Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.Das Vierdte Buch. Wenn man an füglichsten kundt für denselben kommen;Geh schwester/ du hast nun mein hertz und sinn vernommen/ Sprich doch in demuth an den stoltzen gast und feind/ Ich hätt es jederzeit sehr gut mit ihm gemeint/ Und ihn nie mit dem heer der Danaer befehdet Am Aulischen gestad/ noch Troja so verödet/ Noch seines vaters grab unheiliglich versehrt/ Noch deß verstorbnen geist an seiner ruh versiört. Warumb wil er denn nicht mein wort zu ohren nehmen/ Und sich nach meinem wunsch mit schuldigkeit bequemen? Wo eilet er denn hin? Er möchte mir doch noch/ Die ich so schnödiglich muß ziehn am liebes joch/ Thun diesen letzten dienst und diese gabe schencken; Er wolle seinen sinn doch etwas lassen lencken/ Und warten bis sich fügt das wetter und die zeit/ Da man zu reisen pflegt mit bessrer glückligkeit. Es währ mir nicht zu thun umb lieb und ehepflicht eben/ Die er ohn meine schuld und sinn hätt auffgegeben/ Ich gönnt ihm hertzlich gern das schön Italien/ Für dem er dieses reich möcht immer lassen stehn; Ich bäte nur umb frist und weniges verweilen/ Das er mir könne ja auff meine bitt ertheilen/ Bis diese raserey aus meinen sinnen wich/ Und wiederümb die ruh des hertzens fände sich. Kein schmertz ist ja zu groß/ kein schad ist so verwildert/ Den nicht der zeiten flucht besänfftiget und mildert. Umb diese wohlthat nur bätt ich zu guter letzt; O schwester/ die du mich sonst hast mit trost ergetzt/ Er
Das Vierdte Buch. Wenn man an fuͤglichſten kundt fuͤr denſelben kommen;Geh ſchweſter/ du haſt nun mein hertz und ſiñ vernom̃en/ Sprich doch in demuth an den ſtoltzen gaſt und feind/ Ich haͤtt es jederzeit ſehr gut mit ihm gemeint/ Und ihn nie mit dem heer der Danaer befehdet Am Auliſchen geſtad/ noch Troja ſo veroͤdet/ Noch ſeines vaters grab unheiliglich verſehrt/ Noch deß verſtorbnen geiſt an ſeiner ruh verſioͤrt. Warumb wil er denn nicht mein wort zu ohren nehmen/ Und ſich nach meinem wunſch mit ſchuldigkeit bequemẽ? Wo eilet er denn hin? Er moͤchte mir doch noch/ Die ich ſo ſchnoͤdiglich muß ziehn am liebes joch/ Thun dieſen letzten dienſt und dieſe gabe ſchencken; Er wolle ſeinen ſinn doch etwas laſſen lencken/ Und warten bis ſich fuͤgt das wetter und die zeit/ Da man zu reiſen pflegt mit beſſrer gluͤckligkeit. Es waͤhr mir nicht zu thun umb lieb und ehepflicht eben/ Die er ohn meine ſchuld und ſinn haͤtt auffgegeben/ Ich goͤnnt ihm hertzlich gern das ſchoͤn Italien/ Fuͤr dem er dieſes reich moͤcht immer laſſen ſtehn; Ich baͤte nur umb friſt und weniges verweilen/ Das er mir koͤnne ja auff meine bitt ertheilen/ Bis dieſe raſerey aus meinen ſinnen wich/ Und wiederuͤmb die ruh des hertzens faͤnde ſich. Kein ſchmertz iſt ja zu groß/ kein ſchad iſt ſo verwildert/ Den nicht der zeiten flucht beſaͤnfftiget und mildert. Umb dieſe wohlthat nur baͤtt ich zu guter letzt; O ſchweſter/ die du mich ſonſt haſt mit troſt ergetzt/ Er
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Das Vierdte Buch.
Wenn man an fuͤglichſten kundt fuͤr denſelben kommen;
Geh ſchweſter/ du haſt nun mein hertz und ſiñ vernom̃en/
Sprich doch in demuth an den ſtoltzen gaſt und feind/
Ich haͤtt es jederzeit ſehr gut mit ihm gemeint/
Und ihn nie mit dem heer der Danaer befehdet
Am Auliſchen geſtad/ noch Troja ſo veroͤdet/
Noch ſeines vaters grab unheiliglich verſehrt/
Noch deß verſtorbnen geiſt an ſeiner ruh verſioͤrt.
Warumb wil er denn nicht mein wort zu ohren nehmen/
Und ſich nach meinem wunſch mit ſchuldigkeit bequemẽ?
Wo eilet er denn hin? Er moͤchte mir doch noch/
Die ich ſo ſchnoͤdiglich muß ziehn am liebes joch/
Thun dieſen letzten dienſt und dieſe gabe ſchencken;
Er wolle ſeinen ſinn doch etwas laſſen lencken/
Und warten bis ſich fuͤgt das wetter und die zeit/
Da man zu reiſen pflegt mit beſſrer gluͤckligkeit.
Es waͤhr mir nicht zu thun umb lieb und ehepflicht eben/
Die er ohn meine ſchuld und ſinn haͤtt auffgegeben/
Ich goͤnnt ihm hertzlich gern das ſchoͤn Italien/
Fuͤr dem er dieſes reich moͤcht immer laſſen ſtehn;
Ich baͤte nur umb friſt und weniges verweilen/
Das er mir koͤnne ja auff meine bitt ertheilen/
Bis dieſe raſerey aus meinen ſinnen wich/
Und wiederuͤmb die ruh des hertzens faͤnde ſich.
Kein ſchmertz iſt ja zu groß/ kein ſchad iſt ſo verwildert/
Den nicht der zeiten flucht beſaͤnfftiget und mildert.
Umb dieſe wohlthat nur baͤtt ich zu guter letzt;
O ſchweſter/ die du mich ſonſt haſt mit troſt ergetzt/
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