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Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788.

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Die schwache und kränkliche Matrone.

Ja, komme wenn du willst, Stunde des Todes,
du, die feyerlichste, die seligste, die entscheidendste mei-
nes Lebens; komme wenn du willst, du kömmst mir
nie zu früh, nie unerwartet. Dir sehe ich jeden Mor-
gen, dir sehe ich jeden Abend entgegen. Schlage mir
morgen, schlage mir heute, du sollst mich nicht unbe-
reitet finden. -- -- Und du, mächtige, gött-
liche Religion, du, meine Freundin und Führerin
auf dem Wege zur Ewigkeit, reiche mir deine Hand
am Abende meines Lebens, reiche sie mir im Kampfe
des Todes. Verlaß mich nicht, wenn mich alle mensch-
liche Hülfe verläßt. Lehre mich dulden, hoffen, ster-
ben. Amen.



VI.
Trostgründe und Aussichten derselben.


Täglich, o Gott, komme ich dem Ziele meiner
Bestimmung näher, täglich werde ich zum Grabe
und zur Ewigkeit reifer. Wie wenig Reiz haben nun
die meisten sinnlichen Freuden für mich! Wie wenig
rühren mich nun irrdische Güter und Vorzüge! Jtzt
bin ich lieber mit dem Zukünftigen, als mit der Ge-
genwart, lieber mit dem, was ich künftig seyn und
thun und genießen soll, als was ich itzt bin und thue
und genieße, beschäfftiget. Ja, die Aussichten, die

sich
Die ſchwache und kränkliche Matrone.

Ja, komme wenn du willſt, Stunde des Todes,
du, die feyerlichſte, die ſeligſte, die entſcheidendſte mei-
nes Lebens; komme wenn du willſt, du kömmſt mir
nie zu früh, nie unerwartet. Dir ſehe ich jeden Mor-
gen, dir ſehe ich jeden Abend entgegen. Schlage mir
morgen, ſchlage mir heute, du ſollſt mich nicht unbe-
reitet finden. — — Und du, mächtige, gött-
liche Religion, du, meine Freundin und Führerin
auf dem Wege zur Ewigkeit, reiche mir deine Hand
am Abende meines Lebens, reiche ſie mir im Kampfe
des Todes. Verlaß mich nicht, wenn mich alle menſch-
liche Hülfe verläßt. Lehre mich dulden, hoffen, ſter-
ben. Amen.



VI.
Troſtgründe und Ausſichten derſelben.


Täglich, o Gott, komme ich dem Ziele meiner
Beſtimmung näher, täglich werde ich zum Grabe
und zur Ewigkeit reifer. Wie wenig Reiz haben nun
die meiſten ſinnlichen Freuden für mich! Wie wenig
rühren mich nun irrdiſche Güter und Vorzüge! Jtzt
bin ich lieber mit dem Zukünftigen, als mit der Ge-
genwart, lieber mit dem, was ich künftig ſeyn und
thun und genießen ſoll, als was ich itzt bin und thue
und genieße, beſchäfftiget. Ja, die Ausſichten, die

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[360/0372] Die ſchwache und kränkliche Matrone. Ja, komme wenn du willſt, Stunde des Todes, du, die feyerlichſte, die ſeligſte, die entſcheidendſte mei- nes Lebens; komme wenn du willſt, du kömmſt mir nie zu früh, nie unerwartet. Dir ſehe ich jeden Mor- gen, dir ſehe ich jeden Abend entgegen. Schlage mir morgen, ſchlage mir heute, du ſollſt mich nicht unbe- reitet finden. — — Und du, mächtige, gött- liche Religion, du, meine Freundin und Führerin auf dem Wege zur Ewigkeit, reiche mir deine Hand am Abende meines Lebens, reiche ſie mir im Kampfe des Todes. Verlaß mich nicht, wenn mich alle menſch- liche Hülfe verläßt. Lehre mich dulden, hoffen, ſter- ben. Amen. VI. Troſtgründe und Ausſichten derſelben. Täglich, o Gott, komme ich dem Ziele meiner Beſtimmung näher, täglich werde ich zum Grabe und zur Ewigkeit reifer. Wie wenig Reiz haben nun die meiſten ſinnlichen Freuden für mich! Wie wenig rühren mich nun irrdiſche Güter und Vorzüge! Jtzt bin ich lieber mit dem Zukünftigen, als mit der Ge- genwart, lieber mit dem, was ich künftig ſeyn und thun und genießen ſoll, als was ich itzt bin und thue und genieße, beſchäfftiget. Ja, die Ausſichten, die ſich

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Zitationshilfe: Marezoll, Johann Gottlob: Andachtsbuch für das weibliche Geschlecht vorzüglich für den aufgeklärten Theil desselben. Bd. 2. Leipzig, 1788, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marezoll_andachtsbuch02_1788/372>, abgerufen am 24.06.2024.