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Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.

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Das Dritte Buch.
Den sie die Thracier als ihren Schutzgott ehren/
Sie wollen gnädiglich den bösen dingen wehren/
Und geben allerdings zu dem/ was sie gesehn/
Ein glücklich ende/ heil und alles wolergehn.
Als aber drittens ich mit grösserem bemühen
Versuch die reiserlein von seinem stämm zu ziehen/
Und mit den knien mich fest stemme gegen sand
(Was sol ich thun? sol ich aussagen wies bewand?
Doch oder soll ichs gar mit schweigen übergehen?)
Da hört man in dem grab ein klaggeheul entstehen/
Und schallt uns diese stimm tieff in die ohren ein:
Eneas/ wie kanst du so unbarmhertzig seyn?
Was zerrst du mich/ der ich ohn das muß elend haben?
Ach schone meiner doch/ der ich schon bin begraben/
Beflecke nimmermehr durch solche böse that
Die heilig-fromme hand/ und folge meinem rath.
Es hat mich Troja dir nicht unbekand gezeuget/
Das wunderliche blut/ daß sich allhier eräuget/
Fleußt von dem stamme nicht. Ach fliehe doch nur weit
Aus diesem lande weg/ da nichts als grausamkeit.
Fleuch von dem Haven doch/ da grimme räuber wohnen/
Die alles raffen hin und keines menschen schonen;
Denn ich bin Polydor. Hier haben sie mich her
Verscharret und bedeckt mit pfeilen also schwer/
Zerstochen meinen leib mit so viel scharffen spießen/
Daß sie nun wiederumb wie bäumlein herfür spriessen;
Da kömmt mich schnelle furcht mit solchen ängsten an/
Daß ich erstarret steh und kein wort reden kan.
Mit
Das Dritte Buch.
Den ſie die Thracier als ihren Schutzgott ehren/
Sie wollen gnaͤdiglich den boͤſen dingen wehren/
Und geben allerdings zu dem/ was ſie geſehn/
Ein gluͤcklich ende/ heil und alles wolergehn.
Als aber drittens ich mit groͤſſerem bemuͤhen
Verſuch die reiſerlein von ſeinem ſtaͤmm zu ziehen/
Und mit den knien mich feſt ſtemme gegen ſand
(Was ſol ich thun? ſol ich auſſagen wies bewand?
Doch oder ſoll ichs gar mit ſchweigen uͤbergehen?)
Da hoͤrt man in dem grab ein klaggeheul entſtehen/
Und ſchallt uns dieſe ſtimm tieff in die ohren ein:
Eneas/ wie kanſt du ſo unbarmhertzig ſeyn?
Was zerrſt du mich/ der ich ohn das muß elend haben?
Ach ſchone meiner doch/ der ich ſchon bin begraben/
Beflecke nimmermehr durch ſolche boͤſe that
Die heilig-fromme hand/ und folge meinem rath.
Es hat mich Troja dir nicht unbekand gezeuget/
Das wunderliche blut/ daß ſich allhier eraͤuget/
Fleußt von dem ſtamme nicht. Ach fliehe doch nur weit
Aus dieſem lande weg/ da nichts als grauſamkeit.
Fleuch von dem Haven doch/ da grimme raͤuber wohnen/
Die alles raffen hin und keines menſchen ſchonen;
Denn ich bin Polydor. Hier haben ſie mich her
Verſcharret und bedeckt mit pfeilen alſo ſchwer/
Zerſtochen meinen leib mit ſo viel ſcharffen ſpießen/
Daß ſie nun wiederumb wie baͤumlein herfuͤr ſprieſſen;
Da koͤmmt mich ſchnelle furcht mit ſolchen aͤngſten an/
Daß ich erſtarret ſteh und kein wort reden kan.
Mit
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[110/0132] Das Dritte Buch. Den ſie die Thracier als ihren Schutzgott ehren/ Sie wollen gnaͤdiglich den boͤſen dingen wehren/ Und geben allerdings zu dem/ was ſie geſehn/ Ein gluͤcklich ende/ heil und alles wolergehn. Als aber drittens ich mit groͤſſerem bemuͤhen Verſuch die reiſerlein von ſeinem ſtaͤmm zu ziehen/ Und mit den knien mich feſt ſtemme gegen ſand (Was ſol ich thun? ſol ich auſſagen wies bewand? Doch oder ſoll ichs gar mit ſchweigen uͤbergehen?) Da hoͤrt man in dem grab ein klaggeheul entſtehen/ Und ſchallt uns dieſe ſtimm tieff in die ohren ein: Eneas/ wie kanſt du ſo unbarmhertzig ſeyn? Was zerrſt du mich/ der ich ohn das muß elend haben? Ach ſchone meiner doch/ der ich ſchon bin begraben/ Beflecke nimmermehr durch ſolche boͤſe that Die heilig-fromme hand/ und folge meinem rath. Es hat mich Troja dir nicht unbekand gezeuget/ Das wunderliche blut/ daß ſich allhier eraͤuget/ Fleußt von dem ſtamme nicht. Ach fliehe doch nur weit Aus dieſem lande weg/ da nichts als grauſamkeit. Fleuch von dem Haven doch/ da grimme raͤuber wohnen/ Die alles raffen hin und keines menſchen ſchonen; Denn ich bin Polydor. Hier haben ſie mich her Verſcharret und bedeckt mit pfeilen alſo ſchwer/ Zerſtochen meinen leib mit ſo viel ſcharffen ſpießen/ Daß ſie nun wiederumb wie baͤumlein herfuͤr ſprieſſen; Da koͤmmt mich ſchnelle furcht mit ſolchen aͤngſten an/ Daß ich erſtarret ſteh und kein wort reden kan. Mit

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Zitationshilfe: Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/132>, abgerufen am 09.05.2024.