Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.Das Vierdte Buch. Erfullet/ triebe mehr mit schrecklichen gestaltenSie ließ sich düncken stets/ als müste sie sich halten Zu keinen menschen nicht/ war für sich stets allein/ Und wolte hier und da ohn alle gleitschafft seyn. Auff diese weise sieht der Pentheus/ der der sinnen Beraubet ist/ die zunfft der hellschen unholdinnen/ Zwo sonnen/ über das zwo Theben zeigen sich/ Ja oder wie Orest/ der nahmhafftkündiglich In trauer-spielen wird als ungelobt beschrien/ Für seine mutter muß/ die fackeln träget/ fliehen Und scheuen das gezücht der schlangen/ so die schaar Der unholdinnen trägt verwickelt in dem haar: Als nun die Dido war gerührt in ihrem hertzen Und überwunden schon von kummerhafften schmertzen/ Läst sie sich nehmen ein von toller rasenheit/ Und ist ihr selbst den tod zu legen an bereit/ Erweget zeit und fug und überschlägt die weise/ Fügt zu der schwester sich und trit zur selben leise; Läst aus den augen nicht erscheinen ihren sinn/ Sieht frölich aus und trägt die stirn frisch für sich hin: O schwester freue dich mit mir/ ich habe funden Ein mittel/ daß ich kan von kummer seyn entbunden/ Daß mir Eneas muß gantz zugeeignet seyn; Wo nicht/ daß ich doch kan entkommen dieser pein. Es ligt im Mohrenland/ da sich der sonnen wagen Nach seiner tagereiß scheint in das meer zu tragen Am euserster revier des nassen reichs ein orth/ Da auff den achseln ligt des Atlas fort und fort Die
Das Vierdte Buch. Erfullet/ triebe mehr mit ſchrecklichen geſtaltenSie ließ ſich duͤncken ſtets/ als muͤſte ſie ſich halten Zu keinen menſchen nicht/ war fuͤr ſich ſtets allein/ Und wolte hier und da ohn alle gleitſchafft ſeyn. Auff dieſe weiſe ſieht der Pentheus/ der der ſinnen Beraubet iſt/ die zunfft der hellſchen unholdinnen/ Zwo ſonnen/ uͤber das zwo Theben zeigen ſich/ Ja oder wie Oreſt/ der nahmhafftkuͤndiglich In trauer-ſpielen wird als ungelobt beſchrien/ Fuͤr ſeine mutter muß/ die fackeln traͤget/ fliehen Und ſcheuen das gezuͤcht der ſchlangen/ ſo die ſchaar Der unholdinnen traͤgt verwickelt in dem haar: Als nun die Dido war geruͤhrt in ihrem hertzen Und uͤberwunden ſchon von kummerhafften ſchmertzen/ Laͤſt ſie ſich nehmen ein von toller raſenheit/ Und iſt ihr ſelbſt den tod zu legen an bereit/ Erweget zeit und fug und uͤberſchlaͤgt die weiſe/ Fuͤgt zu der ſchweſter ſich und trit zur ſelben leiſe; Laͤſt aus den augen nicht erſcheinen ihren ſinn/ Sieht froͤlich aus und traͤgt die ſtirn friſch fuͤr ſich hin: O ſchweſter freue dich mit mir/ ich habe funden Ein mittel/ daß ich kan von kummer ſeyn entbunden/ Daß mir Eneas muß gantz zugeeignet ſeyn; Wo nicht/ daß ich doch kan entkommen dieſer pein. Es ligt im Mohrenland/ da ſich der ſonnen wagen Nach ſeiner tagereiß ſcheint in das meer zu tragen Am euſerſter revier des naſſen reichs ein orth/ Da auff den achſeln ligt des Atlas fort und fort Die
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Das Vierdte Buch.
Erfullet/ triebe mehr mit ſchrecklichen geſtalten
Sie ließ ſich duͤncken ſtets/ als muͤſte ſie ſich halten
Zu keinen menſchen nicht/ war fuͤr ſich ſtets allein/
Und wolte hier und da ohn alle gleitſchafft ſeyn.
Auff dieſe weiſe ſieht der Pentheus/ der der ſinnen
Beraubet iſt/ die zunfft der hellſchen unholdinnen/
Zwo ſonnen/ uͤber das zwo Theben zeigen ſich/
Ja oder wie Oreſt/ der nahmhafftkuͤndiglich
In trauer-ſpielen wird als ungelobt beſchrien/
Fuͤr ſeine mutter muß/ die fackeln traͤget/ fliehen
Und ſcheuen das gezuͤcht der ſchlangen/ ſo die ſchaar
Der unholdinnen traͤgt verwickelt in dem haar:
Als nun die Dido war geruͤhrt in ihrem hertzen
Und uͤberwunden ſchon von kummerhafften ſchmertzen/
Laͤſt ſie ſich nehmen ein von toller raſenheit/
Und iſt ihr ſelbſt den tod zu legen an bereit/
Erweget zeit und fug und uͤberſchlaͤgt die weiſe/
Fuͤgt zu der ſchweſter ſich und trit zur ſelben leiſe;
Laͤſt aus den augen nicht erſcheinen ihren ſinn/
Sieht froͤlich aus und traͤgt die ſtirn friſch fuͤr ſich hin:
O ſchweſter freue dich mit mir/ ich habe funden
Ein mittel/ daß ich kan von kummer ſeyn entbunden/
Daß mir Eneas muß gantz zugeeignet ſeyn;
Wo nicht/ daß ich doch kan entkommen dieſer pein.
Es ligt im Mohrenland/ da ſich der ſonnen wagen
Nach ſeiner tagereiß ſcheint in das meer zu tragen
Am euſerſter revier des naſſen reichs ein orth/
Da auff den achſeln ligt des Atlas fort und fort
Die
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