einer so wichtigen und unentbehrlichen Person nur eini- germaßen ersetzen kann.
Ein solches Verhalten wird der beste Trost und die stärkste Beruhigung für mich seyn. Auf diese Weise wird mich der Gebrauch meiner Vernunft und die Thätigkeit in der Beobachtung meiner Pflichten nicht in eine übermäßige Traurigkeit und Schwermuth versinken lassen. Und welche reizende Aussicht, o Gott, öffnet mir nicht die Religion und deine Ver- heißung! Es giebt ja noch ein anderes und besseres Leben als dieß gegenwärtige Leben ist. Einst werden sich ja alle gute und tugendhafte Menschen wieder vereinigen. Einst werde auch ich meinen Vater (mei- ne Mutter) wieder sinden; und dann wird keine Trennung und kein Tod unsre Freude unterbrechen. O ich will gut und tugendhaft seyn, um künftig ein- mal mit ihm, (ihr,) der (die) so gut und tugend- haft war, Gemeinschaft haben zu können.
Und hier, am Grabe meines Vaters (meiner Mutter) will ich die Hinfälligkeit und Vergänglich- keit aller irdischen Dinge kennen lernen. So jung ich bin, so bald kann doch auch ich eine Beute des Todes werden; und dieser Zeitpunkt kommt gewiß, so entfernt er auch itzt vielleicht noch seyn mag. Hier, am Grabe meines Vaters (meiner Mutter) will ich den Thorheiten des Stolzes, der Pracht, der Eitel- keit, der Modezerstreuungen entsagen. Hier will ich Dinge verachten und entbehren lernen, die mir nicht in jenes Leben folgen, die ich hier zurücklassen muß, die mir noch überdieß den Abschied von dieser Erde
und
Bey dem Tode des Vaters
einer ſo wichtigen und unentbehrlichen Perſon nur eini- germaßen erſetzen kann.
Ein ſolches Verhalten wird der beſte Troſt und die ſtärkſte Beruhigung für mich ſeyn. Auf dieſe Weiſe wird mich der Gebrauch meiner Vernunft und die Thätigkeit in der Beobachtung meiner Pflichten nicht in eine übermäßige Traurigkeit und Schwermuth verſinken laſſen. Und welche reizende Ausſicht, o Gott, öffnet mir nicht die Religion und deine Ver- heißung! Es giebt ja noch ein anderes und beſſeres Leben als dieß gegenwärtige Leben iſt. Einſt werden ſich ja alle gute und tugendhafte Menſchen wieder vereinigen. Einſt werde auch ich meinen Vater (mei- ne Mutter) wieder ſinden; und dann wird keine Trennung und kein Tod unſre Freude unterbrechen. O ich will gut und tugendhaft ſeyn, um künftig ein- mal mit ihm, (ihr,) der (die) ſo gut und tugend- haft war, Gemeinſchaft haben zu können.
