danke an dich, an deine Vaterliche und an den Bey- fall, mit welchem du auf mich herabsiehest! Welchen Muth, welche Standhaftigkeit flößt mir nicht der Glaube an deine Vorsehung ein, die nicht nur meine Tage gezählet, sondern auch das Maaß meiner zu er- duldenden Schmerzen bestimmt hat!
Freylich ist die Stunde des Todes eine feyerliche, eine ernsthafte, eine entscheidende Stunde. Vom Geräusche der Welt entfernt, auf dem einsamen Kran- kenlager, denken und urtheilen und wünschen wir ge- meiniglich ganz anders, als wir bey dem Gesühle un- frer Kräfte und im Umgange mit der Welt gedacht und gewünscht und geurtheilt haben. Freylich sehen wir der Zerstörung unsrer Natur nicht gleichgültig und unempfindlich entgegen. Wir bleiben auch im Tode das, was wir im Leben waren, Menschen, schwache, eingeschränkte, furchtsame Geschöpfe. Aber welche Macht hat nicht das Christenthum über unser Herz! Welchen unwiderstehlichen Einfluß hat es nicht auf die Beruhigung seiner wahren Verehrer! Welche herrliche Wirkungen hat es nicht schon im Leben und Sterben bey denjenigen hervorgebracht, die von seinem Geiste und Sinne belebt waren! Wie oft hat es die Schwa- chen gestärkt, die Muthlosen aufgerichtet, die Ver- zagten und Bekümmerten getröstet! Wie vermindern sich da die Schrecken des Todes, wo Liebe zu dir und Vertrauen auf dich, wo ein gutes Gewissen und der feste Glaube an eine selige Unsterblichkeit im Herzen wohnen und ihre Kraft äussern!
Ja,
Z 4
Die ſchwache und kränkliche Matrone.
danke an dich, an deine Vaterliche und an den Bey- fall, mit welchem du auf mich herabſieheſt! Welchen Muth, welche Standhaftigkeit flößt mir nicht der Glaube an deine Vorſehung ein, die nicht nur meine Tage gezählet, ſondern auch das Maaß meiner zu er- duldenden Schmerzen beſtimmt hat!
Freylich iſt die Stunde des Todes eine feyerliche, eine ernſthafte, eine entſcheidende Stunde. Vom Geräuſche der Welt entfernt, auf dem einſamen Kran- kenlager, denken und urtheilen und wünſchen wir ge- meiniglich ganz anders, als wir bey dem Geſühle un- frer Kräfte und im Umgange mit der Welt gedacht und gewünſcht und geurtheilt haben. Freylich ſehen wir der Zerſtörung unſrer Natur nicht gleichgültig und unempfindlich entgegen. Wir bleiben auch im Tode das, was wir im Leben waren, Menſchen, ſchwache, eingeſchränkte, furchtſame Geſchöpfe. Aber welche Macht hat nicht das Chriſtenthum über unſer Herz! Welchen unwiderſtehlichen Einfluß hat es nicht auf die Beruhigung ſeiner wahren Verehrer! Welche herrliche Wirkungen hat es nicht ſchon im Leben und Sterben bey denjenigen hervorgebracht, die von ſeinem Geiſte und Sinne belebt waren! Wie oft hat es die Schwa- chen geſtärkt, die Muthloſen aufgerichtet, die Ver- zagten und Bekümmerten getröſtet! Wie vermindern ſich da die Schrecken des Todes, wo Liebe zu dir und Vertrauen auf dich, wo ein gutes Gewiſſen und der feſte Glaube an eine ſelige Unſterblichkeit im Herzen wohnen und ihre Kraft äuſſern!
Ja,
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Die ſchwache und kränkliche Matrone.
danke an dich, an deine Vaterliche und an den Bey-
fall, mit welchem du auf mich herabſieheſt! Welchen
Muth, welche Standhaftigkeit flößt mir nicht der
Glaube an deine Vorſehung ein, die nicht nur meine
Tage gezählet, ſondern auch das Maaß meiner zu er-
duldenden Schmerzen beſtimmt hat!
Freylich iſt die Stunde des Todes eine feyerliche,
eine ernſthafte, eine entſcheidende Stunde. Vom
Geräuſche der Welt entfernt, auf dem einſamen Kran-
kenlager, denken und urtheilen und wünſchen wir ge-
meiniglich ganz anders, als wir bey dem Geſühle un-
frer Kräfte und im Umgange mit der Welt gedacht
und gewünſcht und geurtheilt haben. Freylich ſehen
wir der Zerſtörung unſrer Natur nicht gleichgültig und
unempfindlich entgegen. Wir bleiben auch im Tode
das, was wir im Leben waren, Menſchen, ſchwache,
eingeſchränkte, furchtſame Geſchöpfe. Aber welche
Macht hat nicht das Chriſtenthum über unſer Herz!
Welchen unwiderſtehlichen Einfluß hat es nicht auf die
Beruhigung ſeiner wahren Verehrer! Welche herrliche
Wirkungen hat es nicht ſchon im Leben und Sterben
bey denjenigen hervorgebracht, die von ſeinem Geiſte
und Sinne belebt waren! Wie oft hat es die Schwa-
chen geſtärkt, die Muthloſen aufgerichtet, die Ver-
zagten und Bekümmerten getröſtet! Wie vermindern
ſich da die Schrecken des Todes, wo Liebe zu dir und
Vertrauen auf dich, wo ein gutes Gewiſſen und der
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wohnen und ihre Kraft äuſſern!
Ja,
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Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marezoll_andachtsbuch02_1788/371>, abgerufen am 24.06.2024.
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