Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.Das Dritte Buch. Mit diesen Polydor verhält sichs solcher massen:Sein vater Priamus wolt ihn nicht länger lassen Zu Troja/ da er sah daß auff der Troer heer Und ihrer stärck und macht nicht mehr zu trauen wehr; Und daß der feind die stadt bezogen und ümgeben/ Drumb wolt er diesen sohn erhalten noch beym leben/ Schickt ihn mit vielem gold dem Thracer könig hin/ Er möchte heimlich doch denselben aufferziehn. Als endlich nun die macht der Troer wird verheeret/ Und sich das gute glück von ihrer seite kehret/ Steht er dem andern theil den Griechen hülfflich bey/ Und folget ihrem glück und heerzeug sonder schen. Ja was das ärgste war/ wird brüchig an dem glauben An redligkeit und treu/ und daß er möge rauben Das ihm vertraute gold/ schlägt er das Printzelein Zu tod und scharret ihn erzehlter massen ein O du verfluchter geist/ zu welchen bösen stücken Kanst du der menschen hertz nicht zwingen und berücken! Als mich der schrecken nun verließ/ thu ich bericht Von diesem abendtheur und kans verbergen nicht. Ich hinterbring es stracks den obern der gemeine Und melds dem vater erst/ und frage/ was doch seine Und andrer meinung sey? Die stimmen gehn dahin/ Daß wir aus diesem land und raubnest sollen ziehn. Es wäre doch nichts mehr als wirthshauß/ das beschrien Von groben lastern sey: Wir solten nur zufliehen Zu schiffe seyn bedacht mit erstem guten wind. Das war der räthe schluß/ so waren sie gesinnt. Wir
Das Dritte Buch. Mit dieſen Polydor verhaͤlt ſichs ſolcher maſſen:Sein vater Priamus wolt ihn nicht laͤnger laſſen Zu Troja/ da er ſah daß auff der Troer heer Und ihrer ſtaͤrck und macht nicht mehr zu trauen wehr; Und daß der feind die ſtadt bezogen und uͤmgeben/ Drumb wolt er dieſen ſohn erhalten noch beym leben/ Schickt ihn mit vielem gold dem Thracer koͤnig hin/ Er moͤchte heimlich doch denſelben aufferziehn. Als endlich nun die macht der Troer wird verheeret/ Und ſich das gute gluͤck von ihrer ſeite kehret/ Steht er dem andern theil den Griechen huͤlfflich bey/ Und folget ihrem gluͤck und heerzeug ſonder ſchen. Ja was das aͤrgſte war/ wird bruͤchig an dem glauben An redligkeit und treu/ und daß er moͤge rauben Das ihm vertraute gold/ ſchlaͤgt er das Printzelein Zu tod und ſcharret ihn erzehlter maſſen ein O du verfluchter geiſt/ zu welchen boͤſen ſtuͤcken Kanſt du der menſchen hertz nicht zwingen und beruͤcken! Als mich der ſchrecken nun verließ/ thu ich bericht Von dieſem abendtheur und kans verbergen nicht. Ich hinterbring es ſtracks den obern der gemeine Und melds dem vater erſt/ und frage/ was doch ſeine Und andrer meinung ſey? Die ſtimmen gehn dahin/ Daß wir aus dieſem land und raubneſt ſollen ziehn. Es waͤre doch nichts mehr als wirthshauß/ das beſchrien Von groben laſtern ſey: Wir ſolten nur zufliehen Zu ſchiffe ſeyn bedacht mit erſtem guten wind. Das war der raͤthe ſchluß/ ſo waren ſie geſinnt. Wir
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Das Dritte Buch.
Mit dieſen Polydor verhaͤlt ſichs ſolcher maſſen:
Sein vater Priamus wolt ihn nicht laͤnger laſſen
Zu Troja/ da er ſah daß auff der Troer heer
Und ihrer ſtaͤrck und macht nicht mehr zu trauen wehr;
Und daß der feind die ſtadt bezogen und uͤmgeben/
Drumb wolt er dieſen ſohn erhalten noch beym leben/
Schickt ihn mit vielem gold dem Thracer koͤnig hin/
Er moͤchte heimlich doch denſelben aufferziehn.
Als endlich nun die macht der Troer wird verheeret/
Und ſich das gute gluͤck von ihrer ſeite kehret/
Steht er dem andern theil den Griechen huͤlfflich bey/
Und folget ihrem gluͤck und heerzeug ſonder ſchen.
Ja was das aͤrgſte war/ wird bruͤchig an dem glauben
An redligkeit und treu/ und daß er moͤge rauben
Das ihm vertraute gold/ ſchlaͤgt er das Printzelein
Zu tod und ſcharret ihn erzehlter maſſen ein
O du verfluchter geiſt/ zu welchen boͤſen ſtuͤcken
Kanſt du der menſchen hertz nicht zwingen und beruͤcken!
Als mich der ſchrecken nun verließ/ thu ich bericht
Von dieſem abendtheur und kans verbergen nicht.
Ich hinterbring es ſtracks den obern der gemeine
Und melds dem vater erſt/ und frage/ was doch ſeine
Und andrer meinung ſey? Die ſtimmen gehn dahin/
Daß wir aus dieſem land und raubneſt ſollen ziehn.
Es waͤre doch nichts mehr als wirthshauß/ das beſchrien
Von groben laſtern ſey: Wir ſolten nur zufliehen
Zu ſchiffe ſeyn bedacht mit erſtem guten wind.
Das war der raͤthe ſchluß/ ſo waren ſie geſinnt.
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Zitationshilfe: | Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/133>, abgerufen am 29.07.2024. |