Und hier, am Grabe meines Vaters (meiner Mutter) will ich die Hinfälligkeit und Vergänglich- keit aller irdiſchen Dinge kennen lernen. So jung ich bin, ſo bald kann doch auch ich eine Beute des Todes werden; und dieſer Zeitpunkt kommt gewiß, ſo entfernt er auch itzt vielleicht noch ſeyn mag. Hier, am Grabe meines Vaters (meiner Mutter) will ich den Thorheiten des Stolzes, der Pracht, der Eitel- keit, der Modezerſtreuungen entſagen. Hier will ich Dinge verachten und entbehren lernen, die mir nicht in jenes Leben folgen, die ich hier zurücklaſſen muß, die mir noch überdieß den Abſchied von dieſer Erde
und
<TEI><text><body><divn="2"><p><pbfacs="#f0060"n="48"/><fwplace="top"type="header">Bey dem Tode des Vaters</fw><lb/>
einer ſo wichtigen und unentbehrlichen Perſon nur eini-<lb/>
germaßen erſetzen kann.</p><lb/><p>Ein ſolches Verhalten wird der beſte Troſt und<lb/>
die ſtärkſte Beruhigung für mich ſeyn. Auf dieſe<lb/>
Weiſe wird mich der Gebrauch meiner Vernunft und<lb/>
die Thätigkeit in der Beobachtung meiner Pflichten<lb/>
nicht in eine übermäßige Traurigkeit und Schwermuth<lb/>
verſinken laſſen. Und welche reizende Ausſicht, o<lb/>
Gott, öffnet mir nicht die Religion und deine Ver-<lb/>
heißung! Es giebt ja noch ein anderes und beſſeres<lb/>
Leben als dieß gegenwärtige Leben iſt. Einſt werden<lb/>ſich ja alle gute und tugendhafte Menſchen wieder<lb/>
vereinigen. Einſt werde auch ich meinen Vater (mei-<lb/>
ne Mutter) wieder ſinden; und dann wird keine<lb/>
Trennung und kein Tod unſre Freude unterbrechen.<lb/>
O ich will gut und tugendhaft ſeyn, um künftig ein-<lb/>
mal mit ihm, (ihr,) der (die) ſo gut und tugend-<lb/>
haft war, Gemeinſchaft haben zu können.</p><lb/><p>Und hier, am Grabe meines Vaters (meiner<lb/>
Mutter) will ich die Hinfälligkeit und Vergänglich-<lb/>
keit aller irdiſchen Dinge kennen lernen. So jung<lb/>
ich bin, ſo bald kann doch auch ich eine Beute des<lb/>
Todes werden; und dieſer Zeitpunkt kommt gewiß,<lb/>ſo entfernt er auch itzt vielleicht noch ſeyn mag. Hier,<lb/>
am Grabe meines Vaters (meiner Mutter) will ich<lb/>
den Thorheiten des Stolzes, der Pracht, der Eitel-<lb/>
keit, der Modezerſtreuungen entſagen. Hier will ich<lb/>
Dinge verachten und entbehren lernen, die mir nicht<lb/>
in jenes Leben folgen, die ich hier zurücklaſſen muß,<lb/>
die mir noch überdieß den Abſchied von dieſer Erde<lb/><fwplace="bottom"type="catch">und</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[48/0060]
Bey dem Tode des Vaters
einer ſo wichtigen und unentbehrlichen Perſon nur eini-
germaßen erſetzen kann.
Ein ſolches Verhalten wird der beſte Troſt und
die ſtärkſte Beruhigung für mich ſeyn. Auf dieſe
Weiſe wird mich der Gebrauch meiner Vernunft und
die Thätigkeit in der Beobachtung meiner Pflichten
nicht in eine übermäßige Traurigkeit und Schwermuth
verſinken laſſen. Und welche reizende Ausſicht, o
Gott, öffnet mir nicht die Religion und deine Ver-
heißung! Es giebt ja noch ein anderes und beſſeres
Leben als dieß gegenwärtige Leben iſt. Einſt werden
ſich ja alle gute und tugendhafte Menſchen wieder
vereinigen. Einſt werde auch ich meinen Vater (mei-
ne Mutter) wieder ſinden; und dann wird keine
Trennung und kein Tod unſre Freude unterbrechen.
O ich will gut und tugendhaft ſeyn, um künftig ein-
mal mit ihm, (ihr,) der (die) ſo gut und tugend-
haft war, Gemeinſchaft haben zu können.
Und hier, am Grabe meines Vaters (meiner
Mutter) will ich die Hinfälligkeit und Vergänglich-
keit aller irdiſchen Dinge kennen lernen. So jung
ich bin, ſo bald kann doch auch ich eine Beute des
Todes werden; und dieſer Zeitpunkt kommt gewiß,
ſo entfernt er auch itzt vielleicht noch ſeyn mag. Hier,
am Grabe meines Vaters (meiner Mutter) will ich
den Thorheiten des Stolzes, der Pracht, der Eitel-
keit, der Modezerſtreuungen entſagen. Hier will ich
Dinge verachten und entbehren lernen, die mir nicht
in jenes Leben folgen, die ich hier zurücklaſſen muß,
die mir noch überdieß den Abſchied von dieſer Erde
und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marezoll_andachtsbuch02_1788/60>, abgerufen am 23.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.