Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.

Bild:
<< vorherige Seite
Das Vierdte Buch.
Sie mühn sich ungesäumt. Was must du/ Dido/ dencken
Wenn du es siehest an? Wie muß dein hertz sich kräncken/
Wie seufftzest du so tieff/ alß du sahst an deu port
Von deinem hohen schloß/ wie sie sich rafften fort
Mit eilendem geräusch/ und da du allerwegen
Von hefftigem geschrey das meer sich sahst erregen?
Was richtest du nicht an/ du böse liebe du/
Wenn du den sterblichen so hefftig setzest zu?
Sie muß nun abermal vergiessen milde thränen
Und mit vergebner klag sich nach den liebsten sehnen/
Sie muß das regiment der liebe nehmen an
Und dero scepter seyn/ wie vormals/ unterthan/
Damit sie/ weil sie sich zu sterben hat verwegen/
Nichts etwan unversucht zu rucke möchte legen.
O Anna (sagte sie) du siehst/ wie sie am port
Mit höchster eil davon sich wollen machen fort;
Man sieht/ wie sie sich her von allen ecken finden/
Itzt richten sie schon auff die segel nach den winden:
Die schiffer lassen sich frisch an gelegen seyn
Zu stecken auff die schiff die bunten fähnelein.
Ich könte/ schwester/ noch dis grosse leid ertragen
wenn mirs vorher mein hertz durch furcht hätt können sagen:
O Anna/ weil ich bin so elend und geplagt/
Thu mir das einge noch zu dienst/ was mir behagt.
Der schlimme hund/ der mich so fälschlich hat betrogen/
War/ wie du weissest/ dir noch günstig und gewogen/
Vertraute dir sein hertz und manche heimligkeit/
Wenn niemand wuste sonst/ so wustest du die zeit/
Wenn
M 4
Das Vierdte Buch.
Sie muͤhn ſich ungeſaͤumt. Was muſt du/ Dido/ dencken
Wenn du es ſieheſt an? Wie muß dein hertz ſich kraͤncken/
Wie ſeufftzeſt du ſo tieff/ alß du ſahſt an deu port
Von deinem hohen ſchloß/ wie ſie ſich rafften fort
Mit eilendem geraͤuſch/ und da du allerwegen
Von hefftigem geſchrey das meer ſich ſahſt erregen?
Was richteſt du nicht an/ du boͤſe liebe du/
Wenn du den ſterblichen ſo hefftig ſetzeſt zu?
Sie muß nun abermal vergieſſen milde thraͤnen
Und mit vergebner klag ſich nach den liebſten ſehnen/
Sie muß das regiment der liebe nehmen an
Und dero ſcepter ſeyn/ wie vormals/ unterthan/
Damit ſie/ weil ſie ſich zu ſterben hat verwegen/
Nichts etwan unverſucht zu rucke moͤchte legen.
O Anna (ſagte ſie) du ſiehſt/ wie ſie am port
Mit hoͤchſter eil davon ſich wollen machen fort;
Man ſieht/ wie ſie ſich her von allen ecken finden/
Itzt richten ſie ſchon auff die ſegel nach den winden:
Die ſchiffer laſſen ſich friſch an gelegen ſeyn
Zu ſtecken auff die ſchiff die bunten faͤhnelein.
Ich koͤnte/ ſchweſter/ noch dis groſſe leid ertragen
weñ mirs vorher mein hertz durch furcht haͤtt koͤñen ſagẽ:
O Anna/ weil ich bin ſo elend und geplagt/
Thu mir das einge noch zu dienſt/ was mir behagt.
