wegfallen, weil ich täglich mehr Verstand und Ueber- legung zeigen muß.
Ja, nun habe ich mich durch den Genuß des heiligen Abendmahls zum höchsten Grade der Tugend und Frömmigkeit verpflichtet. Denn ich weiß es ganz gewiß, daß mir nicht die Wahrnehmung dieser feyer- lichen Handlung an sich selbst, daß mir nicht die Ge- sinnungen und Empfindungen, welche ich an diesem Tage habe, deinen Beyfall verschaffen. Ich weiß, daß das heilige Abendmahl nicht Zweck, sondern nur Mittel ist. Ich habe gelernt, daß mich nur wahre Tugend und Frömmigkeit glücklich und dir wohlgefäl- lig macht, und daß das heilige Abendmahl nicht die Tugend selbst, sondern nur ein Beförderungsmittel derselben ist und seyn soll. Möchte ich doch also in dieser Absicht nie glauben, daß es genug zur Fröm- migkeit sey, wenn ich dieser feyerlichen Handlung oft beywohne und da einige Tage zu Andachtsübungen anwende; wenn ich da meine Fehler erkenne und be- reue und gute Vorsätze fasse! Möchte ich es mir täg- lich wiederholen, daß ich nur dann tugendhaft bin, mir nur dann dein Wohlgefallen und wahre Glückse- ligkeit versprechen darf, wenn ich stets das Böse hasse und verabscheue, wenn ich alle meine guten Vorsätze standhaft ausführe, wenn die Gesinnungen und Empfin- dungen, welche ich bey dem heiligen Abendmahle hatte, mein ganzes Leben hindurch die herrschenden bey mir sind!
Und so will ich mich denn dir und der Tugend noch einmal weihen, gütigster Gott und Vater! So
will
Gebet nach dem heiligen Abendmahle.
wegfallen, weil ich täglich mehr Verſtand und Ueber- legung zeigen muß.
Ja, nun habe ich mich durch den Genuß des heiligen Abendmahls zum höchſten Grade der Tugend und Frömmigkeit verpflichtet. Denn ich weiß es ganz gewiß, daß mir nicht die Wahrnehmung dieſer feyer- lichen Handlung an ſich ſelbſt, daß mir nicht die Ge- ſinnungen und Empfindungen, welche ich an dieſem Tage habe, deinen Beyfall verſchaffen. Ich weiß, daß das heilige Abendmahl nicht Zweck, ſondern nur Mittel iſt. Ich habe gelernt, daß mich nur wahre Tugend und Frömmigkeit glücklich und dir wohlgefäl- lig macht, und daß das heilige Abendmahl nicht die Tugend ſelbſt, ſondern nur ein Beförderungsmittel derſelben iſt und ſeyn ſoll. Möchte ich doch alſo in dieſer Abſicht nie glauben, daß es genug zur Fröm- migkeit ſey, wenn ich dieſer feyerlichen Handlung oft beywohne und da einige Tage zu Andachtsübungen anwende; wenn ich da meine Fehler erkenne und be- reue und gute Vorſätze faſſe! Möchte ich es mir täg- lich wiederholen, daß ich nur dann tugendhaft bin, mir nur dann dein Wohlgefallen und wahre Glückſe- ligkeit verſprechen darf, wenn ich ſtets das Böſe haſſe und verabſcheue, wenn ich alle meine guten Vorſätze ſtandhaft ausführe, wenn die Geſinnungen und Empfin- dungen, welche ich bey dem heiligen Abendmahle hatte, mein ganzes Leben hindurch die herrſchenden bey mir ſind!
Und ſo will ich mich denn dir und der Tugend noch einmal weihen, gütigſter Gott und Vater! So
will
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Gebet nach dem heiligen Abendmahle.
wegfallen, weil ich täglich mehr Verſtand und Ueber-
legung zeigen muß.
Ja, nun habe ich mich durch den Genuß des
heiligen Abendmahls zum höchſten Grade der Tugend
und Frömmigkeit verpflichtet. Denn ich weiß es ganz
gewiß, daß mir nicht die Wahrnehmung dieſer feyer-
lichen Handlung an ſich ſelbſt, daß mir nicht die Ge-
ſinnungen und Empfindungen, welche ich an dieſem
Tage habe, deinen Beyfall verſchaffen. Ich weiß,
daß das heilige Abendmahl nicht Zweck, ſondern nur
Mittel iſt. Ich habe gelernt, daß mich nur wahre
Tugend und Frömmigkeit glücklich und dir wohlgefäl-
lig macht, und daß das heilige Abendmahl nicht die
Tugend ſelbſt, ſondern nur ein Beförderungsmittel
derſelben iſt und ſeyn ſoll. Möchte ich doch alſo in
dieſer Abſicht nie glauben, daß es genug zur Fröm-
migkeit ſey, wenn ich dieſer feyerlichen Handlung oft
beywohne und da einige Tage zu Andachtsübungen
anwende; wenn ich da meine Fehler erkenne und be-
reue und gute Vorſätze faſſe! Möchte ich es mir täg-
lich wiederholen, daß ich nur dann tugendhaft bin,
mir nur dann dein Wohlgefallen und wahre Glückſe-
ligkeit verſprechen darf, wenn ich ſtets das Böſe haſſe
und verabſcheue, wenn ich alle meine guten Vorſätze
ſtandhaft ausführe, wenn die Geſinnungen und Empfin-
dungen, welche ich bey dem heiligen Abendmahle
hatte, mein ganzes Leben hindurch die herrſchenden
bey mir ſind!
Und ſo will ich mich denn dir und der Tugend
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Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
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Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marezoll_andachtsbuch02_1788/87>, abgerufen am 23.06.2024.
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