenckt/ mit hertzeleid auffgeben/
Ich habe meinen lauff/ der mir gegeben iſt/
Vollendet trauriglich zu dieſer letzten friſt.
Nun muß mein ſchatten-bild in finſtern bauch der erden
Den ſchlangen und gewuͤrm zur koſt und ſpeiſe werden:
Ich habe nun erbaut ein hochberuͤhmte ſtadt
Die eyſenfeſte thor und hohe mauren hat.
Ich habe ſatte rach an bruder außgeuͤbet/
Da er mir bitterlich mein hertze hat betruͤbet
Und meinen mann getoͤdt. O uͤber ſelig wehr
Ich nun/ wenn dieſes volck wehr nimmer kommen her.
Ach daß doch dieſe leut an unſer land gekommen!
Ach haͤtt ich nimmer doch von ihnen was vernommen!
So ſagte ſie/ und legt den mund auffs bette hin:
Sol ich denn ſterben/ die ich ungerochen bin?
Doch
N 4
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[199/0221] Das Vierdte Buch. Daß es ihr ſolte ſo zu ihren tode tuͤgen: Als ſie nun ſiehet da des Troers kleider ligen Und das bekandte bett/ legt ſie ſich oben drauff Und hemmt mit ſtillem ſinn der milden zaͤhren lauff. Aͤls ſie ein wenig nun kaum hatte lufft geſchnaubet/ Und dieſe kurtze ruh dem ſchwachen ſinn erlaubet/ Laͤßt ſie ſich endlich aus in volle raſerey/ Und ſaget dieſe wort als letzten noch darbey: Ihr kleider/ die ihr mir ſeyd lieb und werth geweſen/ So lange Gott und gluͤck gedeyen und geneſen Mir haben zugetheilt; Ach nehmet/ nehmet doch Mein lebens luͤſftlein an und loͤſet mich vom joch Der ſorg und kuͤmmernuͤß; Ich muß das liebe leben/ Das mir Gott hat geſchenckt/ mit hertzeleid auffgeben/ Ich habe meinen lauff/ der mir gegeben iſt/ Vollendet trauriglich zu dieſer letzten friſt. Nun muß mein ſchatten-bild in finſtern bauch der erden Den ſchlangen und gewuͤrm zur koſt und ſpeiſe werden: Ich habe nun erbaut ein hochberuͤhmte ſtadt Die eyſenfeſte thor und hohe mauren hat. Ich habe ſatte rach an bruder außgeuͤbet/ Da er mir bitterlich mein hertze hat betruͤbet Und meinen mann getoͤdt. O uͤber ſelig wehr Ich nun/ wenn dieſes volck wehr nimmer kommen her. Ach daß doch dieſe leut an unſer land gekommen! Ach haͤtt ich nimmer doch von ihnen was vernommen! So ſagte ſie/ und legt den mund auffs bette hin: Sol ich denn ſterben/ die ich ungerochen bin? Doch N 4

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Zitationshilfe: Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/221>, abgerufen am 28.04.2024.