Der ſchlimme hund/ der mich ſo faͤlſchlich hat betrogen/
War/ wie du weiſſeſt/ dir noch guͤnſtig und gewogen/
Vertraute dir ſein hertz und manche heimligkeit/
Wenn niemand wuſte ſonſt/ ſo wuſteſt du die zeit/
Wenn
M 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0205" n="183"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#fr">Das Vierdte Buch.</hi> </fw><lb/>
          <l>Sie mu&#x0364;hn &#x017F;ich unge&#x017F;a&#x0364;umt. Was mu&#x017F;t du/ Dido/ dencken</l><lb/>
          <l>Wenn du es &#x017F;iehe&#x017F;t an? Wie muß dein hertz &#x017F;ich kra&#x0364;ncken/</l><lb/>
          <l>Wie &#x017F;eufftze&#x017F;t du &#x017F;o tieff/ alß du &#x017F;ah&#x017F;t an deu port</l><lb/>
          <l>Von deinem hohen &#x017F;chloß/ wie &#x017F;ie &#x017F;ich rafften fort</l><lb/>
          <l>Mit eilendem gera&#x0364;u&#x017F;ch/ und da du allerwegen</l><lb/>
          <l>Von hefftigem ge&#x017F;chrey das meer &#x017F;ich &#x017F;ah&#x017F;t erregen?</l><lb/>
          <l>Was richte&#x017F;t du nicht an/ du bo&#x0364;&#x017F;e liebe du/</l><lb/>
          <l>Wenn du den &#x017F;terblichen &#x017F;o hefftig &#x017F;etze&#x017F;t zu<hi rendition="#i">?</hi></l><lb/>
          <l><hi rendition="#fr">S</hi>ie muß nun abermal vergie&#x017F;&#x017F;en milde thra&#x0364;nen</l><lb/>
          <l>Und mit vergebner klag &#x017F;ich nach den lieb&#x017F;ten &#x017F;ehnen/</l><lb/>
          <l>Sie muß das regiment der liebe nehmen an</l><lb/>
          <l>Und dero &#x017F;cepter &#x017F;eyn/ wie vormals/ unterthan/</l><lb/>
          <l>Damit &#x017F;ie/ weil &#x017F;ie &#x017F;ich zu &#x017F;terben hat verwegen/</l><lb/>
          <l>Nichts etwan unver&#x017F;ucht zu rucke mo&#x0364;chte legen.</l><lb/>
          <l>O Anna (&#x017F;agte &#x017F;ie) du &#x017F;ieh&#x017F;t/ wie &#x017F;ie am port</l><lb/>
          <l>Mit ho&#x0364;ch&#x017F;ter eil davon &#x017F;ich wollen machen fort;</l><lb/>
          <l>Man &#x017F;ieht/ wie &#x017F;ie &#x017F;ich her von allen ecken finden/</l><lb/>
          <l>Itzt richten &#x017F;ie &#x017F;chon auff die &#x017F;egel nach den winden:</l><lb/>
          <l><hi rendition="#fr">D</hi>ie &#x017F;chiffer la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich fri&#x017F;ch an gelegen &#x017F;eyn</l><lb/>
          <l>Zu &#x017F;tecken auff die &#x017F;chiff die bunten fa&#x0364;hnelein.</l><lb/>
          <l>Ich ko&#x0364;nte/ &#x017F;chwe&#x017F;ter/ noch dis gro&#x017F;&#x017F;e leid ertragen</l><lb/>
          <l>wen&#x0303; mirs vorher mein hertz durch furcht ha&#x0364;tt ko&#x0364;n&#x0303;en &#x017F;age&#x0303;:</l><lb/>
          <l>O Anna/ weil ich bin &#x017F;o elend und geplagt/</l><lb/>
          <l>Thu mir das einge noch zu dien&#x017F;t/ was mir behagt.</l><lb/>
          <l>Der &#x017F;chlimme hund/ der mich &#x017F;o fa&#x0364;l&#x017F;chlich hat betrogen/</l><lb/>
          <l>War/ wie du wei&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t/ dir noch gu&#x0364;n&#x017F;tig und gewogen/</l><lb/>
          <l>Vertraute dir &#x017F;ein hertz und manche heimligkeit/</l><lb/>
          <l>Wenn niemand wu&#x017F;te &#x017F;on&#x017F;t/ &#x017F;o wu&#x017F;te&#x017F;t du die zeit/</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">M 4</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Wenn</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[183/0205] Das Vierdte Buch. Sie muͤhn ſich ungeſaͤumt. Was muſt du/ Dido/ dencken Wenn du es ſieheſt an? Wie muß dein hertz ſich kraͤncken/ Wie ſeufftzeſt du ſo tieff/ alß du ſahſt an deu port Von deinem hohen ſchloß/ wie ſie ſich rafften fort Mit eilendem geraͤuſch/ und da du allerwegen Von hefftigem geſchrey das meer ſich ſahſt erregen? Was richteſt du nicht an/ du boͤſe liebe du/ Wenn du den ſterblichen ſo hefftig ſetzeſt zu? Sie muß nun abermal vergieſſen milde thraͤnen Und mit vergebner klag ſich nach den liebſten ſehnen/ Sie muß das regiment der liebe nehmen an Und dero ſcepter ſeyn/ wie vormals/ unterthan/ Damit ſie/ weil ſie ſich zu ſterben hat verwegen/ Nichts etwan unverſucht zu rucke moͤchte legen. O Anna (ſagte ſie) du ſiehſt/ wie ſie am port Mit hoͤchſter eil davon ſich wollen machen fort; Man ſieht/ wie ſie ſich her von allen ecken finden/ Itzt richten ſie ſchon auff die ſegel nach den winden: Die ſchiffer laſſen ſich friſch an gelegen ſeyn Zu ſtecken auff die ſchiff die bunten faͤhnelein. Ich koͤnte/ ſchweſter/ noch dis groſſe leid ertragen weñ mirs vorher mein hertz durch furcht haͤtt koͤñen ſagẽ: O Anna/ weil ich bin ſo elend und geplagt/ Thu mir das einge noch zu dienſt/ was mir behagt. Der ſchlimme hund/ der mich ſo faͤlſchlich hat betrogen/ War/ wie du weiſſeſt/ dir noch guͤnſtig und gewogen/ Vertraute dir ſein hertz und manche heimligkeit/ Wenn niemand wuſte ſonſt/ ſo wuſteſt du die zeit/ Wenn M 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/205
Zitationshilfe: Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/205>, abgerufen am 27.04.2024.